Frank-Walter Steinmeier hat sich viel von seinem Mentor abgeguckt - schon 1993 wird er zum Büroleiter des Ministerpräsidenten Gerhard Schröder, von 1999 bis 2005 arbeitet er eng an der Seite des Regierungschefs in Berlin: Sechs lange Jahre ist der heutige Außenminister als Kanzleramtschef Schröders rechte Hand, nicht nur im Lachen ähneln sich die beiden:
" Das kann man so und so sehen ... "
Zwei Männer von kräftiger Statur, zwei hemdsärmelige Typen, die sich gern als Zupacker geben, als volksnah:
An brandenburgischen Biertischen vermag Frank-Walter Steinmeier sein Diplomatendeutsch abzulegen. Ganz so locker wie Gerhard Schröder, der einst mit trockener Kehle nach einem kühlen Bier rief, ist der Außenminister zwar noch nicht, aber er arbeitet an seiner ganz persönlichen Gerd-Show. Die sollte letzten Sonntag durch einen gemeinsamen Auftritt mit einem besonderen Highlight gekrönt werden: "Die Reden von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder sind die Höhepunkte des diesjährigen Schorsenfestes der SPD Hannover" versprachen die örtlichen Genossen in der Einladung. Als der Minister wegen der Kaukasus-Krise absagen musste, kam auch der Alt-Kanzler nicht. Schröder dürfte dennoch noch einiges für Steinmeier tun. Gemeinsame Auftritte sind geplant. Dann wird man sie wieder vergleichen: Nicht nur in der Stimme sind sie sich sehr ähnlich, auch im Gestus verbindet Schröder und Steinmeier einiges:
" Das müssen wir dann noch'n bisschen mit den ausländischen Gesprächspartnern absprechen, dass sie Krisen am zweiten Juni nächsten Jahres möglichst unterlassen. "
Beherzt nimmt Steinmeier die heimliche Chefin eines Bio-Hofes in den Arm, als er Ende August in seinem künftigen Wahlkreis im Westen Brandenburgs den Kontakt zur Basis sucht. Wenn sich der Weltreisende in die Niederungen der Provinz begibt, dann umgibt ihn wie damals bei Schröder immer wieder dieses Kumpelhafte:
" Das is ja nett, dass wir sie mal hier getroffen haben.
Ja, das sie extra gekommen sind. "
Steinmeier läuft sich warm für die Kanzlerkandidatur. Dass der stellvertretende SPD-Vorsitzende auch Partei kann, wie es unter Sozialdemokraten im Müntefering-Deutsch gern formuliert wird, das will er nun allen beweisen. Zwar wird offiziell immer noch so getan, als sei das Rennen zwischen ihm und Parteichef Kurt Beck völlig offen - bei der Klausur der SPD-Spitze dürften Beck und Steinmeier aber auch den Fahrplan für die Bekanntgabe der Kanzlerkandidatur festlegen. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil:
" Zudem werden der Parteivorsitzende, der Vizekanzler inhaltliche Impulse über die Legislaturperiode hinaus vorlegen. "Inhaltliche Impulse" - eine Umschreibung dafür, wohin die SPD marschieren wird. Schon in der vergangenen Woche hatten sich Steinmeier und Beck auf ein Papier festgelegt, das in groben Zügen den Kurs der Partei absteckt. Vielsagend hatte der SPD-Vize schon vor Monaten geäußert, wer Merkel herausfordern werde, das hänge nicht zuletzt davon ab, wie sich die Sozialdemokraten inhaltlich positionierten. Viele Genossen werteten das als deutlichen Hinweis in Richtung Kurt Beck: ´Wenn Du zu weit auf die Linkspartei zugehst, dann stehe ich nicht zur Verfügung!´ Rückenwind erhält er dabei immer wieder aus Niedersachsen. Und an öffentlichen Mahnungen lässt es schließlich auch der Alt-Kanzler nicht fehlen:
" Hans-Jochen Vogel wusste bereits damals, in den Sechziger Jahren, seine Partei, er selbst kann nur mehrheitsfähig bleiben, wenn sie diese Mitte der Gesellschaft nicht preisgibt. "
"Wir müssen am Kurs der Mitte unbedingt festhalten!" betont auch Steinmeier immer. Am kommenden Sonntag dürfte auch inhaltlich noch deutlicher werden, dass der stellvertretende SPD-Vorsitzende seine Partei als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl 2009 führen wird.
