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Putin, Xi und Orban in Peking
Was es mit Chinas Seidenstraßen-Gipfel auf sich hat

In Peking treffen sich mehr als 4.000 Delegierte aus 130 Ländern zum zweitägigen Seidenstraßen-Gipfel. Auf der Agenda stehen Wirtschaftsinvestitionen unter dem Dach von Chinas geopolitischem Großprojekt. Aber es geht auch um bilaterale Treffen. Bemerkenswert ist unter anderem ein Gespräch von Russlands Präsident Putin und Ungarns Ministerpräsident Orban.

    Russlands Präsident Putin und Chinas Staatspräsident Xi Jinping
    Russlands Präsident Wladimir ist nach Peking zum "Seidenstraßen"-Gipfel gereist, obwohl es einen internationalen Haftbefehl gegen ihn gibt. (IMAGO / ITAR-TASS / IMAGO / Sergei Savostyanov)
    Es geht um eine gigantische Handelsroute von China, über Asien, Afrika und Russland nach Europa. Am ersten Tag des internationalen Forums zum mittlerweile seit zehn Jahren laufenden Investitionsprojekt "Neue Seidenstraße" hat China zahlreiche Staatsgäste empfangen. Es ist das erste Treffen in diesem Format seit 2019, nachdem China im Rahmen seiner strikten Null-Covid-Politik jahrelang größere diplomatische Zusammenkünfte vermieden hatte.
    Besonders im Fokus steht das russische Staatsoberhaupt Putin. Es ist seine erste Auslandsreise außerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) seit dem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs. China ist diesem nie beigetreten und hat sich somit auch nicht dazu verpflichtet, derartige Haftbefehle zu vollstrecken.

    "Prestigegewinn für Putin"

    Nachdem er kürzlich den international weitgehend isolierten nordkoreanischen Herrscher Kim Jong Un empfing, bedeutet der Gipfel für Putin wieder eine größere internationale Bühne. Deutschlandfunk-Korrespondent Florian Kellermann bewertet die Reise daher als "Prestigegewinn" für Putin. China hat Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine bislang indirekt Rückendeckung gegeben, indem es eine Verurteilung vermieden hat. Der Handel zwischen beiden Ländern hat seitdem ein Rekordniveau erreicht.
    Vor wenigen Tagen strahlte der chinesische Staatssender CCTV ein Interview mit Putin aus, der darin lobte, dass China sich für gemeinsame internationale Ziele einsetze. China begreife, was in der Welt wichtig sei, sagte Putin.

    Orban als einziger EU-Regierungschef vor Ort

    An der Neuen Seidenstraße sind Länder auf allen Kontinenten beteiligt, auch in Europa. Als einziger Regierungschef eines EU-Landes ist der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban nach Peking gereist. Putin sagte nach einem Treffen am Rande des Gipfels, es sei "zufriedenstellend", dass Russland weiterhin Beziehungen zu "vielen europäischen Ländern" unterhalte - "eines dieser Länder ist Ungarn".
    Orban schrieb nach dem Treffen mit Putin auf Facebook, es sei ein schwieriges Treffen gewesen. Jeder Europäer stelle sich die Frage, ob es in der Ukraine eine Waffenruhe geben werde. Der ungarischen Regierung gehe es vor allem darum, eine Massenflucht zu verhindern und die Sanktionen gegen Moskau sowie "die Kämpfe in unserem Nachbarland" zu beenden. Inhaltliche Details des Gesprächs nannte er nicht.
    Chinas Präsident Xi Jinping sagte gegenüber Orban: "Wir betrachten Sie als Freund". Nach chinesischen Angaben dankte Orban für Pekings Unterstützung beim Bau der etwa 350 Kilometer langen Eisenbahnverbindung zwischen Budapest und Belgrad - ein Seidenstraßen-Projekt Chinas und Ungarns.

    China und Serbien unterzeichnen Freihandelsabkommen

    China und Serbien vereinbarten beim Gipfel in Peking ein Freihandelsabkommen. Der Vertrag wurde von den Präsidenten Chinas und Serbiens, Xi und Vucic, unterzeichnet. Xi sagte, beide Staaten wollten die Zusammenarbeit in Schlüsselbereichen wie dem Infrastrukturausbau, der Digitalisierung und der technologischen Innovation ausbauen. Vucic sagte, das Abkommen werde neue Perspektiven für die Beziehungen eröffnen.

    Seidenstraße in Schwierigkeiten

    Abgesehen von Kooperationen mit Ungarn und Serbien sieht sich China mit seiner "Neuen Seidenstraße" in Europa mit wachsenden Schwierigkeiten konfrontiert. Aus Sorge vor Einflussnahme und Spionage, aber auch einer möglichen militärischen Konfrontation zwischen China und Taiwan wollen zahlreiche Staaten sowie die EU insgesamt den wirtschaftlichen Einfluss Chinas auf ihre Märkte reduzieren. Italien erwägt sogar, aus dem Seidenstraßen-Projekt ganz auszusteigen. Deutschland ist an der Initiative nicht beteiligt. Dennoch spielt es für Chinas Logistik-Masterplan eine Rolle: So endet eine innerhalb der Neuen Seidenstraße ausgewiesene transkontinentale Güterzugverbindung in Duisburg, wo Container schließlich auf Rheinschiffe verladen und zum Nordseehafen Rotterdam gebracht werden.
    An der Neuen Seidenstraße gibt es seit Längerem auch Kritik: Viele Staaten haben sich im Zusammenhang mit Infrastrukturprojekten gegenüber China hoch verschuldet. Die chinesische staatliche Nachrichtenagentur Xinhua kommentierte vor Beginn des Gipfels, die "Schwarzseher" im Westen würden versuchen, die Initiative mit Behauptungen über eine "Schuldenfalle" schlechtreden.
    Im Westen vermuten Beobachter hingegen, dass das Projekt in Schwierigkeiten steckt, weil die chinesische Wirtschaft schwächelt und China somit weniger neue Kredite vergeben kann und auf die Rückzahlung älterer Kredite dringend angewiesen ist. Laut offiziellen Angaben aus Peking investierte China in den vergangenen zehn Jahren fast eine Billion Dollar weltweit in Seidenstraßen-Projekte.
    Diese Nachricht wurde am 17.10.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.