Nach Gletscherabbruch
Wasser am gestauten Fluss in der Schweiz sinkt weiter

Nach dem Gletscherabbruch in der Schweiz gehen die Wassermassen des aufgestauten Gebirgsflusses langsam zurück.

    Eine Luftaufnahme, aufgenommen einen Tag nach einer gewaltigen Lawine, die durch den Absturz des Birchengletschers ausgelöst wurde.
    Ein Grossteil des Dorfes Blatten im Lötschental im Kanton Wallis wurde unter Massen aus Eis, Schlamm und Fels begraben. Das Geröll staute den Fluss Lonza auf. (picture alliance / Keystone / Jean-Christophe Bott)
    Der zuständige Kantonsgeologe sagte bei einer Pressekonferenz in Ferden im Lötschental, der Pegelstand des neu gebildeten Stausees sei innerhalb eines Tages um einen Meter gesunken. Das Wasser der Lonza laufe über den Schuttkegel nur langsam ab. Dies sei aber gut so, weil damit das Risiko sinke, dass Material weiter ins Tal rutsche.
    Mitte der Woche war ein großer Teil des Birchgletschers abgebrochen. Eine Gerölllawine überrollte das zuvor evakuierte Dorf Blatten. Wegen der Stauung des Flusses hatten die Behörden zwischenzeitlich befürchtet, dass eine Flutwelle oder Geröll weitere Dörfer weiter unten im Tal treffen könnte.

    Wissenschaftler: "Kein zwingender Zusammenhang mit Klimawandel"

    Der Glaziologe Matthias Huss von der ETH Zürich sagte im Deutschlandfunk, der Gletscherabbruch müsse nicht zwangsläufig mit dem Klimawandel zu tun haben. Allerdings sehe man in den letzten Jahren eine Häufung ähnlicher Ereignisse. Huss betonte im DLF, dass ein ganzes Dorf durch einen Gletscherabbruch verschwinde, sei auch für die Schweiz absolut ungewöhnlich; das habe es so noch nie gegeben. Ob der Mensch durch den Klimawandel dafür verantwortlich sei, könne man zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht sagen.

    "Kaskade von Ereignissen"

    Es habe eine ganze Kaskade von Ereignissen gegeben, meinte Huss. Begonnen habe es damit, dass ein Berggipfel oberhalb des Gletschers instabil geworden sei. Dieser Gipfel sei dann kollabiert und habe sich auf dem Gletscher abgelagert. Der Gletscher wiederrum sei durch das zusätzliche Material aus dem Bergsturz instabil geworden und ins Tal gerutscht.
    Die genaue Ursache, warum der Berggipfel instabil geworden sei, müsse man noch erforschen. Es sei durchaus möglich, dass dies eine Folge des Klimawandels sei; gerade in hohen Lagen würde der Permafrost die Felsen zusammenhalten. Der Glaziologe sagte weiter, es scheine, dass dieser Prozess immer häufiger geschehe. Allerdings habe es ähnliche Ereignisse auch schon in Urzeiten gegeben.

    Bergsteiger müssen sich gründlicher vorbereiten

    Der Experte für Klimafragen beim Deutschen Alpenverein, Hipp, sieht durch die Folgen des Klimawandels insgesamt eine Zunahme der Gefahren wie Steinschlag und Felsstürze. Die Alpen seien durch den Klimawandel und die damit einhergehende Erwärmung im Ungleichgewicht und würden instabil. Man müsse davon ausgehen, dass Ereignisse wie im Lötschental weiter zunehmen.
    Wie groß die Gefahr für Bewohner und Wanderer in den Alpen sei, hänge stark davon ab, wo man sich bewege. Hipp sagte, der normale Bergwanderer, der sich nicht im Hochgebirge bewege, müsse sich weniger Sorgen machen. Aber schon in Lagen ab 2.000 Metern Höhe sehe man einen klar belegten Zusammenhang zwischen der Zunahme der Gefahren und dem menschengemachten Klimawandel. Im Gebirge werde es immer gewisse Gefahren geben, ihre Wahrscheinlichkeit nehme durch den Klimawandel aber zu.
    Diese Nachricht wurde am 01.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.