" Wir haben einen Parteivorsitzenden, der heißt Kurt Beck und ich wünsche mir, dass er Kanzlerkandidat wird. "
Steinmeier ist keiner, der sich um diese Aufgabe reißt - ein klares Wort für Kurt Beck, so hörte sich der folgsame Stellvertreter noch im November 2007 an. Da hatte er gerade schlucken müssen, dass ein zentrales Element der Agenda 2010 korrigiert wurde - gegen seinen Willen und gegen die Überzeugung des damaligen Arbeitsministers Franz Müntefering hatte der SPD-Vorsitzende im Herbst durchgesetzt, das Arbeitslosengeld 1 wieder länger auszuzahlen. Mit der geballten Faust in der Tasche sieht Steinmeier dann Anfang des Jahres zu, wie sich Kurt Beck auch daran macht, Korrekturen an der Rente mit 67 ins Auge zu fassen. Dass Frank-Walter Steinmeier dessen unerwartete und nicht abgestimmte Öffnung der SPD zu Bündnissen mit der Linkspartei auch in Westdeutschland für einen Fehler hält, das lässt der Parteivize damals unerwähnt. Frank-Walter Steinmeier bleibt stets loyal gegenüber Beck - es macht den Anschein, als habe er bis zuletzt gehofft, der Kelch Kanzlerkandidatur möge an ihm vorübergehen. Steinmeier ist kein Machtmensch, der wie einst Gerhard Schröder als ehrgeiziger Juso an den Toren des Kanzleramtes rüttelte und rief: "Ich will hier rein!" Wenn ihm jetzt die Kandidatur aufgetragen wird, dann ist es für ihn eher etwas, das man als Sozialdemokrat nicht abschlagen darf. Angesichts von Umfragetiefs, die die SPD zwischen 25 und 20 Prozent sehen, ist diese Herausforderung ohnehin nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig.
" Wunderbar. Vielen herzlichen Dank! Was für ein Buch ist das? Zeigst du uns mal? Märchen aus tausend und einer Nacht! Wunderbar! "
Der Spaß ist auch dem Parteivorsitzenden längst vergangen. An das Happyend aus dem Märchen scheint Kurt Beck nicht mehr zu glauben. Auf seiner Sommerreise ins sächsische Chemnitz sorgt allenfalls die Begegnung mit Kindern in der Stadtbücherei kurzzeitig für etwas Leichtigkeit. Ansonsten sieht sich Beck in diesem Sommer als Getriebener, als Opfer einer Kampagne einer Reihe von Medien, denen es nur darum geht, ihn fertigzumachen und ihm die Kanzlerkandidatur zu vermasseln:
" ... nicht bei Rot rüber gehen. "
Sein Zugehen auf die Linkspartei, das wird auch von vielen in der SPD als sein größter Fehler betrachtet. Nicht der Sache wegen, sondern weil er bis zur Landtagswahl in Hessen versucht hatte, zwischen der Linkspartei in Ost und West zu unterscheiden. Dass er dann ausgerechnet wenige Tage vor der Wahl in Hamburg der knapp unterlegenen hessischen Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti grünes Licht für Gespräche mit der Linkspartei gibt, das lässt den Parteivorsitzenden nicht mehr los:
" Das was dazu zu sagen ist, ist gesagt. "
Schroff reagiert Beck, wenn er heute auf Hessen angesprochen wird. Den neuen Anlauf zur Regierungsbildung mit Hilfe der Linkspartei hätte er gerne verhindert, die hessischen Freunde werden doch nicht zweimal mit dem selben Kopf gegen dieselbe Wand rennen, hatte er im Frühjahr versichert: Jetzt muss er einsehen, dass Andrea Ypsilanti nicht mehr zu stoppen ist:
" Nee, ich lass mich nicht schnell unter Druck setzen. Ich verspüre ein Begehren, hier in Hessen zu sagen: es muss jetzt anders weitergehen als in den letzen sechs Monaten, aber da schauen wir, was wir draus machen. "
Kurt Beck mag nicht mehr, er mag nicht mehr erklären, dass es ein Unterschied ist, ob man in den Ländern oder im Bund mit der Linkspartei spricht. Er fühlt sich von weiten Teilen der Presse mehr als schlecht behandelt. "Wenn 200 Abgeordnete der CDU die Politik ihrer Vorsitzenden als zu sozialdemokratisch kritisieren, dann nimmt das kaum jemand wahr", sagt er. "Und was ist los, wenn das in der SPD passiert?" Er ärgert sich über das Gewicht, das dem letzten Hinterbänkler beigemessen wird, wenn es Kritik am Chef gibt. Sein ganzer Frust aber bricht aus ihm heraus, als ihm die CSU Heuchelei vorwirft, weil er das ehemalige Stasi-Gefängnis Roter Ochse in Halle an der Saale besuche und gleichzeitig eine Annäherung an die Linkspartei nicht unterbinden könne:
" Das was Frau Harthauer hier getan hat, das ist einfach nur widerlich, richtig widerlich. "
Kurt Beck bebt innerlich, fühlt sich persönlich angegriffen - was sich auch darin äußert, dass er immer wieder von Frau Harthauer spricht, gemeint ist CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer.
