Zufrieden berichtet Landwirt Harald Nitschke Zuhörern auf der Grünen Woche von den Ergebnissen seines Erprobungsanbaus. Nitschke hat an einem großangelegten, bundesweiten Freilandversuch mit Bt-Mais teilgenommen. Das ist eine Maissorte, die mit Hilfe des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis gentechnisch so verändert wurde, dass sie selbst ein Gift gegen den Ernteschädling Maiszünsler produziert. 3000 Hektar Land bestellt Nitschke, einer von vier Geschäftsführern eines Großbetriebs in Mecklenburg-Vorpommern. In Landwirtschaftsunternehmen wie dem seinen herrscht Aufbruchstimmung. Auch wenn bislang nur sechs von 28 Anbauversuchen ausgewertet wurden, mehren sich in der Landwirtschaftslobby unüberhörbar die Stimmen, die noch in diesem Jahr endlich kommerziell in die Gentech-Landwirtschaft einsteigen wollen. Auch Christel Happach-Kasan, die die FDP im Bundestagsausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft vertritt, hält gentechnisch verändertes Saatgut für anwendungsreif:
Die Kernfrage ist immer noch die: Können die Verbraucher und Verbraucherinnen sicher sein, dass das Produkt, das bei ihnen auf den Tisch kommt, gesund ist. Und dazu ist die Frage der Züchtung der Pflanzen wesentlich weniger wichtig als z.B. die Frage des Salmonellose-Status eines landwirtschaftlichen Betriebes. Das wäre wichtiger. Wir haben zwischen 50 und 100 Todesfälle in diesem Bereich.
Im Fach-Slang werden gentechnisch veränderte Lebensmittel als GVOs oder GMOs bezeichnet. GVO steht für "gentechnisch veränderte Organismen", GMO für englisch "genetically modified organism". Tatsächlich ist bei den bislang zugelassenen GVO-Sorten keine Gesundheitsgefährdung bekannt. Die Kennzeichnungspflicht sorgt zudem dafür, dass der Konsument darüber informiert werden muss, was an einer Obst- oder Gemüsesorte gentechnisch verändert oder zugesetzt wurde. Besonders für Allergiker ist die seit 2004 EU-weit eingeführte Kennzeichnungspflicht wichtig, da bereits kleinste Proteinmengen Allergien aktivieren können. So wurde zum Beispiel in den 90er Jahren eine Sojabohne als Tierfutter zugelassen, die das Gen einer brasilianischen Paranuss enthielt. Das Gen fand sich später in Maischips wieder und löste bei Konsumenten, die gegen Paranüsse allergisch sind, Reaktionen aus.
Allerdings schränkt eine Studie der Universität Giessen die Unbedenklichkeit der Lebensmittel aus dem Gentech-Labor etwas ein. So stellten die Ernährungswissenschaftler im Mai 2004 fest:
Die Ergebnisse von Untersuchungen zum Verzehr von gentechnisch veränderten Lebensmitteln zeigen – nach Wahrnehmung vieler Wissenschaftler – keine gesundheitsschädigenden Effekte. Dies trifft für tierexperimentelle und ernährungsphysiologische Studien zu. Die Experten betonen aber auch, dass die vorliegenden Studien über den Verzehr beim Menschen entweder nicht gezielt nach möglichen Gesundheitsstörungen gesucht haben oder nicht so angelegt waren, dass mögliche, der gentechnischen Veränderung zurechenbare Gesundheitsveränderungen zuverlässig erfasst wurden. Fehlende Nachweise von Gesundheitsschäden garantieren insofern nicht, dass tatsächlich keine Gesundheitsrisiken bestehen.
In der Biohalle der Grünen Woche wirbt das Bundesamt für Naturschutz für seine Aufgaben. Die Bonner Behörde ist seit Herbst 2003 auch für die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen und Tiere zuständig. Gentechnik-Expertin Beatrix Tappeser kann nicht ausschließen, dass sich der Anbau von BT-Mais negativ auf die wilde Natur auswirkt. Zwar sei Mais nicht winterhart und er habe – da hierzulande nicht heimisch – keine verwandten Wildpflanzen in der freien Natur, aber:
Der BT-Mais produziert ja ein Insektengift und soll Schädlinge im Maisanbau umbringen. Aber dieses Insektengift produziert der Mais natürlich ständig und so können auch andere Insekten, die an und von den Maispflanzen leben, mitgeschädigt werden. Da wären zum Beispiel Bienen zu nennen als potentielle Organismen, die gefährdet werden können, weil Bienen durchaus auch im August den Mais als Pollenweide nutzen und insofern dann auch das Gift aufnehmen.
Die Gentechnikexpertin des Bundesamtes für Naturschutz will deshalb bei der Festlegung von Sicherheitsabständen zu BT-Mais-Feldern das Vorsorgeprinzip strikt eingehalten sehen. Darüber hinaus habe der Verein Innoplanta, in dem die Unternehmen der Gentech-Branche zusammengeschlossen sind und der den Erprobungsanbau organisiert hat, bislang wenige Details über Rahmenbedingungen und Ergebnisse der Freilandversuche veröffentlicht.
