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Washington dreht Universitäten den Hahn zu

Von den Etatkürzungen im Weißen Haus sind auch Zehntausende Hochschüler betroffen. Stellen für Hilfskräfte werden gestrichen und die meisten Studenten müssen mit weniger staatlichen Zuschüssen und Darlehen rechnen. Auch Forschern drohen massive Einbußen.

Von Gunnar Schulz-Burkel | 11.03.2013
    Die meisten der zweieinhalbtausend Studierenden des Stonehill College in der Nähe von Boston erhalten finanzielle Hilfen. Kein Wunder, denn die Studiengebühr liegt bei rund 35.000 Dollar im Jahr. Umgerechnet sind das fast 27.000 Euro. Lenna Dwyer bekommt eine Beihilfe vom Staat, dafür muss sie als Tutor arbeiten.

    "Von dem Geld kaufe ich Bücher fürs nächste Semester und spare ein bisschen was für Studienreisen oder Veranstaltungen."

    Aber die Planungen kann sie jetzt über den Haufen werfen. Weil sich Präsident Obama und die Republikaner im Kongress nicht über Etateinsparungen einigen konnten, wurden die Haushaltskürzungen in Kraft gesetzt.

    Betroffen, so teilte das Weiße Haus mit, sind mindestens 33.000 Hochschüler wie Lenna, die als Hilfskräfte an Unis arbeiten. Sie bekommen jetzt keinen Cent mehr.

    Das wirft auch die Pläne von Matt Suckow durcheinander. Er hatte eine Stelle als Aushilfslehrer in Aussicht und sollte dafür Geld vom Erziehungsministerium in Washington erhalten.

    "Ich befürchte, dass es nun weitaus weniger Stellen für Aushilfslehrer geben wird."

    Erstsemester, die sich bereits immatrikuliert haben, wurden von den meisten Unis gewarnt, dass sie mit weitaus weniger Zuschüssen und Darlehen rechnen müssen.

    Mike Famighette ist zuständig für Beihilfen am Babson College, einer Wirtschaftshochschule.

    "Wir haben bereits die Briefe rausgeschickt und den Studenten mitgeteilt , dass es eng werden wird. Wir haben nun mal nur soviel Geld, wie wir auch rein bekommen."

    Es geht aber nicht nur um Beihilfen und Zuschüsse für Studenten.
    Unis haben Angst, dass sie Forschungen nicht weiter finanzieren können. Denn viele Hochschulen erhalten kräftige Dollarspritzen aus Washington. Nicht selten von Ministerien, in deren Auftrag sie wissenschaftlich arbeiten. Das reicht vom Verteidigungs- bis hin zum Gesundheitsministerium.

    Sam Kesner promovierte gerade an der Harvard Uni. Der Krebsforscher sollte eigentlich Gelder vom Nationalen Gesundheitsinstitut in der Nähe von Washington bekommen.

    Der Brief, den er vor ein paar Tagen erhielt, war kurz und knallhart.
    Wir rechnen damit, dass es für alle Forscher weitaus weniger Geld geben wird, heißt es da. Das bedeutet, konkurrierende Institute werden genau unter die Lupe genommen und nur wer am besten abschneidet bekommt noch Zuschüsse. Die anderen gucken in die Röhre.

    Kesners Bericht, in dem er die Notwendigkeit seiner Forschung begründet hat, wird eventuell gar nicht mehr berücksichtigt. Damit fallen auch die fünf Stellen weg, die er für sich und sein Labor beantragt hat. Insgesamt rechnete er mit Wissenschaftsgeldern für fünf Jahre.

    "Wenn die Politiker in Washington sich im Haushaltsstreit nicht einigen, kann das meine ganze Karriereplanung über den Haufen werfen. Das stresst natürlich ein bisschen."

    Rich Doherty von der Vereinigung unabhängiger Hochschulen kann über die Politiker auch nur noch den Kopf schütteln. Die liegen nun bereits seit Monaten im Clinch und scheren sich offensichtlich einen Dreck darum, welche Auswirkungen das im Land hat. Er befürchtet gar, dass viele Studierende das Handtuch werfen und die Besten lieber an die Wall Street gehen und Banker werden, statt zu forschen.

    "Denn wer ein Semester aussetzt, weil er nicht das Geld hat, wird es nicht einfach haben, wieder Anschluss an der Uni zu finden."

    Langfristig gesehen, glauben Bildungsexperten, werden Beihilfen höchstwahrscheinlich noch weiter sinken.

    Im Klartext: Washingtons Politiker demonstrieren eines - Bildung und Forschung kratzen sie eigentlich relativ wenig. Und das ist das Erschreckendste an diesem Streit.