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Wechselschritt

Seit 1984 gilt für Treppen die DIN-Norm 18065. Die Stufen sollen 17 bis 19 Zentimeter hoch sein. Doch weshalb sind alte Treppen in Norwegen oder Mexiko fast doppelt so hoch? Treppen sollen ganz praktisch Höhenunterschiede überwinden, aber sie sind auch Symbol. "Stufen des Lebens" hat sie der Dichter Hermann Hesse genannt.

Von Adolf Stock | 12.02.2011
    Treppen beflügeln die Fantasie, sei es als Heilige Stiege der Christenheit oder als Showtreppe im Berliner Friedrichstadtpalast. Sie sind Bühne und Sinnbild des Lebens zugleich, auch wenn Fahrstuhl und Rampe ihnen den Platz mehr und mehr streitig machen. Die Lange Nacht erzählt Geschichten vom Aufstieg und Abstieg, manchmal spielen sie in einem schäbigen Hinterhaus und manchmal in einem feudalen Schloss. Dichter und Architekten, Treppenbenutzer und Treppenforscher kommen zu Wort. Ein faszinierendes Kaleidoskop der Architektur- und Menschheitsgeschichte, das von Schönheit und Fortschritt erzählt und von unseren Wünschen und Ängsten.

    Auszug aus dem Manuskript:

    "Wenn man einmal erkannt hat, wie interessant Treppen sind, dass sie eben nicht nur technische Gebilde sind, dass ihre Konstruktionen interessant sind, sondern dass die Beziehung zum Menschen äußerst wichtig ist und die betreffende Bevölkerung reflektiert, dann lässt einen das Thema nicht mehr los. Die Treppen sind Spiegelbilder der Menschheitsgeschichte, von frühesten Zeiten an bis heute hin. Und wenn wir heute schrecklich langweilige Treppen haben, dann ist das auch ein Spiegelbild unserer Zeit." (Friedrich Mielke)

    Treppen benutzen wir täglich, und doch denken wir nur selten über sie nach. Friedrich Mielke hat sich ein Leben lang mit Treppen beschäftigt, er hat Bilder und Skizzen gesammelt, Studien verfasst und Studenten betreut. Ein Universalgelehrter, der all die praktischen Dinge über Treppen weiß und auch metaphorische Zusammenhänge kennt.

    "Ach ja, die Treppensymbolik, das ist ein weites Feld. Zum Beispiel, nehmen wir die Scala Santa in Rom, die Heilige Stiege, die man dem katholischen Ritus zufolge nur auf Knien erklimmen kann, also wo kein Schrittmaß wichtig ist. Diese Treppe hat achtundzwanzig Stufen, man fragt sich natürlich, achtundzwanzig, warum gerade diese Zahl? Aber wenn man in der Geschichte weit zurückgeht, vielleicht in das alte Mesopotamien, dann kommt man sehr schnell darauf, dass die 28 eine Mondzahl ist, dass die sumerischen Göttinnen dem Monde verbunden waren, und so spinnt sich ein langer Faden von den frühesten Zeiten bis zu unseren heutigen Gewohnheiten beziehungsweise bis zu unseren heutigen Bauweisen, ohne dass man allgemein davon weiß." (Friedrich Mielke)

    Arbeitsstelle Treppenforschung

    Wikipedia-Liste bekannter Treppen

    Potemkin-Treppe in Odessa

    Treppen beim Baunetz Wissen

    Treppenprojekt Marburg


    Auszug aus dem Manuskript:

    In Walter Benjamins Essay "Berliner Kindheit um Neunzehnhundert" wird die Stadt zum Labyrinth. Walter Benjamin flaniert in der Gegenwart, aber sein Weg führt ihn in die Vergangenheit, in das Land seiner Kindheit und in die bürgerlichen Treppenhäuser Charlottenburgs.