Auch hat sich nach Ansicht der Gentech-Expertin nicht jede angekündigte gute Eigenschaft des gentechnisch veränderten Saatguts dauerhaft erhalten. So wurden Raps- und Sojapflanzen im Labor gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel resistent gemacht. Die Saatguthersteller warben, dass dadurch der Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln deutlich gesenkt werden könne. Pauschal treffe das aber nicht zu, stellt Beatrix Tappeser fest:
Die Erfahrungen aus den USA in den letzten neun Jahren zeigen, dass nicht weniger, sondern mehr Herbizide verbraucht worden sind nach einer anfänglichen Reduktion. Das liegt schlicht und einfach daran, dass natürlich dadurch, dass immer wieder das gleiche Pflanzenschutzmittel eingesetzt wird, die Unkräuter selektiert – quasi ausgewählt – werden, die bessere Überlebenschancen haben, die unempfindlich sind gegenüber diesen Breitbandherbiziden und dass dann immer größerer Aufwand eingesetzt wird, um diese unempfindlichen Kräuter abzutöten.
Jede gentechnisch veränderte Pflanze bringt unterschiedliche Risiken mit sich. So hält die Expertin des Bundesamtes für Naturschutz den Anbau von gentechnisch veränderten Kartoffeln für weniger riskant als die Aussaat von GV-Raps. Denn Kartoffeln vermehren sich über die Knolle und sind wie der Mais hier nicht heimisch. Rapspollen breiten sich dagegen leicht aus und Raps kommt wild in unserer Natur vor. Das sieht Erprobungslandwirt Harald Nitschke auch so:
Bei Raps hätte ich das unter den jetzigen Gegebenheiten nicht gemacht, aber bei Mais habe ich gar keine Gefährdung gesehen. Und es ging mir auch darum, dass wir endlich mal darüber diskutieren und nicht den Mantel des Schweigens darüber hängen.
Mit seinem offenen Bekenntnis ist Harald Nitschke in der Tat eine Ausnahme. Alle anderen Landwirte, die am Erprobungsanbau teilgenommen haben, halten ihren Namen lieber geheim.
So auch auf diesem Gut im Harzvorland. Mais rieselt in den Futtertrog - 4000 Schweine werden hier gemästet. Auf einer Fläche von 700 Hektar wachsen zudem Weizen, Raps, Zuckerrüben und Mais. Der Chef des Betriebs erntet im Auftrag von 20 unterschiedlichen Verpächtern jedes Jahr etwa 4000 Tonnen Getreide.
Wir befinden uns jetzt hier in unserem Schweinemaststall, der über eine vollautomatische Fütterung gerade die Schweine füttert, und die Schweine bekommen ein Futter, das unter anderem auch genveränderten Mais enthält.
Der junge Landwirt hat diesen gentechnisch veränderten Mais im vergangenen Jahr selbst angebaut und geerntet. Er hat beim Erprobungsanbau in Sachsen-Anhalt mitgemacht, schließlich ist er kein Feind neuer Technologien. Für ihn sind GVO-Pflanzen etwas ganz Normales. Die Aufregung darum kann er nicht verstehen. Aber die meisten, ob Verpächter oder Verbraucher, seien noch immer schlecht informiert. Deshalb möchte der Landwirt, nennen wir ihn Markus Meier, lieber ein Geheimnisträger bleiben.
Solange da die Aufklärung noch nicht befriedigend ist, ist es schwierig, sich mit einem solchen Thema als Landwirt in die Öffentlichkeit zu begeben.
Auf sechs Hektar, inmitten eines 30 Hektar großen Gesamtschlages, hat er im vergangenen Jahr den GVO-Mais im Auftrag von Innoplanta angebaut und geerntet. Das Ergebnis beurteilt er als eindeutiges Ja für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen.
Dass dies unter Einhaltung von Abständen und sonstigen Produktionsauflagen möglich ist und das nicht von vornherein gesagt werden kann, es geht nicht, dass sowohl genveränderter als auch konventioneller Mais angebaut wird.
Doch solange ein Landwirt, der sich für gentechnisch veränderte Pflanzen entscheidet, die ganze Last der Verantwortung trage, sei der Anbau in der Praxis unmöglich, klagt Meier. Seit dem 1. Januar gilt ein neues Gentechnikgesetz. Demnach haftet ein Landwirt, der Gentechnik anwendet, als Gesamtschuldner. Er muss also in jedem Fall für den Schaden aufkommen, falls es auf ökologisch bewirtschafteten Nachbarfeldern zu Verunreinigungen kommt – unabhängig davon, ob er selbst der Verursacher ist.
Sofern nicht irgendwelche Dritte bereit sind, über einen Haftungsfonds oder wie auch immer, sich an diesem Risiko zu beteiligen, würde ich als Landwirt dieses Risiko nicht eingehen.
