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Was muss Bildung leisten?

Bildung verbessern und modern vermitteln - Themen gibt es viele, die während des einwöchigen Bildungscamps an der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität diskutiert werden. Ausgangspunkt ist der für morgen geplante bundesweite Bildungsstreik.

Von Susanne Lettenbauer | 08.06.2010
    Normalerweise sitzt Bernd Sibler im klimatisierten Landtag. Heute Morgen um zehn Uhr drängte sich der Vorsitzende des bayerischen Hochschulausschusses auf dem Geschwister-Scholl-Platz auf einen Plastikstuhl im politischen Pavillon. Ringsum Bierbänke für die Studierenden. Gestern Abend war die Grünenpolitikerin Margarete Bause auf diesem Stuhl, heute Nachmittag kommt die Linkenpolitikerin Nicole Gohlke.

    So muss ein Bildungscamp aussehen meint Steffen Liebl, ein Studierendenvertreter, der sich noch immer ärgert über den Ausgang der Präsidentenwahlen:

    "Wir sind junge Erwachsene, wir wollen Verantwortung übernehmen, wir möchten die Uni mitgestalten, das wird uns nicht ermöglicht, wir hatten zum Beispiel bei dieser Wahl von sechzehn Stimmen eine, 45.000 Studierende hatten nur eine Stimme. Das kann nicht sein, so kann das nicht laufen, das ist eine Form, die wir ändern müssen."

    Indem auf dem Bildungscamp auch Entscheidungsträger aus der Politik sitzen, deutet sich im Vergleich zum Vorjahr eine Entspannung zwischen den Studierenden und den Politikern an. Passend zum Bildungscamp legte Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch gestern denn auch einen neuen Katalog mit Leitlinien vor. Für Steffen Liebl ein richtiger Schritt:

    "An den Leitlinien sieht man, wenn Studierende mitarbeiten, dann kann auch was Gutes dabei rauskommen. Da haben Studierende mitgearbeitet. In der Feinmechanik sind da sehr viele gute Dinge passiert: Prüfungsdruck reduziert, Grundlagen- und Orientierungsprüfungen sind nicht zum Rausprüfen da, steht ganz klar drin."

    Dass noch immer nicht die Regelstudienzeit verändert wurde, sei aber weiterhin ein Problem, betont Liebl. Der Landesastensprecher Malte Pennekamp fordert ebenfalls weitere Verhandlungen:

    "Ja, die Leitlinien sind ein guter Schritt. Es darf aber bei Weitem nicht der letzte sein. Wir werden dafür sorgen, dass wir zwar eine gewisse Entlastung schaffen, aber die Grundprobleme sind dabei nicht angetastet."

    Ein Problem sieht Malte Pennekamp bereits auf dem Bildungscamp: Der Zuspruch ist groß, nur fast keiner der Studierenden hat die Zeit, sich zu engagieren. Die Lehramtsstudentin Lisa steht im Protest-Pavillon und koordiniert die Vorträge:

    "Es ist schon schwierig würde ich sagen. Ich hab persönlich das Glück, dass ich keinen Bachelor-Studiengang besuche. Das ist ein Vorteil, weil dadurch das Studium ein bisschen entzerrter ist, und ich persönlich habe auch noch das riesige Glück, dass ich ein Stipendium habe und dadurch nicht nebenbei arbeiten muss."

    Thema Studiengebühren: Die derzeitige Evaluation der Studienbeiträge an der LMU lässt die Studierenden hoffen – auf 300 Euro könnte der Betrag gesenkt werden. Der angedachte Matching Fund des Wissenschaftsministeriums, pro Studierenden-Euro ein Freistaat-Euro, wäre keine Lösung, so Steffen Liebl:

    "Wir lehnen Studiengebühren grundsätzlich ab, drum lehnen wir auch diesen Vorschlag, einen Euro auf einen Euro von Herrn Heubsich und Herrn Huber, unserem Präsidenten hier, ab, weil damit Studiengebühren zementiert werden, auch in der Höhe. Gerade an der LMU sind wir in der Diskussion, ob wir absenken auf 300 Euro, weil über 20 Millionen rumliegen an Studiengebühren."

    Diese Kritik kann auch CSU-Fraktionsmitglied und Vorsitzender des Hochschulausschusses Bernd Sibler verstehen. Er weiß, dass die LMU Probleme hat, die Gelder aus Studienbeiträgen auszugeben:

    "Es liegt auch noch einiges Geld auf den Konten, das jetzt zusammengekommen ist. Das muss die Hochschule für sich selbst entscheiden. Wenn sie die Beträge absenken will, das ist rechtlich möglich, das haben wir als Gesetzgeber längst ermöglicht. Aber die Entscheidung liegt bei der eigenverantwortlich agierenden Hochschule."
    Doch längst nicht alle Studierenden der LMU teilen die Kritiken und Forderungen der offiziellen Studierendenvertretung. Das Thema Bildung ist generell kontrovers zeigen die Kritiken an dem Programm des Münchner Bildungscamps. Drei Erstsemestler auf dem Geschwister-Scholl-Platz:

    "Ich kann mich nicht damit identifizieren, weil ich die Ziele nicht unterstütze. Ich würde mich freuen, wenn sie sich darauf konzentrieren könnten, die Studiengebühren abzuschaffen. Ich bin auch nicht so der Befürworter, finde es gut, dass sie sich engagieren. Dass so eine Plattform aber genutzt wird, um gegen die Globalisierung zu demonstrieren – da ist zuviel dabei, was zu dem Thema nicht gehört und wozu ich mich nicht bekennen möchte."