" Ich kann eigentlich nur sagen, dass ich über so viel Unverschämtheit und so viel unglaublicher Ungehörigkeit nur noch perplex bin. "
Selten hat der SPD-Vorsitzende so deutlich Einblick in sein Innenleben gegeben wie in diesem Moment. Dass er als Pfälzer aus der Provinz immer wieder verspottet wird, als Mann, der nie richtig in der Hauptstadt angekommen sei, das hat ihn persönlich getroffen, dass ihm ein Wortbruch vorgehalten wird, musste er wegstecken, dass aber ausgerechnet einem SPD-Vorsitzenden nun vorgeworfen wird, er missachte die Gefühle der Opfer von Diktaturen, das ist für Kurt Beck das höchste Maß an Ehrabschneidung.
" Das sprengt den Rahmen dessen, was Demokraten einander zumuten dürfen. "
In den Meinungsumfragen verliert Beck stetig an Ansehen, ausgerechnet er, der in Rheinland-Pfalz doch so souverän eine absolute Mehrheit einfuhr, rangiert auf der Beliebtheitsskala unter ferner liefen, weit hinter Frank-Walter Steinmeier, der es als Außenminister zeitweise sogar auf den ersten Platz noch vor der Kanzlerin schaffte.
" Nein, also Kurt Beck, der muss in seinen Örtlichkeiten bleiben. Ja also wenn ich mir vorstelle, der reist durch die Welt, das klappt nicht. "
Auch solche Äußerungen müssen schmerzen. Steinmeier, der im Fernsehen zwischen Moskau und Washington doch häufig als spröder Technokrat durchs Bild läuft, profitiert dennoch vom Bonus des Außenministers. Für den Kandidaten ist das Chance und Risiko zugleich, denn: "Wenn er erst einmal Kanzlerkandidat ist", warnt ein Mitglied der Parteiführung. "Wenn er sich um die Innenpolitik kümmern muss, dann könnte es bergab gehen mit der Sympathie!" Bis dahin wollen die Strategen dafür sorgen, dass Steinmeier im Volk erst einmal noch bekannter wird.
" Ick hab den Namen heut das erste mal gehört. "
Ein Viertel der Deutschen kennt den Mann mit dem schlohweißen Haar noch gar nicht, Sympathien aber lassen sich für einen durch die Welt reisenden Außenminister viel leichter einfahren als für einen wahlkämpfenden Kanzlerkandidaten, gerade für einen ruhigen Typ vom Schlage Steinmeiers. Auch deshalb dürfte den Sozialdemokraten daran gelegen sein, die offizielle Beantwortung der K-Frage noch eine Weile hinauszuschieben.
" Ich weiß, was ich will und was ich vorschlagen werde, aber ich werde es zur richtigen Zeit tun. "
Das betont Kurt Beck seit Monaten, wenn er auf die Kanzlerkandidatur angesprochen wird. Klar scheint, dass er auf jeden Fall den Parteivorsitz behalten möchte - und so tourt er weiter durch die Republik um "nah bei den Menschen zu sein", wie die SPD seinen sogenannten Deutschland-Dialog nennt. Die alte sozialdemokratische Klientel hat er dabei immer im Visier. Voller Symbolik das Bild des Arbeiterführers, der schnurstracks auf drei Malocher zumarschiert, die gerade ein Fabriktor in dunkles Blau tünchen.
" Wer so schön blau macht, der darf auch mal ins Fernsehen.
Besser als schwarzarbeiten, ne?