Gentechnisch verändertes Getreide ist in unserer Nahrungskette längst eine Selbstverständlichkeit. Im Schweinefutter aus Gerste, Mais und Sojaschrot sei schon seit Jahren ein hoher Anteil von GVO- Pflanzen, meint Markus Meier. Wenn ein Schweineschnitzel beim Fleischer über die Ladentheke geht, kann kein Käufer wissen, ob das Schwein gentechnisch verändertes Futter gefressen hat oder nicht – aufgrund einer Lücke bei der Kennzeichnungspflicht. Markus Meier findet es skurril, dass veredelte Produkte wie Fleisch, Milch und Joghurt nicht gekennzeichnet werden müssen.
Was meiner Ansicht nach keinen Sinn macht. Mir wäre es lieb, wenn diese Produkte auch gekennzeichnet würden, weil bei uns jedes Tier mit Sojaschrot gefüttert wird, was auch eine genveränderte Komponente ist.
"Müssen gentechnisch veränderte Lebensmittel in Deutschland gekennzeichnet werden?" – "Ja, müssen. Am bestes wär’s, wenn’s gar keine gäbe. – Meiner Meinung: Ja.- Auf alle Fälle! – Auf jeden Fall. – Ich finde auf jeden Fall, dass sie gekennzeichnet werden sollen, sonst kauft man ja die Katze im Sack."
"Müssen Fleisch oder Milch von Tieren, die Futtermittel aus gentechnisch veränderter Soja oder Mais bekommen haben, muss das in Deutschland gekennzeichnet werden?" - "Ich würde es richtig finden. – Ja, sollte gekennzeichnet werden. – Schon wichtig! - Ich glaube, man macht es nicht. – Ich glaube auch, es ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber man sollte es tun."
Zurück zur Grünen Woche in Berlin. In einem zeigen sich die befragten Besucher einig, unabhängig davon, wie gut sie informiert sind: alle würden gerne wissen, ob sie Milch von einer Kuh trinken, die gentechnisch veränderte Soja oder Mais gefressen hat. Thomas Isenberg von der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert, diese Kennzeichnungslücke schnell zu schließen.
Wer Verbraucherrechte auf Wahlfreiheit ernst nimmt, der darf sich nicht zurücklehnen und sagen, wir haben eine Kennzeichnung am Endprodukt, der muss auch den Prozess kennzeichnen und der muss dafür Transparenz schaffen, so dass ich als Verbraucher überhaupt erst in der Lage bin, eine mündige Entscheidung zu treffen.
Verbraucherschützer Isenberg hält die strengen deutschen Haftungsregeln für gerecht. Wer mit seinem Handeln den bestehenden Markt für konventionelle und Öko-Produkte bedrohe, der müsse auch die wirtschaftlichen Risiken dafür tragen. Isenberg widerspricht zudem der These vieler Gentech-Befürworter, es gebe keine gentechnikfreie Soja mehr auf dem Markt zu kaufen. So kennzeichnen einige Händler konventionelle Soja einfach als gentechnisch verändert. Allerdings müsste gentechnikfreie Soja auch deutlicher nachgefragt werden, meint der Verbraucherschützer:
Ich fände es gut, wenn die deutschen Landwirte vermehrt auch freiwillig Futtermittel einsetzen würden, was eben nicht von gentechnisch veränderter Soja stammt. Ich fände es gut, wenn die Verbraucher und so lange es noch keine Kennzeichnung gibt, dafür die Handelskonzerne noch mehr Verantwortung übernähmen. Ich finde es beispielhaft und gut, wie Greenpeace einen Einkaufsführer Verbrauchern an die Hand gibt, wo ich dann diese Markttransparenz habe. Und wir haben ja GMO-freie Soja. Es gibt Zertifizierer, die schon sagen, sie haben 8 Millionen Tonnen im Jahr, die sie aus Brasilien bekommen und 5 Millionen werden davon vermarktet, als Futtermittel eingebracht ohne entsprechend ausgelobt zu werden.
Auf Zustimmung treffen die strengen Haftungsregeln auch bei all jenen, die kein gentechnisch verändertes Saatgut einsetzen wollen und die durch die Auskreuzung ihre Existenz bedroht sehen. Noch einmal nach Sachsen-Anhalt, bundesweit das Vorreiterland in Sachen Grüner Gentechnik. Im Norden des Landes bewirtschaftet Jochen Dettmer seinen Ökohof. Der Bundesgeschäftsführer von Neuland, einem Verein für tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung, ist gegen Gentechnik im Tierfutter. Darüber hinaus plädiert er für gentechnikfreie Anbauzonen. Bisher haben sich in der Altmark im Norden des Landes und im Harzvorland insgesamt fünf solcher Regionen gebildet – bundesweit sind es 56. Die Mitglieder dieser Anbaugebiete verpflichten sich dazu, auf GVO-Saatgut zu verzichten - in der Regel für ein Jahr. Bei vielen Veranstaltungen sieht sich Landwirt Jochen Dettmer in seiner Ablehnung immer wieder bestätigt. Er glaubt, dass die meisten seiner Berufskollegen der Gentechnik kritisch gegenüberstehen.