    "Vor allem aber die Treppenhäuser, die mit ihren Scheiben die alten waren, wenn sich auch im Innern, das man bewohnte, viel geändert hatte. Die Verse weiß ich noch, die nach der Schule die Intervalle meines Herzschlags füllten, wenn ich im Treppensteigen innehielt. Sie dämmerten mir von der Scheibe, wo ein Weib, schwebend wie die Sixtinische Madonna, einen Kranz in Händen haltend, aus der Nische trat. Die Riemen meiner Mappe mit den Daumen auf meinen Schultern lüftend, las ich ab: 'Arbeit ist des Bürgers Zierde / Segen ist der Mühe Preis'. Die Haustür unten sank mit einem Seufzen, wie ein Gespenst ins Grab, zurück ins Schloss. Draußen regnete es vielleicht. Eine der bunten Scheiben stand offen, und beim Takte der Tropfen ging es weiter die Treppe hinauf. Unter den Karyatiden und Atlanten, den Putten und Pomonen aber, die mich damals angesehen hatten, waren mir nun die liebsten, jene angestaubten aus dem Geschlecht der Schwellenkundigen, die den Schritt ins Dasein oder in ein Haus behüten. Denn sie verstanden sich aufs Warten. Und so war es ihnen eins, ob sie auf einen Fremden warteten, die Wiederkehr der alten Götter oder auf das Kind, das sich vor dreißig Jahren mit der Mappe an ihrem Fuß vorbeigeschoben hat."

    Treppen werden nicht nur benutzt, sie sind auch Erinnerungsspeicher. Sie können Geschichten erzählen oder zu Geschichten anregen. Mitte der 90er Jahre in Berlin Prenzlauer Berg. Die Schriftstellerin Tanja Dückers steht in einem Treppenhaus, das in ihrem Roman "Spielzone" beschrieben wird. Ein menschenleerer Ort, nur draußen ist ab und zu die Berliner S-Bahn zu hören.

    "Ich habe dieses Haus eben 1994 entdeckt, und da war das noch etwas wüster und unordentlich, jetzt ist schon ein bisschen aufgeräumt worden, aber zum Glück noch nicht so viel. Also erst mal fiel mir das natürlich auf als das letzte Haus vor der S-Bahn, genau in der Ecke vom Prenzlauer Berg, wo sich wenig Leute hin verirren, wer kennt schon die Sonnenburger Straße? Und ja ,Teile vom Vorderhaus stehen nicht mehr, da sind nur noch so Gerümpel-Ecken, in denen ich eines Tages eine, ja überdimensionierte Schaumstoff-Rübe fand, also die größer war als ich, aber ganz leicht, und solche obskuren Objekte fand am da zuhauf. Das war also wirklich, fand ich, ein toller Schauplatz. Und dann fiel mir gleich das Treppenhaus auf. Das Haus hat eben nur drei Stockwerke, das Treppenhaus geht bis in den fünften Stock. Und dann bin ich eben diese Treppen hochgegangen, die wohl von niemanden sonst betreten werden und die eben ins Nichts führen. Und da plötzlich entdecke ich, ja so ein quadratmetergroßes, das Bild eines, wie ich das gesehen habe, Zaren, der mitten auf die Tapete gemalt wurde. Ein großes Bild. Ich habe dann nachher sogar erfahren über einen Mieter hier, dass das Dracula sein soll. Und dieser Dracula guckt eben auf die zugemauerte Tür neben ihm. Und das war für mich dann auch so ein Inbegriff der Zustände so im Wende-Berlin oder kurz nach der Wende, wo man so viele obskure verschwiegene Plätze eben findet, aber auch die Freiheit besitzt, einfach mal auf die Tapete ein wirklich großes Bild zu malen, und dann flogen hier noch russische Landkarten herum und Kondome in verschiedensten Farben und Kekspackungen und Bierflaschen. Also, es war schon ein illustres Ambiente hier, und jetzt ist hier schon aufgeräumt worden. Aber den Zar oder Dracula gibt es hier noch und die zugemauerten Türen auch. Und hier wohnt eben auch niemand mehr, und eigentlich kommt hier niemand mehr vorbei. Also, das ist ja nun wirklich eine sehr private Ikone. Es ist ja keine öffentliche Ikone, muss man dazu sagen. Und dann, der Zar starrt eben auf diese zugemauerte Tür neben ihm, was sozusagen das Private noch einmal verstärkt und ihm auch so was Geheimnisvolles gibt, und dann denkt man natürlich auch, Dracula ist, glaube ich, ursprünglich aus Rumänien, also so was scheint natürlich auch mit. Und in meinem Roman, eine Figur aus Charlottenburg, der hierher zieht und sich sowieso ängstigt in dieser Gegend, der sagt dann eben Big Russe is watching you und fühlt sich von dem eben immer beobachtet, weil der auch so ein intensives ausgeprägtes Gesicht hat, und er fürchtet sich so ein bisschen vor dem. Und der könnte zumindest auch so ein bisschen die personifizierte Angst vor dem Ostblock einiger Westler darstellen. Ikonen sind ja oft für verschiedene Leute unterschiedlich auslegbar. Es gibt auch ein junges Mädchen in meinem Roman, das sich ausweint und den so ein bisschen für ihren Papi hält und so, die Eltern geschieden und Vater immer nie da gewesen, und dann spricht sie immer zu diesem Bild, der ist immer da und hört immer zu, der hat eine ganz andere Bedeutung für sie. Aber mich hat natürlich auch fasziniert, dass mitten in diesem ziemlich ruinösen Haus, was damals, als ich das entdeckt habe, noch ruinenhafter aussah als jetzt, eben dann doch so ein Bild, der hat ja ein Diadem auf der Stirn und so einen edlen roten Mantel mit so einem Pelzkragen an, dass also in diesem runtergekommenen Haus jemand versucht hat, wer auch immer das gemalt hat, sich irgendwie einen schönen Ort zu schaffen. Und der wird sich gedacht haben, hier kommt nie jemand vorbei und so, und insofern ist das schon eben so eine Privatikone."



