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Wasserbüffel in Deutschlands Kulturlandschaft

Um das Grünland in Deutschland ist es nicht gut bestellt. Die Förderpolitik der EU sparte diese Flächen bisher aus und die Zahl der Rinder nahm stetig ab. Bei der letzten Viehzählung im Mai diesen Jahres kam das Bundeslandwirtschaftsministerium auf knapp 14 Millionen Bullen, Kühe und Kälber – ein Rückgang zum Vorjahr um über vier Prozent. BSE und seine Folgen sowie steigende Milchleistungen dünnen die Tierbestände weiter aus. – Auf der Strecke bleiben landschaftsprägende Wiesen und Weiden. Will man sie erhalten, muss schwere Technik ran, was Steuermittel kostet. Die Alternativen sind rar, zumal auch die hoch subventionierten Schafherden immer kleiner werden. Einige Enthusiasten versuchen, aus dem Problem eine Tugend zu machen. Wasserbüffel, die aus dem Südosten Europas stammen, pflegen nicht nur ihre Weiden. Mit dem Fleisch und der Milch dieser scheinbaren Exoten erhoffen sie sich neue Einkommensmöglichkeiten, weiß Frank Hartmann zu berichten:

Frank Hartmann |
    Schnauf, Muh, ..., Sabina Komm, ... Büffel-ruf.... "

    Von Sabina stammte dieser Ruf. Die Wasserbüffelkuh ist trächtig und wiegt schätzungsweise 750 Kilogramm. Zu Hause ist sie auf den Weiden um Chursdorf, einem keinen Ort zwischen Leipzig und Chemnitz. Das kräftige, schwarze Tier trägt nach oben gebogene Hörner. Büffel entwickeln eine tiefe Zuneigung zu ihrer Bezugsperson. Bei Sabina ist das Manfred Thiele, Chef des Landgutes in Chursdorf. All seine 42 Wasserbüffel tragen Namen und erkennen ihn, sobald er auf die Weide kommt. Das sächsische Unternehmen hält insgesamt 570 Rinder, darunter 240 Milchkühe im Weidetrieb. Wasserbüffel hat Thiele zum ersten Mal in Italien kennengelernt, wo es heute gut 150 000 Exemplare gibt. Die ersten Tiere seiner Herde stammten aus Rumänien. Die Nachzucht entwickelte sich:

    Wir halten derzeit 41 Büffel. Insgesamt sind in den drei Jahren, seit dem wir Büffel halten, 20 Kälber geboren. Leider 14 männliche Tiere, die zwar auch nicht verkehrt sind, aber wir hätten weibliche für den weiteren Aufbau unserer Herde sehr viel notwendiger.

    In Europa schätzt man den Bestand der Wasserbüffel auf 400 000 – die Hälfte davon entfällt auf Rumänien. Weltweit sind es 180 Millionen. Die heutigen Büffel, die weder mit Rindern noch mit Bisons direkt verwandt und damit nicht zu kreuzen sind, stammen vom indischen Wildbüffel ab. Die Bezeichnung als Wasserbüffel beruht auf seiner Ansiedlung und Verbreitung in Fluss-, Schilf- und Sumpfregionen Asiens. Über die Jahrhunderte hinweg entwickelten sich zwei, durch ihre Nutzung definierte, Typen: Der Sumpfbüffel, der als Arbeitstier und Fleischlieferant dient und der Flussbüffel, der auf eine hohe Milch- und Fleischleistung hin gezüchtet wurde. Die genetische Veranlagung der Büffel setzt hier allerdings Grenzen, so dass die hohen Milch- und Fleischleistungen moderner Rinderrassen nicht erreicht werden können. Bulgarien, das in den letzten Jahrzehnten führend in der Büffelzucht ist, brachte mittlerweile einen eigenen Typus hervor. Dieser wird heute nach Asien und Mittelamerika exportiert, wie Prof. Aleko Alexiv, Vizepräsident des Weltbüffelverbandes, berichtet:

    Wir haben zunächst unsere Zuchtarbeit mit dem Mittelmeerbüffel begonnen, der auch auch in Deutschland gehalten wird, waren aber mit der Milchleistung nicht zufrieden. Wir haben daher den Mittelmeerbüffel mit der indischen Rasse Murrah gekreuzt, die eine hohe Milchleistung hat. Das Interessante daran ist, dass eine Rasse entstand, die heute sogar in Asien gefragt ist. Nachdem man genetisches Material aus Asien eingeführt hat, ist Bulgarien heute bereits in der Lage, dieses genetische Material in 13 Länder der Welt und nach Asien zu exportieren.

    In Deutschland grasen heute lediglich 700 Wasserbüffel. Die bisherigen Erfahrungen sprechen für eine Ansiedlung des Tieres auf extensiv oder ökologisch bewirtschaftetem Grünland. Nachgewiesen ist seine Robustheit und Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten. Entscheidende Eigenschaften sind zum einen die Langlebigkeit von bis zu 25 Jahre. Zum anderen ist es das Verdauungssystem des Wasserbüffels, das dem der modernen Rinder überlegen ist. Der deutlich größere Pansen setzt energiearmes Futter wirkungsvoll um. Die Milch weist bis zu 70 Prozent weniger Cholesterin auf. Der Muskelanteil des wohlschmeckenden Fleisches ist höher. Auf benachteiligten Standorten, wie sie Manfred Thiele bewirtschaftet, aber auch auf feuchten und moorigen Weiden, finden Wasserbüffel hierzulande gute Bedingungen. Auch wenn sie nur 2 000 Liter Milch im Jahr geben, setzt Manfred Thiele weiterhin auf Wasserbüffel:

    Wir sehen wirklich in der Büffelhaltung zukünftig auch eine gute Entwicklung für unseren Betrieb, weil wir hier eine Nische nutzen können, die derzeit in Deutschland wenig genutzt wird, die sich aber immer weiter auftut. Wir sehen, bedingt auch durch die hohen Zunahmen beim Büffel – wir erreichen bei Kälbern über 1 000 Gramm – doch auch eine gute wirtschaftliche Möglichkeit.