Zumal wir auch keine wirtschaftliche Notwendigkeit dafür haben. Der Maiszünsler, der als Problem immer angeführt wird, lässt sich durch eine ordentliche Fruchtfolge auch bekämpfen. Das heißt, wenn wir eine gute fachliche Praxis befolgen, brauchen wir keine Gentechnik. Und momentan sehe ich nicht den Doppelzentner Weizen, der mit 300 Millimeter Niederschlag auskommt, den die Gentechnik liefert, den gibt es nicht.
Der Verein Innoplanta hat den bundesweiten Erprobungsanbau von Gen-Mais im Auftrag der Bundesregierung und der Landesregierung von Sachsen-Anhalt koordiniert. Ein Ergebnis lautet, dass 20 Meter Abstand zwischen zwei Maisfeldern die gemeinsame Existenz von ökologisch und konventionell wirtschaftenden Landwirten ermöglichen würde. Mitnichten, sagt Jochen Dettmer. Es ist alles eine Frage der Interpretation.
Es ist grundsätzlich klar, und das musste Innoplanta auch zugeben, dass es zu einer Verunreinigung von Nachbarschaftsflächen kommt und somit das Problem der Koexistenz bleibt.
Ein paar Meter mehr oder weniger zwischen den Feldern, das ist für ihn gar nicht entscheidend, nicht solange ein Restrisiko besteht.
Ich müsste im Prinzip Flächen haben, die von Wald, von Flüssen oder Seen umgeben sind, um so isoliert zu produzieren. Aber in einer kleinräumigen Kulturlandschaft, wo wir immer Nachbarfelder haben und andere Bauern wirtschaften, zeigt der Versuch von Innoplanta, dass ein Nebeneinander, wenn man nicht auf Schadensersatzansprüche verzichten will, nicht möglich ist.
Das Gentechnikgesetz, so wie es der Bundestag am 24. November verabschiedet hat, sieht vor, dass im Zweifel der Landwirt, der die Gentechnik einsetzt, für einen möglichen Schaden bei seinem ökologisch wirtschaftenden Nachbarn haften muss. Trotzdem möchte Jochen Dettmer allein wegen der Dimension möglicher Haftungsschäden keine Entwarnung geben.
Keine Versicherung in Deutschland ist derzeit bereit einen Schaden für Verunreinigung von Konsumware zu übernehmen. Von daher ist das wirtschaftliche Risiko so groß, dass man abrate muss.
Und ein Haftungsfonds, wie in den Niederlanden, an dem sich alle Landwirte beteiligen? Er schüttelt den Kopf, auch dies ist seiner Ansicht nach kein Modell für Deutschland.
Das erweckt den Eindruck, dass das Risiko dermaßen begrenzt und kalkulierbar ist, dass es über einen Fonds zu regeln ist. Das halte ich nicht für ausreichend. Sowie ein Risiko besteht, wird es Schadensansprüche geben und die werden so hoch sein, dass kein Fonds sie bezahlen kann.
Er als Vertreter ökologisch wirtschaftender Landwirte steht zu der Devise: Sauber bleiben, vor allem in Sachsen-Anhalt. Das Land genießt als Getreideproduzent einen hervorragenden Ruf und den sieht Jochen Dettmer durch die Gentechnik gefährdet.
Mais ist nur der Versuchsballon. Wir wissen von Innoplanta, dass in der Schublade schon andere Kulturpflanzen lauern und beim Mais geht es nur darum zu testen, wie eine grundsätzliche Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den Bauern ist oder auch nicht ist.
Noch muss Verbraucherschutzministerin Renate Künast das Gentechnik-Gesetz durch einige Verordnungen ergänzen, noch steht nicht fest, wie viele Meter Abstand zwischen BT-Maisfeld und konventionellem Maisfeld eingehalten werden müssen. Christel Happach-Kasan, die Gentechnik-Expertin der FDP, warnt derweil auf der Grünen Woche davor, dass Deutschland in der Forschung Arbeitsplätze und Anschluss verliert. Für viele mittelständische Saatgutunternehmen seien die vielen Auflagen und strengen Haftungsregeln nicht hinnehmbar.
Für diese ist es unter diesen Gesetzesbedingungen extrem schwierig, Freisetzungsversuche durchzuführen mit Organismen, die natürlich noch nicht zugelassen sind. Andererseits sind Freisetzungsversuche die Voraussetzung dafür, dass sie zugelassen werden. Und wenn sie dann mit diesen Haftungsbedingungen konfrontiert werden, dann ist das für viele Unternehmen so, dass sie mit ihren Forschungsabteilungen abwandern. Das tun sie auch. Das Unternehmen aus meinem Heimatland Schleswig-Holstein ist mit der Forschungsabteilung nach Kanada ausgewandert.