Tschüß, schönen Tag noch! "
Schröder, der Genosse der Bosse, Beck, der Anwalt des Kleinen Mannes. Ein Bild, das immer noch sitzt. Dass der Pfälzer die Härten der Reformagenda mildern will, dass er eine längere Zahlung des Arbeitslosengeldes 1 durchgesetzt hat, dass er die Rente mit 67 korrigiert, damit konnte er an der Parteibasis Pluspunkte einfahren. Von einem grundsätzlichen Kurswechsel allerdings will Gero Neugebauer, Politikwissenschaftler am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin dennoch nicht sprechen:
" Wir hören ja immer, die SPD sei nach links gerückt. Das ist sie tatsächlich nicht. Von der Bundes-SPD finden sie keinen Vorschlag für ne veränderte Einkommenssteuer, für ne Vermögenssteuer, für ne Erbschaftssteuer mit höherer Besteuerung von großen Erbschaften. "
Genau diese Umverteilungspolitik fordern Sozialdemokraten vom ganz linken Flügel. Dass sie kurz vor der Richtungsklausur der Parteispitze vergangenen Montag ein Papier mit dem Titel "Reichtum nutzen, Armut bekämpfen!" in den Parteivorstand brachten, das darf als Warnung insbesondere an Frank-Walter Steinmeier verstanden werden.
Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, beklagen die 60 Unterzeichner, die meisten von ihnen aus dem Gewerkschaftslager. Arbeitnehmervertreter Ottmar Schreiner macht keinen Hehl daraus, dass seiner Ansicht nach auch die Reformpolitik Gerhard Schröders einen gehörigen Anteil an dieser Entwicklung hat:
" Die deutsche Gesellschaft spaltet sich immer mehr in eine Teil der reicher und reicher wird und einen Teil der arm ist. Und schrumpfende Mittelschichten, die vielfach geplagt sind von Abstiegsängsten. "
Die Entspannung auf dem Arbeitsmarkt schreibt Schreiner der Konjunktur zu, nicht der Agenda 2010. In den Augen der konservativen Seeheimer stellt die SPD-Linke damit zehn Jahre sozialdemokratischer Regierungspolitik in Frage. Dieter Wiefelspütz warnt vor neuen Richtungskämpfen - "Wir dürfen uns nicht für Schröders Reformpolitik entschuldigen", meint der SPD-Bundestagsabgeordnete, "aber Korrekturen an seiner Agenda, die müssen möglich sein!" Wir müssen Zukunft erringen, natürlich mit einem klaren sozialen Profil. Auch die Agenda 2010 weiter entwickeln. "
Die Rente mit 67 nicht abschaffen, aber verändern, das muss gehen, meint Wiefelspütz. "Ein Richter kann bis 68 arbeiten, ein Dachdecker nicht!" Doch das ist nur ein Thema von vielen. Die Partei steckt in dem Dilemma, wie sie auf die Erfolge der Protestbewegung Linkspartei reagieren soll. Dass deren Aufstieg ohne die schmerzliche Agenda-Politik des Gerhard Schröder gar nicht erst möglich gewesen wäre, das steht heute außer Frage:
" Schuld daran ist nur die SPD. Wann wird's mal wieder richtig Sommer. " (Rudi Carrell)
Die Partei sehnt sich nach sonnigeren Zeiten, wenn am Sonntag in der spätsommerlichen Schwielowsee-Idylle erste Pflöcke für die Bundestagswahl eingeschlagen werden, dann wünschen sich viele einen ganz besonderen sozialdemokratischen Heilsbringer zurück: Franz Müntefering. Er hat sich als Wahlkämpfer mehr als einmal bewährt. Kann der Ex-Vorsitzende und Ex-Vizekanzler das Blatt noch einmal wenden und dafür sorgen, dass es in einem Jahr wieder freundlicher aussieht für die Sozialdemokraten?
" ... und nicht so nass und so sibirisch wie im letzten Jahr. " (Rudi Carrell)
Müntefering: " Heißes Herz und klare Kante. Das riecht meine Damen und Herren sehr nach Schweiß und nach Anstrengung. Aber ich sage ihnen, ich sage euch, das ist besser, heißes Herz und klare Kante als Hose voll. Das riecht auch nicht gut! "
Letzten Mittwoch hat er sich zurückgemeldet: Müntefering als Wahlkämpfer für die bayerische SPD. Knackig-kurze Sätze, klare Kante, an der Stelle ist er sich treu geblieben. "Opposition ist Mist!" Steckt den Kopf nicht in den Sand und erinnert Euch an das, was wir in zehn Jahren Regierungsarbeit erreicht haben!
