Donnerstag, 25. April 2024

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Kompromiss in der Ampelkoalition
Was man zu den neuen Regeln für Heizungen wissen sollte

In der Diskussion über das Verbot für den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen hat die Ampel-Koalition einen Kompromiss gefunden: Im Kern bleibt es dabei, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Es soll aber Ausnahmen und Übergangsfristen geben. Wir fassen zusammen, was man zum geplanten Gebäudeenergiegesetz wissen sollte.

03.04.2023
    Der Regler einer Heizung in einem Haushalt.
    Wie wird ab 2024 geheizt? Die Ampel-Koalition hat einen Kompromiss für das geplante Einbauverbot neuer Öl- und Gasheizungen gefunden. (picture alliance | Frank Rumpenhorst)
    Nach Angaben aus Regierungskreisen haben sich Bundeskanzler Scholz (SPD), Wirtschafts- und Klimaminister Habeck (Grüne), Bundesfinanzminister Lindner (FDP) und Bundesbauministerin Geywitz (SPD) auf konkrete Maßnahmen und Details zu dem geplanten Gesetz geeinigt. Der Entwurf, der von allen drei Parteien getragen werde, solle zeitnah in die Länder- und Verbändeanhörung und anschließend ins Kabinett gehen, hieß es.

    Müssen alle alten Gas- und Ölheizungen ausgetauscht werden?

    Nein. Die bereits existierenden Regelungen für alte Heizungsanlagen - ein Austausch nach 30 Jahren mit zahlreichen Ausnahmen je nach Technik - sollen im Grundsatz bestehen bleiben. Gehen bestehende Öl- oder Gasheizungen nach dem 1. Januar 2024 irreparabel kaputt, muss die neue 65-Prozent-Vorgabe nicht sofort erfüllt werden. Stattdessen darf kurzfristig wieder ein Öl- oder Gaskessel eingebaut werden, um beispielsweise bei einem Ausfall im Winter nicht wochenlang frieren zu müssen. Hintergrund sind die langen Lieferzeiten beispielsweise für Wärmepumpen. Die Anlage muss dann aber später um moderne Technik ergänzt werden, um die 65-Prozent-Vorgabe zu erfüllen. Dafür gibt es Übergangsfristen von bis zu zehn Jahren.

    Gibt es Ausnahmen bei der 65-Prozent-Vorgabe?

    Ja. Hausbesitzerinnen und -besitzer, die älter als 80 sind und eine neue Heizung einbauen lassen, müssen die Vorgabe zum Anteil erneuerbarer Energien nicht erfüllen. Erst wenn ihr Haus vererbt oder verkauft wird, greift das neue Recht - mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren.
    Eine Härtefallausnahme soll zudem die Wirtschaftlichkeit sein, wenn Gebäudewert und Investitionssummen in keinem angemessenen Verhältnis stehen. Ausnahmen soll es auch für besondere soziale Härten geben, um Menschen vor Überforderung zu schützen.

    Welche Technologien sind für neu eingebaute Heizungen erlaubt?

    Die bekannteste Alternative zu Öl- und Gasheizungen sind Wärmepumpen. Der Katalog mit Optionen zur Erfüllung des 65-Prozent-Zieles soll aber laut Koalitionskreisen zahlreiche weitere Technologien enthalten. So soll es möglich sein, jede beliebige Technologie über einen Einzelnachweis zu nutzen, unter anderem diese Optionen:
    • Anschluss an Wärmenetze
    • Elektrisch angetriebene Wärmepumpe
    • Heizungen, die Wasserstoff- oder Grüne-Gase-ready sind (auch wenn sie bis 2035 noch nicht mit Wasserstoff betrieben werden)
    • Stromdirektheizungen
    • Heizungsanlage zur Nutzung von Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff
    • Wärmepumpen-Hybridheizungen
    • Solarthermie
    • Kombination von bestehendem Kessel mit Wärmepumpe (auch mit über 30 Jahre altem Kessel)
    • Holzöfen/Kaminöfen können angerechnet werden
    • Contracting
    • Quartierskonzepte

    Welche Fördermöglichkeiten gibt es?

    Aus der Koalition heißt es, statt auf Zwang setze man auf Anreize. Deshalb habe man sich auf eine Förderung bei freiwilliger Modernisierung verständigt. Gestaffelt nach Alter von betagten Heizungsanlagen könnte die Besitzer bei Neuanschaffung einen Zuschuss in Form einer Abwrackprämie erhalten.

    Wie wird die Einhaltung der 65-Prozent-Vorgaben kontrolliert?

    Dazu gibt es noch keine detaillierten Angaben. Aus Regierungskreisen heißt es aber, die zusätzlichen Pflichten und die Bürokratie würden stark eingeschränkt. Die meisten Vorschriften zu Prüfungen und Optimierungen sollten nur noch für Anlagen in Gebäuden mit mehr als sechs vermieteten Wohnungen gelten.

    Welche Kritik hat die Opposition?

    Die Union sieht nach dem Kompromiss noch viele offene Fragen. Der klimaschutz- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Jung, erklärte, darüber müsse die Bundesregierung kurzfristig umfassende Transparenz schaffen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Lange kritisierte, die angekündigte Fördeurng bleibe "völlig nebulös". CSU-Generalsekretär Martin Huber warf der Ampel-Koalition am vor, "Klimaschutz mit der Brechstange" zu betreiben. Die Ampel-Pläne seien sozial ungerecht und eine nicht zu verantwortende Belastung, insbesondere für ältere Hausbesitzer.
    Der Linken-Ostbeauftragte Pellmann sprach von einem "Verarmungsprogramm". Im Osten Deutschland stünden zigtausende Heizungswechsel an, da viele Anlagen in den 90er Jahren eingebaut worden seien. Angesichts der horrenden Sanierungskosten, die anfallen würden, würden die Menschen verzweifeln.
    Diese Nachricht wurde am 01.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.