Wird also 2005 noch nicht das Jahr, in dem im Märzen die ersten Bauern zum ersten Mal kommerziell gentechnisch verändertes Saatgut aussäen? Doch – denn das geschäftliche Interesse überwiegt die Risiken, bekennt Landwirt Harald Nitschke für sich und seine Mitstreiter:
Ich gehe davon aus, dass der Anbau zunehmen wird. Ich kenne auch Landwirte, die das wollen. Denn wir werden gegen den Maiszünsler, der nun mal da ist, dieser Schädling, nichts anders machen können. Wir machen’s ja nicht nur, um der Gentechnik zum Durchbruch zu verhelfen. Wir machen es aus der Not heraus, weil wir sagen: Wir müssen ein Mittel gegen Schädlinge oder andere Dinge haben.
Die Kernfrage ist immer noch die: Können die Verbraucher und Verbraucherinnen sicher sein, dass das Produkt, das bei ihnen auf den Tisch kommt, gesund ist. Und dazu ist die Frage der Züchtung der Pflanzen wesentlich weniger wichtig als z.B. die Frage des Salmonellose-Status eines landwirtschaftlichen Betriebes. Das wäre wichtiger. Wir haben zwischen 50 und 100 Todesfälle in diesem Bereich.
Im Fach-Slang werden gentechnisch veränderte Lebensmittel als GVOs oder GMOs bezeichnet. GVO steht für "gentechnisch veränderte Organismen", GMO für englisch "genetically modified organism". Tatsächlich ist bei den bislang zugelassenen GVO-Sorten keine Gesundheitsgefährdung bekannt. Die Kennzeichnungspflicht sorgt zudem dafür, dass der Konsument darüber informiert werden muss, was an einer Obst- oder Gemüsesorte gentechnisch verändert oder zugesetzt wurde. Besonders für Allergiker ist die seit 2004 EU-weit eingeführte Kennzeichnungspflicht wichtig, da bereits kleinste Proteinmengen Allergien aktivieren können. So wurde zum Beispiel in den 90er Jahren eine Sojabohne als Tierfutter zugelassen, die das Gen einer brasilianischen Paranuss enthielt. Das Gen fand sich später in Maischips wieder und löste bei Konsumenten, die gegen Paranüsse allergisch sind, Reaktionen aus.
Allerdings schränkt eine Studie der Universität Giessen die Unbedenklichkeit der Lebensmittel aus dem Gentech-Labor etwas ein. So stellten die Ernährungswissenschaftler im Mai 2004 fest:
Die Ergebnisse von Untersuchungen zum Verzehr von gentechnisch veränderten Lebensmitteln zeigen – nach Wahrnehmung vieler Wissenschaftler – keine gesundheitsschädigenden Effekte. Dies trifft für tierexperimentelle und ernährungsphysiologische Studien zu. Die Experten betonen aber auch, dass die vorliegenden Studien über den Verzehr beim Menschen entweder nicht gezielt nach möglichen Gesundheitsstörungen gesucht haben oder nicht so angelegt waren, dass mögliche, der gentechnischen Veränderung zurechenbare Gesundheitsveränderungen zuverlässig erfasst wurden. Fehlende Nachweise von Gesundheitsschäden garantieren insofern nicht, dass tatsächlich keine Gesundheitsrisiken bestehen.
In der Biohalle der Grünen Woche wirbt das Bundesamt für Naturschutz für seine Aufgaben. Die Bonner Behörde ist seit Herbst 2003 auch für die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen und Tiere zuständig. Gentechnik-Expertin Beatrix Tappeser kann nicht ausschließen, dass sich der Anbau von BT-Mais negativ auf die wilde Natur auswirkt. Zwar sei Mais nicht winterhart und er habe – da hierzulande nicht heimisch – keine verwandten Wildpflanzen in der freien Natur, aber:
Der BT-Mais produziert ja ein Insektengift und soll Schädlinge im Maisanbau umbringen. Aber dieses Insektengift produziert der Mais natürlich ständig und so können auch andere Insekten, die an und von den Maispflanzen leben, mitgeschädigt werden. Da wären zum Beispiel Bienen zu nennen als potentielle Organismen, die gefährdet werden können, weil Bienen durchaus auch im August den Mais als Pollenweide nutzen und insofern dann auch das Gift aufnehmen.
Die Gentechnikexpertin des Bundesamtes für Naturschutz will deshalb bei der Festlegung von Sicherheitsabständen zu BT-Mais-Feldern das Vorsorgeprinzip strikt eingehalten sehen. Darüber hinaus habe der Verein Innoplanta, in dem die Unternehmen der Gentech-Branche zusammengeschlossen sind und der den Erprobungsanbau organisiert hat, bislang wenige Details über Rahmenbedingungen und Ergebnisse der Freilandversuche veröffentlicht.
