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Web 2.0 für die türkisch-deutsche Generation

Eine Internetplattform will helfen, Vorurteile und Meinungsmache abzubauen. Deutsch-türkische Nachrichten heißt die Website, die es seit Dezember letzten Jahres gibt. Mit Informationen über die Türkei und über türkische und arabische Migranten in Deutschland wollen die Macher die verschiedenen Kulturen miteinander ins Gespräch bringen.

Von Vera Linß | 22.01.2011
    Für Erdschan Karakujun steckt hinter Vorurteilen von Deutschen und Türken gegenüber dem anderen vor allem eines: ein Kommunikationsproblem. Dafür macht er – in hohem Maße – die Medien verantwortlich. Denn, so der 31-jährige Deutschtürke, diese hinterließen eine Informationslücke.

    "Die Informationslücke besteht darin, dass wir Medien haben, die negativ über das Phänomen Integration berichten und wenn wir uns unser Portal anschauen, wir versuchen nicht, nur Positives darzustellen, sondern wir versuchen, die Debatte differenziert darzustellen. Wir versuchen nicht oberflächlich nur das Geschehen wiederzugeben, sondern wir gehen in die Hintergründe und schauen uns das soziale Phänomen an, das dahinter steckt und versuchen einen tiefer gehenden Blick in den Journalismus zu geben."

    Die Website "deutsch-tuerkische-nachrichten.de" gibt der Stadtsoziologe Karakujun gemeinsam mit dem Journalisten Michael Maier heraus. Beide sind stolz darauf, dass sie ihr Projekt schon lange vor der Sarrazin-Debatte geplant hatten.

    Karakujun bemüht sich als Geschäftsführer des Forums für interkulturellen Dialog schon seit Längerem darum, Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammenzubringen. Der Österreicher Michael Maier hingegen hat sich bislang einen Namen gemacht als Chefredakteur der "Berliner Zeitung" und später der "Netzzeitung". Wie er zu diesem Projekt gekommen ist, mag auf den ersten Blick nicht ersichtlich sein. Auf den zweiten aber schon.

    "Wie das halt immer ist: Oft bringt einen dann die dritte Partei zusammen. Und das waren in unserem Fall jüdische Freunde, weil es einen starken Austausch zwischen den Juden und Muslimen in Deutschland gibt und ich von der Netzzeitung her starke Beziehungen zu den Juden hatte und so kann man sagen, wurde klassisch deutsch-jüdisch-türkisch über Bande gespielt."

    Maier betreibt die deutsch-türkischen Nachrichten über seine IT-Firma Blogform. Fünf Mitarbeiter und etliche Freie beschäftigt er für die Website. Die Artikel erscheinen auf Deutsch, Türkisch und Englisch. Das Prinzip: Zum einen werden Inhalte, die einen Türkeibezug haben, aus dem Internet zusammengetragen und verlinkt. Ausgewählte Themen werden außerdem nachrecherchiert und vertieft. Michael Maier.

    ""Wir zapfen natürlich die klassischen Tageszeitungen, öffentlich-rechtlichen Sender, die, wenn man's mal in einer Aggregation sieht, machen die ja viel mehr über Migration und deutsch-türkische Themen, als in der Wahrnehmung erscheint. Wir haben auch aber auch ganz viele türkische Medien und wir haben sehr viele Blogs, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Es gibt mittlerweile ein gutes Dutzend von wirklich hochwertigen Quellen in Deutschland in deutscher Sprache zu deutsch-türkischen Themen, Migrationsthemen, die auch als Partner mit uns zusammenarbeiten."

    Zum Beispiel Blogs wie Migazin oder AggroMigrant. Außerdem gibt es eine enge Verzahnung mit Facebook.

    Die Themen auf deutsch-türkische-nachrichten.de reichen von der Imam-Ausbildung in Deutschland bis zur Frage: Verhindern Migrantenviertel die Integration? 20.000 Leser habe man bisher gewonnen, sagen die Macher. Jetzt wollen sie Sponsoren zu finden, damit sich das ambitionierte Projekt dauerhaft trägt.

    Dass dies nicht einfach ist, davon kann die Deutsche Presseagentur ein Lied singen. Die dpa hatte vor zwei Jahren deutsch-türkische Nachrichten ins Leben gerufen. Ohne Erfolg, erinnert sich dpa-Sprecher Carsten Wieland.

    "Das war ein Experiment und dieses Experiment wurde nicht angenommen. Insofern haben wir das jetzt erst mal eingestellt. Also mit anderen Worten: Das, was politisch, auch integrationspolitisch vielen wichtig war in den Vorgesprächen, im Interesse, hat sich dann doch herausgestellt war finanziell am Ende für viele es doch nicht Wert gewesen."

    Michael Maier und Erdschan Karakujun hingegen sind optimistisch, dass deutsche und türkische Unternehmer ihre Werbung gerade auf den deutsch-türkischen Nachrichten gut aufgehoben finden.