" Ich sage nicht, dass alles was wir gemacht haben gut ist. Und ich sage nicht, dass man das weiter voran treiben muss. Aber ich sage, dass wir uns nicht genieren dürfen dafür, dass wir gute Sachen gemacht haben. Etwa zwei Millionen Menschen mehr haben Beschäftigung - nicht alles überzeugende - aber doch viel überzeugende Beschäftigung mehr als vor zweieinhalb Jahren und das ist etwas, auf das wir stolz sein können und stolz sein müssen. "
Wenn Frank-Walter Steinmeier Kanzlerkandidat wird, dann dürfte er Franz Müntefering vermutlich zu seinem Wahlkampfkoordinator machen. Der Parteichef wird es ihm kaum verwehren können, mag das Verhältnis zwischen Kurt Beck und Franz Müntefering auch noch so angespannt sein. Nicht einmal am Abend des Münte-Comebacks in München kann das Beck überspielen. Kühl, gefühllos, mit versteinerter Miene antwortet er kurz und knapp:
" Herzlich Willkommen! "
auf die Frage, was er von der Rückkehr Münteferings hält - Begeisterung sieht anders aus! Doch mit dem knarzigen Sauerländer dürfte zu rechnen sein, schon macht wieder das Wort von der Troika die Runde, Beck Parteivorsitzender, Steinmeier Kanzlerkandidat, Müntefering Wahlkampfkoordinator.
Dass die Troika bei den Sozialdemokraten nicht gerade positiv belegt ist, schreckt Leute wie Dieter Wiefelspütz nicht wirklich. Scharping, Schröder, Lafontaine - dieses Dreiergespann sei schließlich erst nach der Wahl auseinandergefallen:
Wiefelspütz: " Troika ist glaub ich irgendwie russisch. Ich hätte gerne was Deutsches. Es wird darauf ankommen, dass wir als Team, als Mannschaft erfolgreich sind, da können wir auch ein bisschen besser werden. "
Noch besteht zumindest die theoretische Möglichkeit, dass Kurt Beck gewissermaßen als Trotz-Reaktion doch noch seinen Hut in den Ring wirft - doch es scheint auf das Trio Beck, Steinmeier, Müntefering hinauszulaufen. Die Bekanntgabe am kommenden Sonntag wäre eine Überraschung - kurz vor oder kurz nach der Bayern Wahl Ende September dürfte sich Kurt Beck erklären. Und vielleicht wird Franz Müntefering dann wieder versuchen für gute Stimmung zu sorgen, getreu seinem Motto: "Partei gut, Fraktion gut, Glück auf!"
" Das kann man so und so sehen ... "
Zwei Männer von kräftiger Statur, zwei hemdsärmelige Typen, die sich gern als Zupacker geben, als volksnah:
An brandenburgischen Biertischen vermag Frank-Walter Steinmeier sein Diplomatendeutsch abzulegen. Ganz so locker wie Gerhard Schröder, der einst mit trockener Kehle nach einem kühlen Bier rief, ist der Außenminister zwar noch nicht, aber er arbeitet an seiner ganz persönlichen Gerd-Show. Die sollte letzten Sonntag durch einen gemeinsamen Auftritt mit einem besonderen Highlight gekrönt werden: "Die Reden von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder sind die Höhepunkte des diesjährigen Schorsenfestes der SPD Hannover" versprachen die örtlichen Genossen in der Einladung. Als der Minister wegen der Kaukasus-Krise absagen musste, kam auch der Alt-Kanzler nicht. Schröder dürfte dennoch noch einiges für Steinmeier tun. Gemeinsame Auftritte sind geplant. Dann wird man sie wieder vergleichen: Nicht nur in der Stimme sind sie sich sehr ähnlich, auch im Gestus verbindet Schröder und Steinmeier einiges:
" Das müssen wir dann noch'n bisschen mit den ausländischen Gesprächspartnern absprechen, dass sie Krisen am zweiten Juni nächsten Jahres möglichst unterlassen. "
Beherzt nimmt Steinmeier die heimliche Chefin eines Bio-Hofes in den Arm, als er Ende August in seinem künftigen Wahlkreis im Westen Brandenburgs den Kontakt zur Basis sucht. Wenn sich der Weltreisende in die Niederungen der Provinz begibt, dann umgibt ihn wie damals bei Schröder immer wieder dieses Kumpelhafte:
" Das is ja nett, dass wir sie mal hier getroffen haben.