Auch hat sich nach Ansicht der Gentech-Expertin nicht jede angekündigte gute Eigenschaft des gentechnisch veränderten Saatguts dauerhaft erhalten. So wurden Raps- und Sojapflanzen im Labor gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel resistent gemacht. Die Saatguthersteller warben, dass dadurch der Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln deutlich gesenkt werden könne. Pauschal treffe das aber nicht zu, stellt Beatrix Tappeser fest:
Die Erfahrungen aus den USA in den letzten neun Jahren zeigen, dass nicht weniger, sondern mehr Herbizide verbraucht worden sind nach einer anfänglichen Reduktion. Das liegt schlicht und einfach daran, dass natürlich dadurch, dass immer wieder das gleiche Pflanzenschutzmittel eingesetzt wird, die Unkräuter selektiert – quasi ausgewählt – werden, die bessere Überlebenschancen haben, die unempfindlich sind gegenüber diesen Breitbandherbiziden und dass dann immer größerer Aufwand eingesetzt wird, um diese unempfindlichen Kräuter abzutöten.
Jede gentechnisch veränderte Pflanze bringt unterschiedliche Risiken mit sich. So hält die Expertin des Bundesamtes für Naturschutz den Anbau von gentechnisch veränderten Kartoffeln für weniger riskant als die Aussaat von GV-Raps. Denn Kartoffeln vermehren sich über die Knolle und sind wie der Mais hier nicht heimisch. Rapspollen breiten sich dagegen leicht aus und Raps kommt wild in unserer Natur vor. Das sieht Erprobungslandwirt Harald Nitschke auch so:
Bei Raps hätte ich das unter den jetzigen Gegebenheiten nicht gemacht, aber bei Mais habe ich gar keine Gefährdung gesehen. Und es ging mir auch darum, dass wir endlich mal darüber diskutieren und nicht den Mantel des Schweigens darüber hängen.
Mit seinem offenen Bekenntnis ist Harald Nitschke in der Tat eine Ausnahme. Alle anderen Landwirte, die am Erprobungsanbau teilgenommen haben, halten ihren Namen lieber geheim.
So auch auf diesem Gut im Harzvorland. Mais rieselt in den Futtertrog - 4000 Schweine werden hier gemästet. Auf einer Fläche von 700 Hektar wachsen zudem Weizen, Raps, Zuckerrüben und Mais. Der Chef des Betriebs erntet im Auftrag von 20 unterschiedlichen Verpächtern jedes Jahr etwa 4000 Tonnen Getreide.
Wir befinden uns jetzt hier in unserem Schweinemaststall, der über eine vollautomatische Fütterung gerade die Schweine füttert, und die Schweine bekommen ein Futter, das unter anderem auch genveränderten Mais enthält.
Der junge Landwirt hat diesen gentechnisch veränderten Mais im vergangenen Jahr selbst angebaut und geerntet. Er hat beim Erprobungsanbau in Sachsen-Anhalt mitgemacht, schließlich ist er kein Feind neuer Technologien. Für ihn sind GVO-Pflanzen etwas ganz Normales. Die Aufregung darum kann er nicht verstehen. Aber die meisten, ob Verpächter oder Verbraucher, seien noch immer schlecht informiert. Deshalb möchte der Landwirt, nennen wir ihn Markus Meier, lieber ein Geheimnisträger bleiben.
Solange da die Aufklärung noch nicht befriedigend ist, ist es schwierig, sich mit einem solchen Thema als Landwirt in die Öffentlichkeit zu begeben.
Auf sechs Hektar, inmitten eines 30 Hektar großen Gesamtschlages, hat er im vergangenen Jahr den GVO-Mais im Auftrag von Innoplanta angebaut und geerntet. Das Ergebnis beurteilt er als eindeutiges Ja für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen.
Dass dies unter Einhaltung von Abständen und sonstigen Produktionsauflagen möglich ist und das nicht von vornherein gesagt werden kann, es geht nicht, dass sowohl genveränderter als auch konventioneller Mais angebaut wird.
Doch solange ein Landwirt, der sich für gentechnisch veränderte Pflanzen entscheidet, die ganze Last der Verantwortung trage, sei der Anbau in der Praxis unmöglich, klagt Meier. Seit dem 1. Januar gilt ein neues Gentechnikgesetz. Demnach haftet ein Landwirt, der Gentechnik anwendet, als Gesamtschuldner. Er muss also in jedem Fall für den Schaden aufkommen, falls es auf ökologisch bewirtschafteten Nachbarfeldern zu Verunreinigungen kommt – unabhängig davon, ob er selbst der Verursacher ist.
Sofern nicht irgendwelche Dritte bereit sind, über einen Haftungsfonds oder wie auch immer, sich an diesem Risiko zu beteiligen, würde ich als Landwirt dieses Risiko nicht eingehen.
Gentechnisch verändertes Getreide ist in unserer Nahrungskette längst eine Selbstverständlichkeit. Im Schweinefutter aus Gerste, Mais und Sojaschrot sei schon seit Jahren ein hoher Anteil von GVO- Pflanzen, meint Markus Meier. Wenn ein Schweineschnitzel beim Fleischer über die Ladentheke geht, kann kein Käufer wissen, ob das Schwein gentechnisch verändertes Futter gefressen hat oder nicht – aufgrund einer Lücke bei der Kennzeichnungspflicht. Markus Meier findet es skurril, dass veredelte Produkte wie Fleisch, Milch und Joghurt nicht gekennzeichnet werden müssen.
