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Wasser marsch?

Astrophysik.- Es gleicht einer wissenschaftlichen Sensation: Gleich vier Raumsonden haben vor wenigen Monaten Wasser auf dem Mond nachgewiesen - unabhängig voneinander. Damit kommt mindestens eine neue Frage auf: Wo kommt es her, das Wasser?

Von Guido Meyer | 28.12.2010
    "Das Wasser auf dem Mond ist nicht flüssig, es ist auch nicht fest oder gasförmig. Es handelt sich dabei um Wassermoleküle. Eine nur aus wenigen Molekülen bestehende Schicht liegt wie ein Millimeter dünner Film auf der Mondoberfläche."

    Jessica Sunshine von der University of Maryland aus dem Deep-Impact-Team der US-Weltraumbehörde NASA. Diese Raumsonde hatte 2010 das lunare Wasser nachgewiesen, genauso wie die amerikanische Raumsonde Cassini sowie Indiens Chandrayaan-1-Mond-Sonde, alle unabhängig voneinander.

    "Wir reden immer noch von einer Landschaft, die trockener ist als jede Wüste auf der Erde. Wenn wir eine Zwei-Liter-Flasche mit Mondstaub füllen würden, könnten wir nur einige winzige Tropfen Wasser daraus gewinnen."

    Schnell fand sich eine Theorie, wie das Wasser auf die Mond-Oberfläche gekommen sein soll: Demnach sollen Wasserstoff-Protonen mit dem Sonnenwind ständig auf den Mond geblasen werden. Sie würden sich mit dem im Regolith, im Mondstaub gelösten Sauerstoff zu Wasser verbinden.

    Auf den ersten Blick erscheine diese Theorie ganz plausibel, aber in der Praxis funktioniere es so nicht, so der Einwand des Physikers Raúl Baragiola vom Labor für atomare und Oberflächenphysik der Universität von Virginia in Charlottesville. Er und sein Team nämlich haben die Situation in einem Sandkasten nachgebaut. Die auf dem Mond am häufigsten vorkommenden Mineralien Ilmenit und Anorthit stellten in diesem Modell die Mondoberfläche dar. Dieses Gemisch hat Baragiola mit Wasserstoff-Protonen mit einer Geschwindigkeit von einem Kilometer pro Sekunde beschossen. Dies entspricht etwa dem Sonnenwind. Gemäß der Vorhersage hätte sich der Wasserstoff H mit dem in den Mondmineralien gelösten Sauerstoff O zu H2O verbinden sollen.

    Nicht nur entstehe bei diesem Prozess kein Wasser, sondern, im Gegenteil: Jegliche möglicherweise im Mondstaub bereits vorhandenen Wassermoleküle würden durch den Beschuss aus dem All vernichtet, so die Wissenschaftler.

    "Aus früheren Experimenten wussten wir, dass die Wasserstoff-Protonen der Sonne den Sauerstoff aus dem Mondstaub herausschlagen können. Er verschwindet dann ins Vakuum des Weltraums. Diese sogenannte Reduktion verhindert geradezu die Entstehung von Wasser. Wir konnten zeigen, dass sich die im Mondstaub verbliebenen Sauerstoff-Atome eher mit Silizium oder Magnesium zu Silikaten verbinden als mit dem solaren Wasserstoff H2O zu bilden."

    Bereits nach 24 Stunden hatte der Beschuss durch den Wasserstoff aus dem Sonnenwind jegliche Spuren von Wasser im Sandkastenmodell vernichtet. Bleibt also die Frage:

    "Wie kommt das Wasser in den Mondstaub? Nun, einerseits könnte es durch den permanenten Einschlag eishaltiger Meteoriten immer wieder auf die Oberfläche gebracht werden. Andererseits könnte sich Eis aus Kratern über die Oberfläche ausbreiten und somit in den Mondstaub eindringen."

    Die amerikanische Raumsonde LCROSS hatte 2010 nachgewiesen, dass sich an den Innenwänden von Kratern an den Polen des Mondes Eis befindet. Kometen oder Meteoriten dürften es auf den Mond gebracht haben. Bislang hatten die Wissenschaftler zwischen dem Wasser im Mondstaub und den Eisvorkommen an den Polen keinen Zusammenhang gesehen. Diese Sichtweise könnte sich nun ändern.