Archiv


Wasserzeichen im Äther

Informationstechnik. – Edle Schreibgrundlagen oder Banknoten unterscheiden sich seit langem vor allem durch ein Kennzeichen von billigem Kopierpapier und Falschgeldblüten: das Wasserzeichen. Doch auch zur Markierung weit weniger greifbarer Dinge können ''Wasserzeichen'' dienen, so etwa als dezente Informationsträger in Radiobeiträgen. Ein Verfahren dazu entwickelten jetzt Forscher am Fraunhofer-Institut für Integrierte Publikations- und Informationssysteme in Darmstadt. Dabei muss es nicht immer nur um einen Schutz vor Schwarzkopien gehen.

    Nicht überall sorgt etwa ein Kabelanschluss für die bestmögliche Empfangsqualität und so schränkt Rauschen und Verzerrung mitunter den Radiogenuss ein. Doch eine "geheime" Botschaft, die dabei mit ausgestrahlt wurde, ist davon unberührt. Gedacht ist diese Mitteilung vor allem für Computer, auf denen ein Mitschnitt der Sendung angelegt wurde. Das digitale Wasserzeichen, wie Forscher des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Publikations- und Informationssysteme in Darmstadt (IPSI) ihre Methode nennen, birgt Zusatzdaten, die dem Hörer Hintergrundinformationen zur aufgenommenen Sendung verschaffen. "Im Gegensatz zum Papier sollte das Wasserzeichen in einer Audiodatei für das bloße Ohr nicht wahrnehmbar sein. Um das digitale Wasserzeichen auswerten zu können, benötigt man dann eine eigene Software", erläutert Informatiker Martin Steinebach vom IPSI.

    Die im Idealfall unhörbare Zusatzinformation besteht aus robusten Bitfolgen, die bei der Produktion oder dem Ausstrahlen in die akustischen Signale eingebettet werden. Die Methode funktioniert nach denselben Prinzipien, mit denen etwa ein verrauschter Radiobeitrag über geeignete Filter aufgepäppelt und hörbar gemacht wird. So erzeugt ein beigefügte "geheime" Botschaft ein leichtes Rauschen, das stets auch das ursprüngliche Klangbild beeinflusst. "Die Entwicklung der digitalen Wasserzeichen zeigt, dass es keine universelle Lösung dafür gibt. Vielmehr müssen wir für jede einzelne Anwendung immer wieder neu bestimmen, wie groß seine Robustheit gegenüber Störungen und die dabei garantierte Klangqualität sein muss", beschreibt Steinebach die Gratwanderung bei dem Einfügen zusätzlicher Daten in Audiodateien. Um diese Fragen beantworten zu können, orientierten sich die Darmstädter Wissenschaftler stark an den Vorgaben des MP3-Standards: "So genannte psychoakustische Modelle, wie sie bei der MP3-Kompression verwendet werden, geben dazu gute Hinweise, denn moderne Wasserzeichenverfahren besitzen ganz ähnliche Abbildungen der menschlichen Wahrnehmung von Audiodaten."

    So zeigen die Algorithmen in exakten Hörgrenzen, Dezibel und Rauschabständen, wie sehr verschiedene Stellen etwa eines Musiktitels abgewandelt werden dürfen, ohne dass der Höreindruck nachhaltig gemindert wird. Benutzer der Methode können dann individuell entscheiden, wie viele Informationen sie in einem Audiostück unterbringen wollen und wie sehr es davon beeinflusst wird. In ihren aktuellen Programmen entspreche der Verlust an Klanginformation beim Anfügen des Wasserzeichens derzeit dem, was bei der Kompression mit MP3 verloren ginge, so Steinebach. Zwar könne ein Wasserzeichen nicht vor illegalen Kopien schützen, aber das müsse es auch gar nicht unbedingt: "Vielleicht ist es einem Urheber egal, ob sein Stück kopiert wird, aber es interessiert ihn, wie oft es weitergegeben wurde. Das kann er dann mit seinem Wasserzeichen ermitteln." Kein Wunder also, wenn sich mittlerweile Rundfunkanstalten und vor allem die Musikindustrie für das Verfahren interessieren. Erste Anwendungen dazu offeriert bereits Platanista, ein Spin-off-Unternehmen des ISPI.

    [Quelle: Peter Welchering]