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Wechsel vollzogen

Der ehemalige Präsident der FU-Berlin, Dieter Lenzen, tritt seinen Dienst als neuer Präsident der turbulenten Uni Hamburg an - und er hat konkrete Pläne, was mit der Hamburger Universität passieren soll.

Von Verena Herb |
    "Ich glaube wirklich, dass diese Universität in ihrer Qualität unterschätzt wird. Wenn man sich in die Bereiche hineingibt, wenn man schaut, was an Forschungsleistung, was an Lehrleistung existiert, dann verdient diese Universität es, dass das sichtbar gemacht wird. Und sie verdient es, dass es weiterentwickelt wird. Das reizte mich. Es ist eine ähnliche Situation, wie ich sie in der Freien Universität vorgefunden habe, als ich vor etlichen Jahren dort angefangen habe."

    Dieter Lenzen wechselt aus der Hauptstadt nach Hamburg – als Nachfolger von Monika Auweter-Kurtz, die im Juni letzten Jahres den Präsidentenstuhl räumen musste. Kommunikation, das sei nicht gerade ihre Stärke gewesen sagt man von ihr – sie habe die Universität wie eine Managerin geführt, die mit einem autoritären Führungsstil so manchen anfänglichen Unterstützer vergrault und der Hamburger Universität damit nicht weitergeholfen hat. Unter der präsidialen Ägide von Lenzen soll sich das ändern.

    Die Wissenschaftsbehörde erhofft sich mit Lenzen einen Neuanfang:

    "Herr Lenzen hat einen exzellenten Ruf. Er ist ja schon jahrelang Mitglied am Präsidium der Freien Universität in Berlin und hat diese Hochschule nach oben geführt. Ähnliches versprechen wir uns natürlich auch für Hamburg. Die beiden Hochschulen sind ja ungefähr vergleichbar von der Größe her. Von der Exzellenz noch nicht ganz so."

    Das soll sich rasch ändern: Lenzen will den Imagewechsel der Uni rasch durchführen. Und das geht nun einmal nur mit ausreichenden finanziellen Mitteln. Der neue Präsident hat dafür in einem Kommuniqué mit der Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach einige Punkte festgelegt, die genau das festschreiben: Keine Kürzungen im Budget bis 2014, es wird eine GmbH gegründet, um zusätzliche Maßnahmen finanzieren zu können: Soll heißen, eine Art "Sondertopf", über den auch die Honorierung zusätzlicher Lehrkräfte abgewickelt werden soll, um eine verbesserte Betreuung der Studierenden und damit auch die Verbesserung der Lehre zu garantieren. Außerdem erhält die Uni Möglichkeiten, zusätzliche befristete Positionen für Juniorprofessuren, W2 Professuren und nach einer Änderung des Hamburger Hochschulgesetzes, auch Seniorprofessuren zu schaffen.

    Die Überarbeitung des Bachelor-Master-Systems hält er für geboten: Er plädiert für mehr achtsemestrige statt sechssemestriger Studiengänge. Nur dies könne eine fundierte Ausbildung erlauben, die den alten Magister- und Diplomstudiengängen ähnlich sei.

    Überhaupt wirkt Lenzen so, dass er sich verstärkt für die Belange der Studierenden einsetzen will. Für ihn persönlich gelte zwar, dass man Forschung und Lehre nicht gegeneinander ausspielen dürfe.

    "Aber wenn es so ist, dass es Prioritäten geben muss, dann hat die Lehre momentan ganz klar die Priorität. Denn wir sind in einer schwierigen Lage, was die Ausbildung der Studierenden angeht, was den doppelten Abiturjahrgang angeht. Umso wichtiger, dass nicht aus dem Normalbetrieb Geld herausgenommen werden müsste im Zweifelsfall, um das zu realisieren. Dann muss auch der Exzellenzwettbewerb ein bisschen zurückstehen."

    Er bezieht klare Position. Und er setzt auf Dialog. Seine erste Amtshandlung: Eine dreitägige Klausurtagung mit allen Dekanaten, um die Marschrichtung für die kommenden Monate festzulegen.
    "Es ist wichtig, dass in den nächsten Monaten gesehen wird, was diese Universität mit mir machen kann. Und was ich mit der Gemeinsamkeit der Lehrenden und Lernenden veranstalten kann, um diese Universität voranzutreiben."

    Erster Knackpunkt wird sein: die bauliche Entwicklung der Uni. Viele Gebäude sind marode und extrem sanierungsbedürftig. Die Diskussion geht nun darum: Zieht die Uni in einen kompletten Neubau in den Hafen, oder bleibt die Hochschule im städtischen Zentrum? Auch wenn das eine politische Frage sei – Lenzen erwartet, dass das Votum der Universität berücksichtigt wird. Der Hamburger Senat will bis Ende März, spätestens Anfang April eine Richtungsentscheidung fällen. Wie auch immer die Entscheidung ausfallen wird, mit Dieter Lenzen hat die Stadt einen selbstbewussten Gegenspieler.