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Weiblich, schön, rechts

Italien ist im Wahlkampf. In knapp einem Monat wird nach dem Regierungssturz von Romano Prodi im Februar ein neues Parlament gewählt. Eine Kombination aus schön und laut katapultiert die Politikerinnen des rechten Spektrums weit nach vorne im Kampf um einen Platz in den Medien. Kirstin Hausen berichtet.

    Eine Gruppe junger Frauen im Wahlkampf für den "partito democratico”: Die Demokratische Partei Italiens unter der Führung von Walter Veltroni ist aus einem Zusammenschluss linker und gemäßigter Kräfte hervorgegangen. Ihr Feindbild ist Daniela Santanché. Daniela Santanché ist Spitzenkandidatin von "La destra", einer Partei am rechten Rand des politischen Spektrums: Mitte 40, schlank, elegant gekleidet. Auf den Wahlplakaten trägt sie ihr Haar offen, bei Fernsehauftritten hat sie es meist im Nacken zusammengebunden, das wirkt strenger.

    "Ausländer ohne gültige Papiere müssen aus dem Land gejagt werden","

    erklärt Daniela Santanché jedem, der es hören will.

    ""Ich weiß nicht, was daran illegal sein soll, schließlich dürfen die sich gar nicht bei uns aufhalten. Mit uns gibt es für diese Leute und ihre Kinder weder Kindergartenplätze noch Krankenhausbetten. Nur die Notaufnahme werden wir noch offen lassen, aber auch dort werden die, die keine Papiere haben, nicht mehr frei herauskommen, sondern direkt außer Landes begleitet."

    Das wäre nicht konform mit der italienischen Verfassung, aber das ist auch nicht so wichtig. Im Moment geht es in Italien nicht um Legalität, sondern um Worte, um möglichst starke Worte. Und: Daniela Santanché spricht aus, was viele Italiener denken. Zum Beispiel dieser Restaurantbetreiber:

    "Die Rechte sagt nicht, dass sie keine Ausländer will. Sie will keine ohne Papiere. Wer ohne Aufenthaltsgenehmigung nach Italien kommt, der kommt nicht zum Arbeiten, sondern um Straftaten zu begehen."

    Davon ist er überzeugt, seitdem ihm sein marokkanischer Tellerwäscher ohne Papiere 100 Euro aus der Kasse stahl. Dass er sich selbst strafbar macht, indem er Immigranten ohne Papiere beschäftigt, interessiert ihn wenig. Ein Blick in die Küche reicht, um festzustellen, dass hier vor allem Ausländer arbeiten.

    "Zwei Chinesen, zwei aus Bangladesh, einer aus Sri Lanka, das wechselt ständig."

    Kein Einzelfall. Das Gastronomiegewerbe kommt ohne ausländische Arbeitskräfte gar nicht mehr aus. Die Jobs in der Küche sind anstrengend und schlecht bezahlt, junge Italiener wollen das nicht mehr machen. In der Landwirtschaft und in den Pflegeberufen das gleiche Bild. Und trotzdem bezeichnen die italienischen Politiker im Wahlkampf Ausländern fast immer als Belastung für das Gemeinwesen, und nur selten als eine Ressource. Mailands konservative Bürgermeisterin Letizia Moratti:

    "Wir brauchen eine Lösung, die dahin geht, dass nur noch Leute eingelassen werden, für die wir ein Dach über dem Kopf und einen Arbeitsplatz haben."

    Wie das im Detail umgesetzt werden soll, erklärt sie nicht. Und Vertreter der Linksparteien fragen nicht nach, weil sie knapp einen Monat vor den Wahlen bloß nicht als zu liberal gegenüber Einwanderern gelten wollen. Die Stimmung im Land ist aufgeheizt. In Großstädten nimmt die Angst vor Kriminalität teilweise hysterische Züge an. In einer Umfrage der Mailänder Handelskammer gaben acht von zehn Bürgern an, sich aufgrund der vielen Ausländer nicht mehr sicher zu fühlen. Dabei ist die Zahl der Gewaltverbrechen laut den amtlichen Zahlen des Innenministeriums in ganz Italien seit fast 20 Jahren rückläufig. Die Wahrnehmung ist aber eine andere:

    ""Vergewaltigungen sind groß in Mode. Gestern dort eine, heute hier eine, es werden immer mehr."

    "Das Ganze ist von den Medien aufgeblasen","

    glaubt Pierfranco, Barbesitzer an der berüchtigten Piazza Duca D`Aosta, dem Bahnhofsvorplatz. Hier lungern allerlei zwielichtige Gestalten herum, beileibe nicht nur Ausländer. Daniela Santanchés Versprechen, Ausländer ohne gültige Papiere davonzujagen, zieht trotzdem. Italien hat keine Tradition als Einwanderungsland. Im Gegenteil: Über Jahrhunderte suchten die Italiener selbst eine bessere Zukunft im Ausland. Sie reagieren verunsichert auf die steigende Zahl von Immigranten. Im Wahlkampf wird dieser Umstand weidlich ausgenutzt.