Was meiner Ansicht nach keinen Sinn macht. Mir wäre es lieb, wenn diese Produkte auch gekennzeichnet würden, weil bei uns jedes Tier mit Sojaschrot gefüttert wird, was auch eine genveränderte Komponente ist.
"Müssen gentechnisch veränderte Lebensmittel in Deutschland gekennzeichnet werden?" – "Ja, müssen. Am bestes wär’s, wenn’s gar keine gäbe. – Meiner Meinung: Ja.- Auf alle Fälle! – Auf jeden Fall. – Ich finde auf jeden Fall, dass sie gekennzeichnet werden sollen, sonst kauft man ja die Katze im Sack."
"Müssen Fleisch oder Milch von Tieren, die Futtermittel aus gentechnisch veränderter Soja oder Mais bekommen haben, muss das in Deutschland gekennzeichnet werden?" - "Ich würde es richtig finden. – Ja, sollte gekennzeichnet werden. – Schon wichtig! - Ich glaube, man macht es nicht. – Ich glaube auch, es ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber man sollte es tun."
Zurück zur Grünen Woche in Berlin. In einem zeigen sich die befragten Besucher einig, unabhängig davon, wie gut sie informiert sind: alle würden gerne wissen, ob sie Milch von einer Kuh trinken, die gentechnisch veränderte Soja oder Mais gefressen hat. Thomas Isenberg von der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert, diese Kennzeichnungslücke schnell zu schließen.
Wer Verbraucherrechte auf Wahlfreiheit ernst nimmt, der darf sich nicht zurücklehnen und sagen, wir haben eine Kennzeichnung am Endprodukt, der muss auch den Prozess kennzeichnen und der muss dafür Transparenz schaffen, so dass ich als Verbraucher überhaupt erst in der Lage bin, eine mündige Entscheidung zu treffen.
Verbraucherschützer Isenberg hält die strengen deutschen Haftungsregeln für gerecht. Wer mit seinem Handeln den bestehenden Markt für konventionelle und Öko-Produkte bedrohe, der müsse auch die wirtschaftlichen Risiken dafür tragen. Isenberg widerspricht zudem der These vieler Gentech-Befürworter, es gebe keine gentechnikfreie Soja mehr auf dem Markt zu kaufen. So kennzeichnen einige Händler konventionelle Soja einfach als gentechnisch verändert. Allerdings müsste gentechnikfreie Soja auch deutlicher nachgefragt werden, meint der Verbraucherschützer:
Ich fände es gut, wenn die deutschen Landwirte vermehrt auch freiwillig Futtermittel einsetzen würden, was eben nicht von gentechnisch veränderter Soja stammt. Ich fände es gut, wenn die Verbraucher und so lange es noch keine Kennzeichnung gibt, dafür die Handelskonzerne noch mehr Verantwortung übernähmen. Ich finde es beispielhaft und gut, wie Greenpeace einen Einkaufsführer Verbrauchern an die Hand gibt, wo ich dann diese Markttransparenz habe. Und wir haben ja GMO-freie Soja. Es gibt Zertifizierer, die schon sagen, sie haben 8 Millionen Tonnen im Jahr, die sie aus Brasilien bekommen und 5 Millionen werden davon vermarktet, als Futtermittel eingebracht ohne entsprechend ausgelobt zu werden.
Auf Zustimmung treffen die strengen Haftungsregeln auch bei all jenen, die kein gentechnisch verändertes Saatgut einsetzen wollen und die durch die Auskreuzung ihre Existenz bedroht sehen. Noch einmal nach Sachsen-Anhalt, bundesweit das Vorreiterland in Sachen Grüner Gentechnik. Im Norden des Landes bewirtschaftet Jochen Dettmer seinen Ökohof. Der Bundesgeschäftsführer von Neuland, einem Verein für tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung, ist gegen Gentechnik im Tierfutter. Darüber hinaus plädiert er für gentechnikfreie Anbauzonen. Bisher haben sich in der Altmark im Norden des Landes und im Harzvorland insgesamt fünf solcher Regionen gebildet – bundesweit sind es 56. Die Mitglieder dieser Anbaugebiete verpflichten sich dazu, auf GVO-Saatgut zu verzichten - in der Regel für ein Jahr. Bei vielen Veranstaltungen sieht sich Landwirt Jochen Dettmer in seiner Ablehnung immer wieder bestätigt. Er glaubt, dass die meisten seiner Berufskollegen der Gentechnik kritisch gegenüberstehen.
Zumal wir auch keine wirtschaftliche Notwendigkeit dafür haben. Der Maiszünsler, der als Problem immer angeführt wird, lässt sich durch eine ordentliche Fruchtfolge auch bekämpfen. Das heißt, wenn wir eine gute fachliche Praxis befolgen, brauchen wir keine Gentechnik. Und momentan sehe ich nicht den Doppelzentner Weizen, der mit 300 Millimeter Niederschlag auskommt, den die Gentechnik liefert, den gibt es nicht.
