"All diese Bedingungen können wir hervorragend erfüllen. Ganz im Gegenteil: Sogar die Anforderungen werden von uns überboten. Alleine an einem Beispiel: Die Stallklimatisierung erfolgt computergesteuert. Das heiß auch ohne dass jemand ständig da nachguckt, wird bei uns die Stallluft entsprechend gehalten, dass sich die Tiere wohlfühlen. Und: Sie haben es ja gerade gesehen: Die Tiere sind sehr gut im Erscheinungsbild, sie haben ein glänzendes Fell. Das ist immer ein Zeichen dafür, dass sich das Tier sehr wohl fühlt, dass es optimal ernährt ist und dementsprechend kann man sagen, dass es hier sehr gute Haltungsbedingungen hat."
Die Tiere stehen ausschließlich im Stall, viele bei künstlichem Licht. In ihrem kurzen Leben bis zur Mastreife von 600 Kilo haben diese Rinder also niemals Gras auf der Weide gesehen. Artgerecht? Dazu meint Helmut Schulze:
"Die Tiere kennen das nicht anders. Außerdem kann man keine Jungbullen auf der Weide halten, die Verletzungsgefahr für die Bevölkerung wäre viel zu groß."
Ist Kleinwanzleben eine Agrarfabrik, eine industrielle Mastanlage? Das wehrt Gesellschafter Wolfgang Nehrig ab:
"Unser Ziel ist es nicht, das Tier in kürzester Zeit zum Endgewicht zu führen. Wir sind nicht bestrebt, eine maximale Zunahme pro Tag zu erreichen. Unser Ziel ist es, eine ausgewogene Zunahme, die etwa um 1000 Gramm am Tag besteht, zu erreichen. Wenn man das liest in der Literatur, das sind keine Spitzenwerte."
Wolfgang Nehring, Helmut Schulze und die anderen 14 Gesellschafter sind keine "Agrar-Großindustriellen". Es sind Landwirte aus der Magdeburger Börde, die das ehemals volkseigene Gut nach der Einheit von der Treuhand kauften. Auf ihren Äckern wächst der größte Teil des Futters, das in der Mast eingesetzt wird, auf ihren Äckern werden die jährlich 130.000 m3 Gülle ausgebracht, die zuvor in einer Biogasanlage bakteriell behandelt und energetisch ausgebeutet wird. Als Deutschlands größte Biogasanlage im April in Kleinwanzleben eingeweiht wurde, reiste die hohe Politik an, um zu gratulieren. Agrarfabriken waren damals noch kein Thema, und Bundeslandwirtschaftsminister Funke sagte:
"Man kann nicht an der Anzahl der Tiere bewerten, ob etwas gut oder schlecht ist. Sondern die Haltungsform ist entscheidend, das muss gewährleistet sein. Mit anderen Worten: Man kann auch 20 Bullen artungerecht, nicht tiergerecht halten. Ich kann aber eine sehr viel größere Anzahl sehr wohl artgerecht, tiergerecht, halten. "
Der riesige, hoch effektive Rindermastbetrieb, der die Tiere nie aus dem Stall läßt, der aber einen geschlossenen regionalen Kreislauf von Futter, Fleisch und Gülle herstellt, der genauestens überwacht und als innovativer Betrieb politisch hoch gelobt wird, ist das die Sorte von Unternehmen, die der Kanzler abschaffen will? Was ein Agrarfabrik ist, bleibt im Unklaren, und es steht zu vermuten, dass das politisch durchaus beabsichtigt ist.