    Literatur:

    Cleo Baldon, Ib Melchior: Stufen und Treppen. Stuttgart (Deutsche Verlags-Anstalt) 1991

    Walter Benjamin: Berliner Kindheit um Neunzehnhundert. Frankfurt am Main (Suhrkamp Taschenbuch) 2006

    Thomas Drexel: Neue Treppen. Konstruktion und Design. München (Callwey Verlag) 2000

    Tanja Dückers: Spielzone. Aufbau Verlag 2000 TB

    Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Frankfurt am Main (Insel Verlag) 2006

    Hugo Fischer/Barbara Weißgerber: Sicheres Begehen von Treppen. Ergonomische, psychologische und technische Aspekte. Dortmund/ Berlin (Schriftreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Fb 927) 2001

    Sigmund Freud: Die Traumdeutung. Frankfurt am Main (Fischer Verlag) 2005

    Nadja Gargulla, Christof Geskes: Treppen und Rampen in der Landschaftsarchitektur. Stuttgart (Ulmer Verlag) 2007

    Johann Wolfgang von Goethe: Italienische Reise. Frankfurt am Main (Insel Verlag) 1976

    Karl J. Habermann: Treppen. Entwurf und Konstruktion. Basel/Boston/Berlin (Birkhäuser Verlag) 2003

    Sigrid Hauser: Der Fortschritt des Erinnerns. Mit Walter Benjamin und Dani Karavan in Portbou. Tübingen/Berlin (Wasmuth Verlag) 2010

    Hermann Hesse: Das Glasperlenspiel. Frankfurt am Main (Suhrkamp Verlag) 2002

    Thomas Hürlimann: Der Sprung in den Papierkorb. Zürich (Amman Verlag) 2008

    Erich Kästner : Was nicht in euren Lesebüchern steht. Frankfurt am Main (Fischer Verlag)

    Walther Kiaulehn: Berlin. Schicksal einer Weltstadt. München (Biederstein Verlag) 1958

    Lederer/Ragnarsdóttir/Oei: Zurück in die Stadt, 1824 Rathaus Eppingen 2007. Berlin (Jovis Verlag) 2007


    Hermann Meyer: Zarte Empirie. Studien zur Literaturgeschichte. Stuttgart (Metzlersche Verlagsbuchhandlung) 1963

    Friedrich Mielke: Die Geschichte der deutschen Treppen. Berlin/München (Verlag Ernst und Sohn) 1966

