Die WHO hat in ihren letzten Weltgesundheitsberichten festgestellt, dass etwa 70 Prozent aller Todesursachen weltweit auf nicht übertragbare Krankheiten, besonders auf Kreislaufkrankheiten zurückzuführen sind.
Das muss sich ändern und deswegen erarbeitet die WHO gerade ein Strategiepapier, das im Mai von den 192 Mitgliedsstaaten unterzeichnet werden soll. Es geht um bessere Ernährung, um nachhaltige Ernährung. Ulrike Eberle vom Öko-Institut in Freiburg gibt ihre Definition:
Nachhaltige Ernährung bedeutet für uns, dass sie bedarfsgerecht sein muss, dass sie sozial differenziert gestaltet sein sollte. Selbstverständlich gesundheitsfördernd und risikoarm und vor allem aber auch alltagsadäquat. Darüber hinaus muss eine nachhaltige Ernährung auch umweltverträglich sein, insbesondere auch die biologische Vielfalt fördern.
Um das zu erreichen, soll es hierzulande eine Ernährungswende geben. So auch der Titel eines dreijährigen Forschungsprojektes, an dem das Öko-Institut seit zwei Jahren arbeitet. Ernährungswende, das heisst auch eine Wende in der Landwirtschaft. Denn die Industrialisierung des Agrarbereichs stößt an ihre Grenzen. Zwar ernährt heute in Deutschland ein Landwirt weit über 100 Menschen – vor 50 Jahren waren es nur 10 -, doch die enorme Ertragssteigerung in den westlichen Ländern wurde zu lasten der Umwelt erreicht:
Wenn man an die USA, an den Corn-belt denkt, dann sind dort immense Flächen erodiert, durch Wind abgetragen worden, fruchtbarer Boden verloren gegangen. Dann ist natürlich auch Wasser ein Hauptproblem gerade der industrialisierten Landwirtschaft in bestimmten Regionen, die Versalzung von Böden. Ich denke, da könnte man beliebig weiter aufzählen, natürlich auch der enorme Pestizideinsatz und nicht zuletzt ist natürlich auch die Entwicklung mit der Gentechnologie kritisch zu bewerten aus ökologischer Sicht.
Doch nicht nur die Umwelt leidet, auch für den Verbraucher birgt die industrialisierte Landwirtschaft Risiken:
Beispielsweise, wenn Sie an BSE denken oder Pestizideinsatz oder Medikamente, also Antibiotika in der Tierzucht, sind das Risiken, die aus gesellschaftlicher Sicht sehr hoch zu bewerten sind, weil das Schadensausmaß recht hoch ist.
Was also ist zu tun? Die grüne Gentechnik galt auf der Tagung in Loccum nicht als Alternative, weil ihre Risiken nicht erforscht sind, sie die Abhängigkeit der Landwirte von den Saatgutherstellern forciert und die biologische Vielfalt weiter verringert. Stattdessen soll der ökologische Landbau aus seiner Nische herauskommen und gleichzeitig Hightech dafür sorgen, dass weniger Dünger und Pestizide benötigt werden. Rainer Friedel von der Agro-Öko-Consult in Berlin:
Ich sehe beide Wege, ich sehe den ökologischen Weg und ich sehe den Weg der Hightech-Landwirtschaft und ich denke, dass sie beide geeignet sind nebeneinander über eine sehr sehr lange Zeit zu existieren.
Ein solcher umweltverträglicher Anbau ist aber nur der erste Schritt in einer langen Kette, die als Ganzes nachhaltige Ernährung garantiert:
Dann geht’s in den nächsten Schritten darum, dass auch die Verarbeitung so erfolgt, dass also Lebensmittel nicht hunderte Kilometer gefahren werden. Das ist also ein Schritt, der nicht mehr bei der Landwirtschaft liegt, die regionalwirtschaftlichen Kreisläufe zu schließen. Dann ist der nächste Punkt nachhaltig die Lebensmittel selbst zu verarbeiten. Das geht weit über die Landwirtschaft hinaus, ist aber Bestandteil der Gesamtkette nachhaltiges Lebensmittel.
Ein umfassendes Gesamtkonzept ist also nötig, das die Bereiche Gesundheit, Landwirtschaft, Bildung und Transport gemeinsam berücksichtigt. Das forderte auf der Tagung in Loccum neben dem Öko-Institut auch die Weltgesundheitsorganisation. Eine große Aufgabe für die Politik in den nächsten Jahren.