Ja, das sie extra gekommen sind. "
Steinmeier läuft sich warm für die Kanzlerkandidatur. Dass der stellvertretende SPD-Vorsitzende auch Partei kann, wie es unter Sozialdemokraten im Müntefering-Deutsch gern formuliert wird, das will er nun allen beweisen. Zwar wird offiziell immer noch so getan, als sei das Rennen zwischen ihm und Parteichef Kurt Beck völlig offen - bei der Klausur der SPD-Spitze dürften Beck und Steinmeier aber auch den Fahrplan für die Bekanntgabe der Kanzlerkandidatur festlegen. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil:
" Zudem werden der Parteivorsitzende, der Vizekanzler inhaltliche Impulse über die Legislaturperiode hinaus vorlegen. "Inhaltliche Impulse" - eine Umschreibung dafür, wohin die SPD marschieren wird. Schon in der vergangenen Woche hatten sich Steinmeier und Beck auf ein Papier festgelegt, das in groben Zügen den Kurs der Partei absteckt. Vielsagend hatte der SPD-Vize schon vor Monaten geäußert, wer Merkel herausfordern werde, das hänge nicht zuletzt davon ab, wie sich die Sozialdemokraten inhaltlich positionierten. Viele Genossen werteten das als deutlichen Hinweis in Richtung Kurt Beck: ´Wenn Du zu weit auf die Linkspartei zugehst, dann stehe ich nicht zur Verfügung!´ Rückenwind erhält er dabei immer wieder aus Niedersachsen. Und an öffentlichen Mahnungen lässt es schließlich auch der Alt-Kanzler nicht fehlen:
" Hans-Jochen Vogel wusste bereits damals, in den Sechziger Jahren, seine Partei, er selbst kann nur mehrheitsfähig bleiben, wenn sie diese Mitte der Gesellschaft nicht preisgibt. "
"Wir müssen am Kurs der Mitte unbedingt festhalten!" betont auch Steinmeier immer. Am kommenden Sonntag dürfte auch inhaltlich noch deutlicher werden, dass der stellvertretende SPD-Vorsitzende seine Partei als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl 2009 führen wird.
" Wir haben einen Parteivorsitzenden, der heißt Kurt Beck und ich wünsche mir, dass er Kanzlerkandidat wird. "
Steinmeier ist keiner, der sich um diese Aufgabe reißt - ein klares Wort für Kurt Beck, so hörte sich der folgsame Stellvertreter noch im November 2007 an. Da hatte er gerade schlucken müssen, dass ein zentrales Element der Agenda 2010 korrigiert wurde - gegen seinen Willen und gegen die Überzeugung des damaligen Arbeitsministers Franz Müntefering hatte der SPD-Vorsitzende im Herbst durchgesetzt, das Arbeitslosengeld 1 wieder länger auszuzahlen. Mit der geballten Faust in der Tasche sieht Steinmeier dann Anfang des Jahres zu, wie sich Kurt Beck auch daran macht, Korrekturen an der Rente mit 67 ins Auge zu fassen. Dass Frank-Walter Steinmeier dessen unerwartete und nicht abgestimmte Öffnung der SPD zu Bündnissen mit der Linkspartei auch in Westdeutschland für einen Fehler hält, das lässt der Parteivize damals unerwähnt. Frank-Walter Steinmeier bleibt stets loyal gegenüber Beck - es macht den Anschein, als habe er bis zuletzt gehofft, der Kelch Kanzlerkandidatur möge an ihm vorübergehen. Steinmeier ist kein Machtmensch, der wie einst Gerhard Schröder als ehrgeiziger Juso an den Toren des Kanzleramtes rüttelte und rief: "Ich will hier rein!" Wenn ihm jetzt die Kandidatur aufgetragen wird, dann ist es für ihn eher etwas, das man als Sozialdemokrat nicht abschlagen darf. Angesichts von Umfragetiefs, die die SPD zwischen 25 und 20 Prozent sehen, ist diese Herausforderung ohnehin nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig.
