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Wechselstube der Nation

Münzen fremder Währungen lassen sich nach einem Auslandsaufenthalt bei der Bank meist nicht mehr in Euro umtauschen. Die Firma "Coin Co" in Geilenkirchen am Niederrhein wechselt nahezu jede ausländische Münze - und bringt sie sogar in ihr Ursprungsland zurück.

Von Julia Eikmann |
    "Das ist 'ne Ware. Man darf auch glaub ich gar nicht mehr, wenn man jetzt wie hier 1,5 Tonnen Ein- und Zwei-Cent-Stücke vor sich sieht, gar nicht drüber nachdenken, wie viel das wirklich wert ist. Das ist ne Ware die verarbeitet wird, die gezählt werden muss."

    Es ist nicht Dagobert Ducks Geldspeicher, aber Marinus Lass steht im Geld, genauer: zwischen einfachen Sperrholzkisten. Und in jeder Kiste schimmern Münzen in allen möglichen Größen und Prägungen. Der Geschäftsführer von "Coin Co" fährt mit beiden Händen durch einen Behälter mit Cent-Stücken, lässt sie sich durch die Finger rinnen.

    "Was wir hier machen ist, wir kaufen von gemeinnützigen Organisationen und Spendensammel-Gesellschaften deren Spendengelder, sortieren die und tauschen sie dann ein, hier zum Beispiel sind die On-Board-Sammlungen der Lufthansa, dass dann an Bord der Lufthansa-Maschinen auf Langstreckenflügen Spendenumschläge verteilt werden. Wir holen die in Frankfurt ab, öffnen die, schauen nach was drin ist, zählen die und abzüglich unserer Bearbeitungsgebühr bekommen dann die HelpAlliance die Erträge aus diesen Spendensammlungen."

    Diese Gebühr für das Abholen, Reinigen, Sortieren und den Rücktransport der Münzen in die Ursprungsländer beträgt 25 Prozent, bei Banknoten zehn Prozent. Ein Satz, für den die Kunden von "Coin Co" den Umtausch schwerlich selbst übernehmen könnten. Denn erst die Masse macht es so kosteneffizient.

    "Na gut, lohnen tut sich so etwas natürlich erst, wenn wirklich n paar Tausend Tonnen pro Jahr zusammen kommen, weil wenn man hundert Kilo ausländische Münzen hat, kann man die vielleicht noch sortieren, wird wochenlang erstmal benötigen um herauszufinden, was ist überhaupt noch einzutauschen und was nicht. Wenn man's dann sortiert hat, kann man vielleicht in der Schweiz, in Österreich in den umliegenden Ländern noch recht einfach tauschen, aber was macht man dann schon mit russischen Münzen?"

    In den frühen 80ern gegründet, sind inzwischen 120 Angestellte in sieben Ländern für "Coin Co" tätig. Die meisten von ihnen in der Zentrale in London, zwölf in der deutschen Niederlassung in Geilenkirchen.

    Hier werken sie in einer Welt zwischen Hightech und Handarbeit. Während die einen an modernsten Geldsortiermaschinen stehen, sitzen die anderen an großen Arbeitsplatten. Vor ihnen ausgebreitet ein Sammelsurium an unterschiedlichsten Münzen, die sie manuell auf
    Hunderte kleine Plastikdosen verteilen – sortenrein. Und ohne dass sie zwischendurch einen Katalog konsultieren müssten. Die zweieinhalbtausend eintauschbaren Münzen kennen sie aus dem Effeff.

    Wie viele Münzen und Scheine insgesamt über die Sortiertische und durch die Zählmaschinen scheppern, möchte Marinus Lass nicht verraten. Und auch über den Gewinn der Firma schweigt er sich aus.

    "Über Geld redet man nicht, heißt es da so gut."

    Diskretion ist eben oberstes Gebot, wenn vor allem gemeinnützige Organisationen und Banken den Kundenstamm bilden. Marketing und Werbung – bei "Coin Co" überflüssig.

    "Die 500 Firmen, die uns brauchen, die kennen uns."
    Sie kennen und vertrauen "Coin Co". Das müssen sie auch.

    "Unsere Kunden geben uns ungezähltes Geld und wissen auch gar nicht, was sie uns geben. Und das, was wir machen können ist ja, wir müssen ein größtmögliches Maß an Vertrauen haben und auch immer wieder schaffen, und das können wir nur, indem wir jeden unserer Schritte dokumentieren und unseren Kunden dann auch zugänglich machen."

    Dazu gehört zum Beispiel der aktuelle Wechselkurs, nach dem die Sammlungen getauscht werden. Unternehmerisches Risiko: Die Kurse können zwischen An- und Verkauf fallen. Ebenso die Kilopreise für Altmetall. Immerhin zehn Prozent aller Münzen werden von den Banken nicht mehr angenommen und müssen eingeschmolzen werden. Marinus Lass sieht kein Problem:

    "Das wird sich immer ausgleichen, mal gehen die Kurse hoch, mal gehen sie runter. Deswegen sehen wir da auch nicht das große Risiko, wenn da eines unserer 165 Länder abgewertet wird."

    Manche Währungen, zum Beispiel aus Afrika, laufen nur selten und in kleinerer Stückzahl bei "Coin Co" auf. Sie müssen lange gelagert werden, bis sich die Rückführung überhaupt lohnt.

    Coin Co beweist Sitzfleisch. Und lässt sich so leicht nicht aus der Ruhe bringen. In die Sammelboxen wird trotz Finanzkrise weiter Münzgeld gespendet. Auch die Ausweitung des Euro und damit der Rückgang der Anzahl von Fremdwährungen ist für die Firma überhaupt kein Problem - denn bei jeder Euroumstellung finden sich wieder etliche alte Münzen in den Schubladen und Sofaritzen, die letztlich in den Händen der CoinCo-Sortierer landen. Bei der Euroumstellung 2002 gab es entsprechend auch den größten Wachstumsschub in der Firmengeschichte. Danach wurde es wieder etwas ruhiger, dennoch wächst der Kundenstamm. Und was macht die Konkurrenz?

    "Da wir einen Marktanteil von schätzungsweise 90 Prozent haben, wird es also ein Quereinsteiger oder jemand, der unsere Geschäftsidee kopieren möchte, sehr sehr schwer haben."

    Nicht einmal über Einbrecher macht sich Lass ernsthaft Sorgen. Die sollen sich ruhig für umgerechnet 30 Euro einen Bandscheibenvorfall beim wegschaffen der Münzen holen, sagt er: Am Ende müssten sie diese doch wieder bei "Coin Co" vorbei bringen, um sie sich eintauschen zu lassen.