    Friedrich Mielke: Handbuch der Treppenkunde. Hannover (Verlag Th. Schäfer) 1993

    Mark Mills: Die siebte Stufe. München (Karl Blessing Verlag) 2009

    Martin Mosebach: Ein Brunnen des Wissens. In: Milan Bulaty (Hg.) Bibliothek. Berlin (Berlin Verlag) 2010

    Eckart Peterich: Italien Band 2. Rom und Latium. München (Prestel Verlag) 1971

    Lionello Puppi: Andrea Palladio. München (Deutsche Verlags Anstalt) 1994

    Pierre Restany: In gewisser Weise erscheint hier die Welt zu Ende. In: Ingrid Scheurmann, Konrad Scheurmann (Hg.): Dani Karavan. Hommage an Walter Benjamin. Der Gedenkort "Passagen" in Portbou. Mainz (Verlag Philipp von Zabern) 1995

    Bernardin Schellenberger: Treppen. Stufen des Lebens. Würzburg (Echter Verlag) 1989

    Karla Schmidt: Das Kind auf der Treppe. München (Piper Verlag) 2010

    Brigit Schönau: Gebrauchsanweisung für Rom. München (Piper Verlag) 2004

    William Sleator: Das Haus der Treppen. Fünf junge Menschen kämpfen um ihr Leben. München (dtv Junior) 2004

    Catherine Slessor: Treppenhäuser. München (Callway Verlag) 2001
    Sabine Theis-Krömer: Treppen. Distanz und Verbindung. Hamm/Westf. und Leipzig (Artcolor Verlag) 1996


    Auszug aus dem Manuskript:

    Am Ende des 12. Jahrhunderts zeichnete Herrad von Landsberg eine Tugendleiter. Damals fasste die Äbtissin des Chorfrauenstifts Odilienberg im Elsass in ihrem Buch Hortus Deliciarum, was so viel heißt wie "Garten der Wonnen" heißt, das profane und religiöse Wissen jener Zeit zusammen, über das der Kunsthistoriker Bernardin Schellenberger schreibt.

    "Die Illustration ist deutlich von den byzantinischen Darstellungen der Himmelsleiter beeinflusst. Diesen Vorlagen sind die diagonal gestellte Leiter, die auf die aufsteigenden Menschen schießenden Dämonen sowie die hilfreichen Schutzengel entnommen. Ebenso gehören der am Fuß der Leiter kauernde Drache und die Hand Gottes, der die Lebenskrone bereithält, zu den üblichen Bildelementen. Neu ist, dass Personen verschiedenen Standes, Geistliche wie Weltleute, die Sprossen der Leiter hinaufsteigen, und dass die Erscheinung des Bösen im Gewand des Alltäglichen den Leserinnen deutlich vor Augen gestellt wird: Reichtum, Bequemlichkeit und sinnliche Begierde, verkörpert in der Burg, in Geld und Gold, in einem Ruhebett und einer schönen Frau, sind die Fallen des Bösen, die die himmelwärts Steigenden stürzen lassen."

    Die Sprossen der Himmelsleiter sind Tugendsprossen - wer den moralischen Ansprüchen nicht genügt, wird abstürzen.

    Auch die Völker Südamerikas und die Erbauer der Pyramiden haben Stufen mit Ehrfurcht gebaut. Ihre Treppen, erklärt Denkmalpfleger Gerd Weiß, haben einen festen Platz im religiösen Gefüge alter Kulturen.

    "Wenn wir an Ägypten denken, daran denken, wie die Pharaonen sich haben bestatten lassen, dann haben wir in der Frühzeit, in der altägyptischen Zeit eben auch diese Stufenpyramiden, die ja im Grunde auch eine Abtreppung bedeutet haben. Treppen sind ja in einer sehr vielfältiger Weise auch zu verstehen, da waren es eben tatsächlich Abtreppungen, die vielleicht auch baukonstruktiv mit zu verstehen sind, die aber zugleich auch bedeutet haben, dass sie natürlich vielleicht angedeutet haben, dass auch hier, dass was irdisch, mumifiziert erhalten werden sollte, enthoben wird in eine neue Sphäre, das ist ja bei den Ägyptern auch in den Totenbüchern natürlich sehr angelegt, gerade dieser Übergang von einer Welt in eine andere Welt. Und da könnte ich mir, vielleicht, wenn man diesen Gedanken einmal weiter spinnt, ich weiß nicht, ob das tatsächlich so nachgewiesen ist, aber da könnte man sich durchaus vorstellen, dass diese Stufenpyramiden vielleicht auch mit einer solchen Idee etwas zu tun haben."


