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Wasser sparen tut not

Um die Erdbevölkerung auch noch im Jahr 2050 mit Wasser zu versorgen, müsste bis dahin die dreifache Menge zur Verfügung stehen. Lösungen für den drohenden Wassermangel wollten internationale Fachleute und Entscheidungsträger auf der Weltwasserwoche in Stockholm finden.

Von Alexander Budde | 21.08.2009
    140 Liter Wasser für eine Tasse Kaffee, 10.000 Liter für eine Jeans. Mit seinem Konzept des "virtuellen Wassers" zielt der britische Forscher Anthony Allan auf Europas mündige Verbraucher. Dahinter steckt der Gedanke, dass Konsumenten durch Steuern und Preisaufschläge die Wasserkosten in trockeneren Regionen mittragen sollten. Denn rechnet man ein, wie viel Wasser in den Anbau eines Nahrungsmittels und den anschließenden Transport geflossen ist, macht die Kosten-Nutzen-Kalkulation oft kaum noch Sinn.

    "Es gilt, den Leuten bewusst zu machen, wie viel Wasser in ihrer täglichen Mahlzeit enthalten ist. Vegetarier begnügen sich mit 2,5 Kubikmeter am Tag, doch wer viel Fleisch verzehrt, kommt leicht auf fünf Kubikmeter. Durch eine schlichte Änderung der Lebensgewohnheiten - nämlich weniger Fleisch zu essen - lässt sich also die Hälfte sparen. Die Menschen sind gesünder und der Planet überlebt."

    70 Prozent der weltweiten Ressourcen werden in der Landwirtschaft verbraucht. Ein enormes Einsparpotenzial, meint Anders Berntell, Direktor des Stockholmer Wasserinstituts:

    "Wir müssen Wege finden, mehr Nahrung mit weniger Wasser zu produzieren. Das meiste Frischwasser versickert aus Kanälen oder verdunstet, ohne jemals die Pflanzen zu erreichen. Wir müssen uns auch die Frage stellen, ob wir Nahrungsmittel anbauen sollten, die dem lokalen Klima nicht angepasst sind."

    Auch kühne Umverteilungspläne sorgten in Stockholm für Gesprächsstoff, etwa der Gedanke, Wasser über weite Strecken aus wasserreichen in unterversorgte Regionen zu transportieren. In China werden Pipelines gebaut, Mexiko verhandelt mit Kanada, in Spanien leben einige Regionen schon lange auf Pump. Auch Shaddad Attili, als Chef der palästinensischen Wasserbehörde ein Verwalter des Mangels, sieht im Handel einen Weg aus der Wasserkrise:

    "Die Türkei bietet an, Wasser nach Gaza zu verschiffen. Pipelines könnten Israel und Palästina versorgen. Und mit der Entsalzung können wir Meerwasser verfügbar machen. Wir werden keine Kriege um Wasser führen. Aber wir alle werden einen höheren Preis für das knappe Gut zahlen müssen."

    Allen wohlmeinenden Resolutionen zum Trotz, die von einem Grundrecht für alle sprechen: Wasser ist längst zur Ware geworden. Da liegt es nahe, über eine Besteuerung nach Vorbild der Kohlendioxid-Lizenzen nachzudenken, die heute tagtäglich an den Börsen gehandelt werden. Hydrologen wie Anders Berntell können sich das vorstellen:

    "Beim Verbrauch der Industrie etwa müssen wir zu einer realistischeren Bewertung der Ressource kommen. Das würde sich auch in der Landwirtschaft bemerkbar machen. Wir werden aber auch um Nationen übergreifende Anstrengungen und Solidarfonds nicht herumkommen. Denn die armen Länder brauchen unsere Hilfe, um die nötige Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu finanzieren."

    Doch mit immer neuen Absichtserklärungen, die von einer Verhandlungsrunde zur nächsten weitergereicht werden, ist es nicht getan. Weltweite Partnerschaften zwischen öffentlichem und privatem Sektor werden in Stockholm gefordert, um technische Innovationen voranzubringen: Entsalzungsanlagen etwa, Kanalprojekte oder Saatgut, das der Trockenheit widersteht. Bislang werden die 500 Milliarden Dollar, die Regierungen alljährlich für den Wassersektor ausgeben, meist als Katastrophenhilfe nach Dürren und Sturmfluten gezahlt. Das Geld wäre beim gezielten Ausbau der Infrastruktur besser angelegt.