" Wunderbar. Vielen herzlichen Dank! Was für ein Buch ist das? Zeigst du uns mal? Märchen aus tausend und einer Nacht! Wunderbar! "
Der Spaß ist auch dem Parteivorsitzenden längst vergangen. An das Happyend aus dem Märchen scheint Kurt Beck nicht mehr zu glauben. Auf seiner Sommerreise ins sächsische Chemnitz sorgt allenfalls die Begegnung mit Kindern in der Stadtbücherei kurzzeitig für etwas Leichtigkeit. Ansonsten sieht sich Beck in diesem Sommer als Getriebener, als Opfer einer Kampagne einer Reihe von Medien, denen es nur darum geht, ihn fertigzumachen und ihm die Kanzlerkandidatur zu vermasseln:
" ... nicht bei Rot rüber gehen. "
Sein Zugehen auf die Linkspartei, das wird auch von vielen in der SPD als sein größter Fehler betrachtet. Nicht der Sache wegen, sondern weil er bis zur Landtagswahl in Hessen versucht hatte, zwischen der Linkspartei in Ost und West zu unterscheiden. Dass er dann ausgerechnet wenige Tage vor der Wahl in Hamburg der knapp unterlegenen hessischen Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti grünes Licht für Gespräche mit der Linkspartei gibt, das lässt den Parteivorsitzenden nicht mehr los:
" Das was dazu zu sagen ist, ist gesagt. "
Schroff reagiert Beck, wenn er heute auf Hessen angesprochen wird. Den neuen Anlauf zur Regierungsbildung mit Hilfe der Linkspartei hätte er gerne verhindert, die hessischen Freunde werden doch nicht zweimal mit dem selben Kopf gegen dieselbe Wand rennen, hatte er im Frühjahr versichert: Jetzt muss er einsehen, dass Andrea Ypsilanti nicht mehr zu stoppen ist:
" Nee, ich lass mich nicht schnell unter Druck setzen. Ich verspüre ein Begehren, hier in Hessen zu sagen: es muss jetzt anders weitergehen als in den letzen sechs Monaten, aber da schauen wir, was wir draus machen. "
Kurt Beck mag nicht mehr, er mag nicht mehr erklären, dass es ein Unterschied ist, ob man in den Ländern oder im Bund mit der Linkspartei spricht. Er fühlt sich von weiten Teilen der Presse mehr als schlecht behandelt. "Wenn 200 Abgeordnete der CDU die Politik ihrer Vorsitzenden als zu sozialdemokratisch kritisieren, dann nimmt das kaum jemand wahr", sagt er. "Und was ist los, wenn das in der SPD passiert?" Er ärgert sich über das Gewicht, das dem letzten Hinterbänkler beigemessen wird, wenn es Kritik am Chef gibt. Sein ganzer Frust aber bricht aus ihm heraus, als ihm die CSU Heuchelei vorwirft, weil er das ehemalige Stasi-Gefängnis Roter Ochse in Halle an der Saale besuche und gleichzeitig eine Annäherung an die Linkspartei nicht unterbinden könne:
" Das was Frau Harthauer hier getan hat, das ist einfach nur widerlich, richtig widerlich. "
Kurt Beck bebt innerlich, fühlt sich persönlich angegriffen - was sich auch darin äußert, dass er immer wieder von Frau Harthauer spricht, gemeint ist CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer.
" Ich kann eigentlich nur sagen, dass ich über so viel Unverschämtheit und so viel unglaublicher Ungehörigkeit nur noch perplex bin. "
Selten hat der SPD-Vorsitzende so deutlich Einblick in sein Innenleben gegeben wie in diesem Moment. Dass er als Pfälzer aus der Provinz immer wieder verspottet wird, als Mann, der nie richtig in der Hauptstadt angekommen sei, das hat ihn persönlich getroffen, dass ihm ein Wortbruch vorgehalten wird, musste er wegstecken, dass aber ausgerechnet einem SPD-Vorsitzenden nun vorgeworfen wird, er missachte die Gefühle der Opfer von Diktaturen, das ist für Kurt Beck das höchste Maß an Ehrabschneidung.
" Das sprengt den Rahmen dessen, was Demokraten einander zumuten dürfen. "
In den Meinungsumfragen verliert Beck stetig an Ansehen, ausgerechnet er, der in Rheinland-Pfalz doch so souverän eine absolute Mehrheit einfuhr, rangiert auf der Beliebtheitsskala unter ferner liefen, weit hinter Frank-Walter Steinmeier, der es als Außenminister zeitweise sogar auf den ersten Platz noch vor der Kanzlerin schaffte.
