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Wege aus der Asse

Im Atommülllagers Asse lagern noch immer 126.000 Fässer mit radioaktivem Abfall. Diese müssen aus dem Salzstock geräumt werden, denn das unterirdische Lager droht abzusaufen. Täglich dringen 12.000 Liter Wasser unkontrolliert in die Lagerräume. Experten haben sich scheinbar nun auf Grundsätzliches bei der Rückholung einigen konnten.

Von Susanne Schrammar | 20.01.2012
    Auf Initiative des Bundesamtes für Strahlenschutz, das für die Rückholung der Asse-Abfälle zuständig ist, haben 80 Experten aus Behörden und Ministerien zwei Tage lang in Workshops zusammengearbeitet. Und daraus sind für die Bewohner rund um das marode Atommüllager gleich mehrere positive Nachrichten hervorgegangen. Die Erste, so Bfs-Präsident Wolfram König: Geomechaniker und Hydrogeologen schließen einen spontanen Zusammenbruch des instabilen Grubengebäudes aus. Das verschafft dem Asse-Betreiber mehr Luft für das Ziel der Räumung. Doch es fließen weiterhin täglich große Mengen Wasser unkontrollierbar in das Salzbergwerk und der Gebirgsdruck sorgt für Verschiebungen von zehn Zentimetern pro Jahr, daher ist weiterhin Eile geboten, den Atommüll so bald wie möglich aus der Asse herauszuholen. Wolfram König:

    "Es gibt derzeit keine Erkenntnis, keine neue Erkenntnis, die eine Rückholung generell unmöglich macht, aber wir müssen alles nutzen, um schneller zu werden."

    Beschleunigungspotenziale sehen die Experten zum Beispiel durch die Errichtung eines zweiten Schachtes, der es ermöglicht, mehr Platz für Infrastruktur und technisches Gerät zu schaffen. Doch bislang kosten die Genehmigungsverfahren viel Zeit. Allein das Verfahren für den Schacht könnte sich fünf wertvolle Jahre hinziehen. Seit Monaten kommen Vorarbeiten der Räumung - das probeweise Anbohren zweier Einlagerungskammern - nicht voran, weil die strengen Genehmigungsauflagen nicht erfüllt werden können. Zum einen liegt das an rechtlichen Rahmenbedingen, auf der anderen Seite schienen auch Animositäten zwischen den beteiligten Behörden - BfS, Bundesumweltministerium und Landesumweltministerium - die Räumung zu verzögern. Mit dem Expertenworkshop scheint jetzt ein Durchbruch gelungen.

    "Wir haben hinsichtlich der Genehmigungsabfolgen Parallelarbeiten identifiziert, die gemacht werden können, um auch Genehmigungsverfahren besser aufsetzen zu können und das, was eigentlich praktiziert worden ist, heute ist das Entscheidende: Wir haben ein anderes Miteinander zwischen Antragsteller, Genehmigung, Aufsicht und Bürgerinteressen praktiziert und es hat sich gezeigt, dass man unter so einer konzentrierten Art der Diskussion wesentlich schneller auch zu Ergebnissen kommt. "

    Bürgerinitiativen hatten in den vergangenen Wochen klare Bekenntnisse der Politik für das Ziel der Rückholung des Atommülls gefordert. Nachdem bereits der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister, CDU und der neue Landesumweltminister Stefan Birkner, FDP, sich deutlich in den vergangenen Tagen für die Räumung der Asse ausgesprochen hatten, überbrachte die Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Ursula Heinen-Esser gestern auch eine Botschaft ihres Chefs:

    "Für Bundesumweltminister Norbert Röttgen ist die Rückholung der Abfälle absolut oberste Priorität. Deshalb ist es auch wichtig, jetzt darüber zu sprechen, wie wir noch schneller tatsächlich noch erreichen können."

    Eine der wichtigsten Stellschrauben, an denen die Politik für eine Beschleunigung drehen will: der juristische Rahmen. Seit 2008 gilt für die Asse das strenge und relativ unflexible Atomrecht. Die SPD hat sich für ein Schnellverfahren gemäß der Gefahrenabwehr ausgesprochen, Niedersachsens Umweltminister Birkner schlägt eine eigene Lex Asse vor. Das zuständige Bundesumweltministerium hat eine Prüfung und Bewertung aller Möglichkeiten zugesagt und will diese Anfang Februar vorlegen. Außerdem will Röttgen die Asse zügig besuchen, heißt es. Es sei wichtig, dass die Politik ihre Verantwortung sehe und eingreife, sagt der Landrat von Wolfenbüttel Jörg Röhmann, SPD, mahnt die Beteiligten jedoch zum zügigen Handeln und einem Festhalten an der Rückholung.

    "Wir sind freudiger Erwartung, dass der Bundesumweltminister zugesagt hat, einen entsprechenden Aufschlag in den nächsten Wochen zu machen, aber gleichzeitig sind wir besorgt, dass es eine neue Diskussion gibt, ohne dass sich daraus unmittelbar keine Handlungen ergeben."