Archiv


Was wird aus der einzigen Marke des Deutschen Films?

Schossig: Die geplante Übernahme des Studios Babelsberg durch Studio Hamburg wird immer mehr zu einem Politikum. Gerüchte und Spekulationen über die Verkaufsverhandlungen der wie man so schön sagt 'einzigen Weltmarke des deutschen Films' reißen nicht ab, der derzeitige Besitzer (der französische Konzern Vivendi) will die Babelsberger Filmwerkstätten zwar schon seit langem abstoßen, jetzt aber könnte alles sehr schnell gehen. Frage an Josef Schnelle: Man hört, sogar zwei Bieter stünden jetzt zur Übernahme bereit, andererseits hieß es am Wochenende wieder bei Vivendi in Paris, das Rennen sei nach wie vor völlig offen. Wie ist denn der Stand, droht gar eine feindliche Übernahme?

Josef Schnelle im Gespräch |
    Schnelle: Das Studio Babelsberg hat ja nie richtig eingeschlagen. Man hat es immer wieder versucht, aus dem großen traditionsreichen Ufa-Studio, danach DEFA-Studio, daraus ein Filmstudio klassischer Prägung zu machen mit festangestellten wichtigen Mitarbeitern, die dann das ganze Jahr über beschäftigt werden müssten und ich glaube, dass die Zeiten solcher großen Studios einfach ein bisschen vorbei sind. Deswegen jetzt der zweite oder dritte Versuch, die finanziellen Schwierigkeiten, in die das Studio gerät, durch neue Übernahmen abzuwenden. Zum ersten mal jetzt, da Studio Hamburg im Gespräch ist, die in Hamburg eine sehr erfolgreiche Arbeit machen und ja noch ein zweites kleineres Studio in Berlin haben: Adlershof, das ist das ehemalige DDR-Fernsehgelände. Da sehe ich zum ersten Mal eine realistische Chance, dass da wieder was passiert.

    Schossig: Das Studio Babelsberg-Management sei bisher nicht durch unternehmerischen Ehrgeiz aufgefallen, sagte neulich der NDR-Intendant Jobst Plog bei der jüngsten ARD-Intendantentagung. Liegt also hier im Betriebswirtschaftlichen das Hauptproblem und könnte der NDR sozusagen seine Hand darüber halten, würde das etwas ändern?

    Schnelle: Ich glaube, die müssen die Richtung ändern. Man hat ja bisher versucht, möglichst riesige Großproduktionen nach Babelsberg zu holen, womöglich sogar aus Hollywood, 'Mission Impossible' wurde da jetzt gedreht, 'Der Pianist', eine Produktion, an der viele teilgenommen haben, die Bourne-Verschwörung, Franka Potente hat da mitgespielt, aber es war ein Hollywoodfilm. Also so ganz groß, wirklich mit Hollywood zu konkurrieren, das ist vielleicht der falsche Weg gewesen. Studio Hamburg ist ja im Wesentlichen ein Ort für Fernsehproduktionen und im Unterschied zum Film, wo wir eigentlich nur eine Einzelstückfertigung in Deutschland und Europa haben, gibt es im Fernsehbereich so eine richtige quasi-industrielle Produktion und entsprechende Kapazitäten. Das ist der andere Weg und der ist besser.

    Schossig: Der frühere Babelsberg-Chef, Filmregisseur Volker Schlöndorff, meint ja aber, dass nur durch eine Konzentration auf diese großen Kinoproduktionen eine Zukunftsperspektive für Babelsberg gegeben sie und befürchtet, dass der TV-Bereich künftig zulasten dieser Spielfilmproduktion ausgebaut werden könne. Aber hat Babelsberg überhaupt im globalen Wettbewerb ausreichende Kapazitäten zu bieten?

    Schnelle: Volker Schlöndorff in Ehren, aber er hat es ja selber gegen die Wand gefahren als Studiochef und es ist eigentlich nicht viel passiert außer seiner eigenen Großproduktion. Da fischt man in einem großen Teich, wo viele mitspielen und wo es jetzt noch neue Mitspieler gibt. Es ist ja bekannt, dass die Studios in Prag und Budapest ihre Restkapazitäten natürlich zu einem ganz anderen Preis anbieten können und auch Arbeitskräfte. Jetzt gibt es einen großen Investor, Andrew Vajna, der 'Terminator 3' und solche Dinge macht. Der will in der Nähe von Budapest ein 40 Quadratmeter großes Studio mit Unterwasserdreharbeiten und allem Pipapo machen, weil er da Förderungen sieht. Da kommt noch ein riesiger Konkurrent darauf zu. Wo sollen denn diese großen Filme denn sonst noch gedreht werden? In Australien gibt es Gelände für Großproduktionen. Alle locken die wenigen hundert Filme, ein paar werden sicher auch noch in Amerika gemacht. Das ist glaube ich kein erfolgversprechender Weg und wird immer aussichtsloser.

    Schossig: Also bleibt das kleine Fernsehstudio Babelsberg übrig und es müssen laut McKinsey 130 Stellen abgebaut werden. Wäre das die Zukunftsperspektive diese legendären Studios?

    Schnelle: Ja, wenn es überhaupt erhalten werden kann und nicht zum Funpark für Kinder wird, was es ja zum Teil schon ist.

    Schossig: Das war Josef Schnelle zu den Verkaufs- beziehungsweise Übernahmeplänen für die Filmstudios Potsdam-Babelsberg.