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Was die Steine nicht verraten

Evolution. - Die Pflanzen haben sich offenbar sehr viel früher an Land ausgebreitet, als es aus der fossilen Überlieferung hervorgeht. Eine Studie von Genetikern der Pennsylvania State University hat mit Hilfe der "molekularen Uhr" herausgefunden, dass sich die großen Gruppen der Landpflanzen bereits mindestens vor 700 Millionen Jahren aufgetrennt haben. Der "Landgang" könnte sich danach bereits vor 1 oder 1,2 Milliarden Jahren abgespielt haben. Die Studie erscheint in der heutigen Ausgabe von "Science".

    Die frühesten Fossilien von Landpflanzen sind rund 480 Millionen Jahre alt. Entsprechend geht die Paläontologie davon aus, dass die Kontinente vor dieser Zeit öd und leer waren, weder Moose oder Flechten, noch Gefäßpflanzen wie Bäume oder Schachtelhalme habe es gegeben. Eine Arbeitsgruppe um den Molekularbiologen Blair Hedges hat jetzt versucht, die letzten gemeinsamen Vorfahren von Pilzen, Pflanzen und Tieren , von verschiedenen Pilzklassen und auch von den beiden großen Gruppen der Landpflanzen, den Moosen und den Gefäßpflanzen, herauszufinden. Sie benutzen dafür eine so genannte molekulare Uhr, in diesem Fall die Aminosäuresequenzen bestimmter Proteine. Von ihnen und auch von zahlreichen DNA-Abschnitten wird angenommen, dass sie sich in einem festen Rhythmus verändern. Aus der Zahl der Unterschiede in den Genen zweier verschiedener Organismen, so die Vorstellung, kann man so auf den Zeitpunkt der Trennung schließen.

    Hedges fand in den Proteinen Hinweise auf eine viel frühere Besiedlung des Landes: "Viele Linien der Pilze, Moose und Lebermoose haben sich sehr früh, vor 1 bis 1,2 Milliarden Jahren, von den Algen getrennt. Damit könnte der Ursprung der Landpflanzen also viel früher gewesen sein, als die Überlieferung uns das nahelegt." Moose und die Ahnen von Bäumen, Gräser, Blumen hätten sich nach Hedges' Ergebnissen spätestens vor 700 Millionen Jahren voneinander getrennt. Damit wären sie früh genug entstanden, um bei einer Serie starker Vergletscherungen eine Rolle zu spielen, die die Erde in der Zeit vor 700 bis 550 Millionen Jahren trafen. Denn Landpflanzen fischen das Treibhausgas Kohlendioxid aus der Atmosphäre und binden es. Dadurch kühlte sich die Luftschicht um die Erde ab, Eiszeiten waren die Folge. Bislang werden für diese Ereignisse geologische Ursachen, etwa die Position der Kontinente in Äquatorhöhe, angeführt.

    [Quelle: Dagmar Röhrlich]