    In Südamerika finden sich ähnliche Pyramiden, deren Treppen der Geophysiker Georg Maybaum bestiegen hat.

    "Die Besonderheit, die sich dann an diesen Bauten ergibt, ist die Besteigung der Bauten, sehr steil für mitteleuropäische Verhältnisse. Also der Auftritt und eben die Stufenhöhe ist extrem, und diese Treppen kann man dann besonders gut besteigen, wenn ungefähr in 45 Grad die Treppe hoch geht, das geht dann leicht und auch ein bisschen zügiger, das gilt für das herauf- und das heruntergehen, und der Vorteil dieser Methode eben immer im Winkel zu gehen ist zum einen die Geherleichterung und zum andern wendet man aber weder beim Heraufgehen noch beim Heruntergehen dem Gott eben Gesicht oder Rücken zu, insofern ist das nicht nur praktisch, sondern man hat auch einen religiösen oder transzendentalen Hintergrund.

    Das spielt ja heutzutage in der indigenen Bevölkerung Lateinamerikas eine große Rolle, dass man dem eben auch mit Ehrfurcht begegnet, wobei man natürlich feststellen muss, dass die heutige indigene Bevölkerung, wenn es die überhaupt noch gibt in dem Sinne, diese Technik nicht mehr beherrscht und offenbar eben auch das, was dahinter steht natürlich nicht mehr verinnerlicht hat, sondern man muss schon jemanden fragen, der sich professionell damit beschäftigt hat, um Symbolik und eben Leichtgängigkeit der Treppe übereinander zu bringen. Wir haben das gelernt von einen unserer Professorenkollegen aus Cuernavaca, der gesagt hat, wenn ihr das macht, geht es gut. Und natürlich fällt es dem Europäer viel, viel leichter, weil wir ja einfach nicht so gedrungen gewachsen sind wie die Mayas, insofern können wir da viel, viel schneller hochgehen als diejenigen, die da wohnen. Man muss da vielleicht auch die Höhe, die Höhenlage dieser Bauten nicht vergessen und natürlich die klimatischen Bedingungen, die einfach das leichte Gehen erzwingen, weil man es sonst gar nicht auf die Gebäude, die ja hundert, hundertfünfzig Meter teilweise hoch sind, gar nicht schaffen würde.

    Steil, ich sage mal um die 45 Grad, also für eine normale innen- oder außenläufige Treppe viel zu stark geneigt. Ich schätze mal, dass man so 30 Zentimeter-Stufen hat, vielleicht auch 35. Und das ist nicht nur am Gebäude selber, auch wenn man durch den Urwald geht, dann muss man auf das Gebäude zugehen, auch diese Treppen sind eben so steil angeordnet. Das braucht dann eben auch eine gewisse Breite, sonst macht das Wechseln der Richtungen natürlich keinen Sinn oder funktioniert gar nicht."


    Zitate in der Langen Nacht aus:

    Walter Benjamin: Berliner Kindheit um Neunzehnhundert. Frankfurt am Main (Suhrkamp Taschenbuch) 2006

    Eckart Peterich: Italien Band 2. München (Prestel Verlag) 1971

    Sabine Theis-Krömer: Treppen. Distanz und Verbindung. Hamm/Westf. und Leipzig (Artcolor Verlag) 1996

    Rainer Maria Rilke: Sämtliche Werke. Frankfurt am Main (Insel Verlag) 1955

    Brigit Schönau: Gebrauchsanweisung für Rom. München (Piper Verlag) 2004

    Thomas Hürlimann: Der Sprung in den Papierkorb. Zürich (Amman Verlag) 2008

    Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Frankfurt am Main (Insel Verlag) 2006

    Johann Wolfgang von Goethe: Italienische Reise. Frankfurt am Main (Insel Verlag) 1976

