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Was kostet der Wald?

Um die kommunalen Wälder steht es schlecht. Das befürchten zumindest die Kommunalen Spitzenverbände. Bei der gestrigen Tagung ihres so genannten "Gemeinsamen Forstausschusses" auf Schloss Waldeck am nordhessischen Edersee schlugen die Forstexperten Alarm: Weil die öffentlichen Kassen leer sind, werden manche Gemeinden sich bald keinen kommunalen Wald mehr leisten können, befürchten die Verbandsvertreter.

von Claudia Stiel |
    Drehkreuze auf Spazierwegen, Kassenhäuschen an den Waldrändern oder die Erhebung einer speziellen Abgabe für den Wald – Szenarien, die vielleicht irgendwann einmal Realität werden könnten. Denn: Kostenlosen Naturschutz und Erholung der Bürger in kommunalen Wäldern kann es in Zukunft nicht mehr geben, weil das Geld dafür fehlt. Zumindest bei den Kommunalen Spitzenverbänden ist man davon überzeugt. Für Gerd Landsberg vom Deutschen Städte- und Gemeindebund liegt eine der Ursachen für die Finanzprobleme im Umweltschutz:

    Es ist richtig, dass die Naturschutzanforderungen an den Wald stetig gestiegen sind, wir haben ja die lange Waldsterbensdiskussion gehabt, eine Forderung ist immer gewesen, die reinen Fichtenbestände umzubauen in Laubholzwälder oder Mischwälder. Das kann man alles machen, aber das kostet richtig viel Geld. Das ist der eine Aspekt. Der zweite Aspekt ist, dass die rechtlichen Anforderungen- etwa die so genannten Vogelschutzgebiete - die Kommunen erheblich beeinträchtigen, sie können eben mit ihrem Wald nicht mehr das tun, was sie für richtig halten wie früher. Ein dritter Aspekt ist, dass auch die Länder in den Landesforstgesetzen die Anforderungen stetig nach oben geschraubt haben. Das kann man alles richtig finden, aber man muss dann auch sagen, das kostet was und dann muss man die nächste Frage stellen, wer es bezahlt.

    Neben dem Naturschutz haben die Gemeinden, denen fast 2,2 Millionen Hektar der deutschen Waldflächen gehören, noch andere Sorgen: Sie kämpfen gegen einen dramatischen Preisverfall am Holzmarkt. So haben die Kommunen beim Absatz ihres Holzes vor allem gegenüber Billig-Holz-Importen aus Skandinavien und aus Osteuropa das Nachsehen. Und das macht sich in den Gemeindekassen bemerkbar, denn 95 Prozent der Einkünfte aus der Forstwirtschaft stammen aus dem Holzverkauf. Pro Hektar Holzbodenfläche erzielten die kommunalen Forstbetriebe zum Beispiel im Jahr 2000 im Schnitt nur einen negativen Reinertrag von Zwei Euro. Ausgeben mussten die Gemeinden aber rund 44 Euro je Jahr und Hektar Wald. Um aus den roten Zahlen zu kommen, wollen die Spitzenverbände Geld zum Ausgleich für die Leistungen der Kommunen - von den Ländern, vom Bund und aus Fördertöpfen der EU. Und sie wollen, dass private und kommunale Wälder bei der Subventionierung gleichbehandelt werden. Denn derzeit werden private Wälder noch stärker mit staatlichen Hilfen für die Aufforstung oder das Umwandeln von Monokulturen in Mischkulturen unterstützt als kommunale, kritisieren die Forstexperten. Die Kommunen fordern aber nicht nur von der Politik mehr Unterstützung. Auch die Bürger sollen Umdenken:

    Die Bürger haben sich da dran gewöhnt, empfinden den Wald als etwas Positives, aber man wird sicherlich auch sagen müssen, wenn die Kommunen wie auch andere Waldbesitzer solche Leistungen erbringen, dann muss das aus Steuergeldern eben auch subventioniert werden, man kann nicht den Bürgern immer wieder die Illusion vermitteln, was ja im Wahlkampf üblich ist, Ihr zahlt immer weniger Steuern und bekommt immer mehr Leistung, immer bessere Natur, bessere Schulen, bessere Politik, bessere Polizei und auch bessere Wälder, das geht nicht zum Nulltarif und ich denke, es ist unsere Aufgabe, dieses deutlich zu machen.

    Die Bürger am Schutz des Waldes zu beteiligen, ist für die Forstexperten nur konsequent. Denn ihrer Meinung nach, tragen auch die Menschen mit ihren Ansprüchen an den Wald als Erholungs- und Freizeitpark zu den Problemen bei. Statistisch gesehen tummeln sich in Großstadtnähe immerhin bis zu 1.000 Menschen pro Jahr und Hektar in den Wäldern. Und die freuen sich über Wanderwege, Bänke und Wildgehege. Bei manchen europäischen Nachbarn ist die Beteiligung der Bürger an den Kosten für die kommunalen Wälder deshalb längst selbstverständlich. Forstexpertin Ute Kreienmeier:

    Die Niederlande, auch wieder über die Grenze hinweg, zeigen uns, dass so etwas möglich ist. Die Bürgerschaft weiß diese Leistungen zu honorieren, weiß den Wert der Natur zu schätzen und zahlen dann auch entsprechend freiwillig am Waldrand am Kassenhäuschen ihren Obolus, um in diese wunderschönen Waldgebiete zu kommen. Und ich denke, was nichts kostet, ist auch nichts wert und so ein Weg könnte auch dazu beitragen, dass die Bevölkerung sensibilisiert wird, einfach für dieses Naturgut Wald.