Der Verein Innoplanta hat den bundesweiten Erprobungsanbau von Gen-Mais im Auftrag der Bundesregierung und der Landesregierung von Sachsen-Anhalt koordiniert. Ein Ergebnis lautet, dass 20 Meter Abstand zwischen zwei Maisfeldern die gemeinsame Existenz von ökologisch und konventionell wirtschaftenden Landwirten ermöglichen würde. Mitnichten, sagt Jochen Dettmer. Es ist alles eine Frage der Interpretation.
Es ist grundsätzlich klar, und das musste Innoplanta auch zugeben, dass es zu einer Verunreinigung von Nachbarschaftsflächen kommt und somit das Problem der Koexistenz bleibt.
Ein paar Meter mehr oder weniger zwischen den Feldern, das ist für ihn gar nicht entscheidend, nicht solange ein Restrisiko besteht.
Ich müsste im Prinzip Flächen haben, die von Wald, von Flüssen oder Seen umgeben sind, um so isoliert zu produzieren. Aber in einer kleinräumigen Kulturlandschaft, wo wir immer Nachbarfelder haben und andere Bauern wirtschaften, zeigt der Versuch von Innoplanta, dass ein Nebeneinander, wenn man nicht auf Schadensersatzansprüche verzichten will, nicht möglich ist.
Das Gentechnikgesetz, so wie es der Bundestag am 24. November verabschiedet hat, sieht vor, dass im Zweifel der Landwirt, der die Gentechnik einsetzt, für einen möglichen Schaden bei seinem ökologisch wirtschaftenden Nachbarn haften muss. Trotzdem möchte Jochen Dettmer allein wegen der Dimension möglicher Haftungsschäden keine Entwarnung geben.
Keine Versicherung in Deutschland ist derzeit bereit einen Schaden für Verunreinigung von Konsumware zu übernehmen. Von daher ist das wirtschaftliche Risiko so groß, dass man abrate muss.
Und ein Haftungsfonds, wie in den Niederlanden, an dem sich alle Landwirte beteiligen? Er schüttelt den Kopf, auch dies ist seiner Ansicht nach kein Modell für Deutschland.
Das erweckt den Eindruck, dass das Risiko dermaßen begrenzt und kalkulierbar ist, dass es über einen Fonds zu regeln ist. Das halte ich nicht für ausreichend. Sowie ein Risiko besteht, wird es Schadensansprüche geben und die werden so hoch sein, dass kein Fonds sie bezahlen kann.
Er als Vertreter ökologisch wirtschaftender Landwirte steht zu der Devise: Sauber bleiben, vor allem in Sachsen-Anhalt. Das Land genießt als Getreideproduzent einen hervorragenden Ruf und den sieht Jochen Dettmer durch die Gentechnik gefährdet.
Mais ist nur der Versuchsballon. Wir wissen von Innoplanta, dass in der Schublade schon andere Kulturpflanzen lauern und beim Mais geht es nur darum zu testen, wie eine grundsätzliche Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den Bauern ist oder auch nicht ist.
Noch muss Verbraucherschutzministerin Renate Künast das Gentechnik-Gesetz durch einige Verordnungen ergänzen, noch steht nicht fest, wie viele Meter Abstand zwischen BT-Maisfeld und konventionellem Maisfeld eingehalten werden müssen. Christel Happach-Kasan, die Gentechnik-Expertin der FDP, warnt derweil auf der Grünen Woche davor, dass Deutschland in der Forschung Arbeitsplätze und Anschluss verliert. Für viele mittelständische Saatgutunternehmen seien die vielen Auflagen und strengen Haftungsregeln nicht hinnehmbar.
Für diese ist es unter diesen Gesetzesbedingungen extrem schwierig, Freisetzungsversuche durchzuführen mit Organismen, die natürlich noch nicht zugelassen sind. Andererseits sind Freisetzungsversuche die Voraussetzung dafür, dass sie zugelassen werden. Und wenn sie dann mit diesen Haftungsbedingungen konfrontiert werden, dann ist das für viele Unternehmen so, dass sie mit ihren Forschungsabteilungen abwandern. Das tun sie auch. Das Unternehmen aus meinem Heimatland Schleswig-Holstein ist mit der Forschungsabteilung nach Kanada ausgewandert.
Wird also 2005 noch nicht das Jahr, in dem im Märzen die ersten Bauern zum ersten Mal kommerziell gentechnisch verändertes Saatgut aussäen? Doch – denn das geschäftliche Interesse überwiegt die Risiken, bekennt Landwirt Harald Nitschke für sich und seine Mitstreiter:
Ich gehe davon aus, dass der Anbau zunehmen wird. Ich kenne auch Landwirte, die das wollen. Denn wir werden gegen den Maiszünsler, der nun mal da ist, dieser Schädling, nichts anders machen können. Wir machen’s ja nicht nur, um der Gentechnik zum Durchbruch zu verhelfen. Wir machen es aus der Not heraus, weil wir sagen: Wir müssen ein Mittel gegen Schädlinge oder andere Dinge haben.