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„Was drauf steht, muss auch drin sein“

Der Verbraucher kann inzwischen sicher sein: dort, wo "bio" drauf steht, ist auch "bio" drin. Auch bei den konventionell erzeugten Lebensmitteln gibt es umfangreiche Kennzeichnungsregeln und -pflichten. Aber - so jedenfalls die Ansicht des Bundesverbandes der deutschen Verbraucherzentralen, kurz vzbv: noch zu oft werde der Kunde bislang in die Irre geführt. Und das müsse sich ändern. Wie man den Weg für eine neue Lebensmittelkennzeichnung beschreiten will und vor allem, was den Verbraucherverbänden an der derzeitigen Praxis nicht gefällt, dazu äußerte sich der vzbv heute Vormittag in Berlin.

von:Gudrun Sailer | 05.11.2002
    Der Verbraucher kann inzwischen sicher sein: dort, wo "bio" drauf steht, ist auch "bio" drin. Auch bei den konventionell erzeugten Lebensmitteln gibt es umfangreiche Kennzeichnungsregeln und -pflichten. Aber - so jedenfalls die Ansicht des Bundesverbandes der deutschen Verbraucherzentralen, kurz vzbv: noch zu oft werde der Kunde bislang in die Irre geführt. Und das müsse sich ändern. Wie man den Weg für eine neue Lebensmittelkennzeichnung beschreiten will und vor allem, was den Verbraucherverbänden an der derzeitigen Praxis nicht gefällt, dazu äußerte sich der vzbv heute Vormittag in Berlin.

    Mit dem Ei fing es an. Wer heute einen Sechser-Karton kauft, sieht darauf, wie die Henne gehalten wurde. Das anzugeben, ist für den Hersteller Pflicht. Edda Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband, kann sich in Zukunft sogar das Wort "Käfigei" auf dem Karton vorstellen. Denn, sagt sie: Was drin ist, muss drauf stehen. Und das soll in Zukunft nicht nur für Eier bzw. Hennen gelten, so die Ernährungsreferentin des vzbv, Angelika Michel-Drees:

    Wir wollen angegeben haben die Haltungsformen bei Tieren, sei es bei Legehennen, Kälbern oder Schweinen. Das kann zum einen auf der Packung angegeben werden etwa durch ein Symbol, darüber hinaus soll der Verbraucher auch die Möglichkeit haben, mittels einer Telefonnummer, die angegeben wird, sich weitere Informationen zu erfragen.

    Abgebildete Obstgärten auf Joghurtbechern, die bloß eineinhalb Kirschen und dafür viel Aroma enthalten, oder Geflügelwurst, die auch ungenanntes Schweinernes enthält, sollen möglichst bald der Vergangenheit angehören, fordert der vzbv. Das sei klassischer Etikettenschwindel. Aber auch sonst bietet ein Streifzug durch die Supermarktregale manchen Anlass für Ärger:

    Dass z.B. die Zutatenliste in viel zu kleiner Schrift ist, das Mindesthaltbarkeitsdatum oft überklebt ist, das sind aber wichtige Informationen, die der Verbraucher braucht. Zusätzlich findet er oft flockige Werbesprüche, die sind aber nicht notwendig, sie gehen zu Lasten wichtiger Kennzeichnungselemente.

    Das Etikett der Zukunft soll außerdem mögliche allergieauslösende Stoffe ausweisen. In Deutschland leiden allein acht Prozent der Kinder an Allergien. Lebensmittel, die mit Gentechnik in Kontakt gekommen sind, sollen ebenfalls entsprechend deklariert werden. Ob all diese Angaben auf einem einzigen Etikett den Verbraucher nicht wieder überfordern? Nicht notwendigerweise, sagt Angelika Michel-Drees:

    Das wollen wir dadurch verhindern, dass wir nicht ein Mehr an Information fordern, keine quantitative Zunahme an Elementen, sondern eine qualitative. Informationen z.B zur Herkunft werden in Zukunft einfach wichtiger sein.

    Die Kampagne, die der vzbv nun startet, ist zum einen eine Art Wunschliste an Verbraucherschutzministerin Renate Künast. Zum anderen sollen die klareren Kennzeichnungen die Verbraucher in die Lage versetzen, sich für oder gegen ein bestimmtes Lebensmittel zu entscheiden. Bis die Etiketten in deutschen Supermärkten aber tatsächlich all das ausweisen, was den Verbraucherverbänden vorschwebt, könnte noch etwas Zeit ins Land gehen. Vorerst nämlich ist Brüssel am Zug:

    In der EU wird derzeit die Etiketten-Richtlinie diskutiert, die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen, erst danach erfolgt die Umsetzung in nationales Recht. Vom Etikett her wird das mindestens noch ein Jahr, wenn nicht noch länger dauern.