    Hermann Meyer: Zarte Empirie. Studien zur Literaturgeschichte. Stuttgart (Metzlersche Verlagsbuchhandlung) 1963

    Lionello Puppi: Andrea Palladio. München (Deutsche Verlags Anstalt) 1994

    Martin Mosebach: Ein Brunnen des Wissens. In: Milan Bulaty (Hg.) Bibliothek. Berlin (Berlin Verlag) 2010

    Walther Kiaulehn: Berlin. Schicksal einer Weltstadt. München (Biederstein Verlag) 1958

    Sigmund Freud: Die Traumdeutung. Frankfurt am Main (Fischer Verlag) 2005


    Bernardin Schellenberger: Treppen. Stufen des Lebens. Würzburg (Echter Verlag) 1989

    Pierre Restany: In gewisser Weise erscheint hier die Welt zu Ende. In: Ingrid Scheurmann, Konrad Scheurmann (Hg.): Dani Karavan. Hommage an Walter Benjamin. Der Gedenkort "Passagen" in Portbou. Mainz (Verlag Philipp von Zabern) 1995

    Hermann Hesse: Das Glasperlenspiel. Frankfurt am Main (Suhrkamp Verlag) 2002

    Erich Kästner : Was nicht in euren Lesebüchern steht. Frankfurt am Main (Fischer Verlag)


    Video:
    Diner for one
    Studio Komplett Video
    Produktion 1963




    Auszug aus dem Manuskript:

    Wenn von Philosophen und Dichtung die Rede ist, darf Hermann Hesse nicht fehlen, mit seinem berühmten Gedicht "Stufen" aus dem Roman "Glasperlenspiel".

    " Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
    Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
    Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
    Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
    Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
    Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
    Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
    In andre, neue Bindungen zu geben.
    Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
    Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
    Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
    An keinem wie an einer Heimat hängen,
    Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
    Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
    Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
    Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
    Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
    Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

    Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
    Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
    Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ...
    Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde! "


    Die Treppe beschreibt die Lebensabschnitte des Menschen. Auch deshalb hat uns Erich Kästner ermahnt, die Stufen des Lebens ernst zu nehmen.

    "Schaut, die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Ihr Leben kommt ihnen vor wie eine Dauerwurst, die sie allmählich aufessen, und was gegessen worden ist, existiert nicht mehr. Man nötigt euch in der Schule eifrig von der Unter- über die Mittel- zur Oberstufe. Wenn ihr schließlich droben steht und balanciert, sägt man die überflüssig gewordenen Stufen hinter euch ab, und nun könnt ihr nicht mehr zurück! Aber müsste man nicht in seinem Leben wie in einem Haus treppauf und treppab gehen können? Was soll die schönste erste Etage ohne den Keller mit den duftenden Obstborden und ohne das Erdgeschoß mit der knarrenden Haustür und der scheppernden Klingel? Nun- die meisten leben so! Sie stehen auf der obersten Stufe, ohne Treppe und ohne Haus, und machen sich wichtig."

    So schließt sich der Kreis. In dem Theaterstück "Geschichte einer Treppe" von Antonio Buero Vallejo scheitern ein Arbeiter und ein Angestellter in einem Madrider Mietshaus beim Kampf um Glück und Erfolg. Die Treppe wird zum Symbol der Hoffnungslosigkeit und zu einer Wiederkehr des immer Gleichen.

    Diner for one: "A good evening, Miss Sophie, good evening. Good evening, James. You're looking very well this evening, Miss Sophie."

    Jedes Jahr zu Silvester wird in bundesdeutschen Haushalten eine Treppe zum Kult. Sie führt vom Esszimmer in die obere Etage des Hauses. Buttler James und Miss Sophie feiern Geburtstag. Die Freunde sind schon tot, und James wird sie alle ersetzen.

    Dinner for one: "Is everybody here? They are all here waiting for you, Miss Sophie, yes. Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy and Mr. Winterbottom."

    Die Treppe als Symbol der ewigen Wiederkehr des immer Gleichen. Am Ende stolpern James und Miss Sophie die Treppe empor. So wie jedes Jahr, wenn die Feier vorbei ist.

    Dinner for one: "Are you going to bed? By the way, the same procedure as last year? The same procedure as every year, James. Well, I'll do my very best. Good night."