" Nein, also Kurt Beck, der muss in seinen Örtlichkeiten bleiben. Ja also wenn ich mir vorstelle, der reist durch die Welt, das klappt nicht. "
Auch solche Äußerungen müssen schmerzen. Steinmeier, der im Fernsehen zwischen Moskau und Washington doch häufig als spröder Technokrat durchs Bild läuft, profitiert dennoch vom Bonus des Außenministers. Für den Kandidaten ist das Chance und Risiko zugleich, denn: "Wenn er erst einmal Kanzlerkandidat ist", warnt ein Mitglied der Parteiführung. "Wenn er sich um die Innenpolitik kümmern muss, dann könnte es bergab gehen mit der Sympathie!" Bis dahin wollen die Strategen dafür sorgen, dass Steinmeier im Volk erst einmal noch bekannter wird.
" Ick hab den Namen heut das erste mal gehört. "
Ein Viertel der Deutschen kennt den Mann mit dem schlohweißen Haar noch gar nicht, Sympathien aber lassen sich für einen durch die Welt reisenden Außenminister viel leichter einfahren als für einen wahlkämpfenden Kanzlerkandidaten, gerade für einen ruhigen Typ vom Schlage Steinmeiers. Auch deshalb dürfte den Sozialdemokraten daran gelegen sein, die offizielle Beantwortung der K-Frage noch eine Weile hinauszuschieben.
" Ich weiß, was ich will und was ich vorschlagen werde, aber ich werde es zur richtigen Zeit tun. "
Das betont Kurt Beck seit Monaten, wenn er auf die Kanzlerkandidatur angesprochen wird. Klar scheint, dass er auf jeden Fall den Parteivorsitz behalten möchte - und so tourt er weiter durch die Republik um "nah bei den Menschen zu sein", wie die SPD seinen sogenannten Deutschland-Dialog nennt. Die alte sozialdemokratische Klientel hat er dabei immer im Visier. Voller Symbolik das Bild des Arbeiterführers, der schnurstracks auf drei Malocher zumarschiert, die gerade ein Fabriktor in dunkles Blau tünchen.
" Wer so schön blau macht, der darf auch mal ins Fernsehen.
Besser als schwarzarbeiten, ne?
Tschüß, schönen Tag noch! "
Schröder, der Genosse der Bosse, Beck, der Anwalt des Kleinen Mannes. Ein Bild, das immer noch sitzt. Dass der Pfälzer die Härten der Reformagenda mildern will, dass er eine längere Zahlung des Arbeitslosengeldes 1 durchgesetzt hat, dass er die Rente mit 67 korrigiert, damit konnte er an der Parteibasis Pluspunkte einfahren. Von einem grundsätzlichen Kurswechsel allerdings will Gero Neugebauer, Politikwissenschaftler am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin dennoch nicht sprechen:
" Wir hören ja immer, die SPD sei nach links gerückt. Das ist sie tatsächlich nicht. Von der Bundes-SPD finden sie keinen Vorschlag für ne veränderte Einkommenssteuer, für ne Vermögenssteuer, für ne Erbschaftssteuer mit höherer Besteuerung von großen Erbschaften. "
Genau diese Umverteilungspolitik fordern Sozialdemokraten vom ganz linken Flügel. Dass sie kurz vor der Richtungsklausur der Parteispitze vergangenen Montag ein Papier mit dem Titel "Reichtum nutzen, Armut bekämpfen!" in den Parteivorstand brachten, das darf als Warnung insbesondere an Frank-Walter Steinmeier verstanden werden.
Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, beklagen die 60 Unterzeichner, die meisten von ihnen aus dem Gewerkschaftslager. Arbeitnehmervertreter Ottmar Schreiner macht keinen Hehl daraus, dass seiner Ansicht nach auch die Reformpolitik Gerhard Schröders einen gehörigen Anteil an dieser Entwicklung hat:
" Die deutsche Gesellschaft spaltet sich immer mehr in eine Teil der reicher und reicher wird und einen Teil der arm ist. Und schrumpfende Mittelschichten, die vielfach geplagt sind von Abstiegsängsten. "
Die Entspannung auf dem Arbeitsmarkt schreibt Schreiner der Konjunktur zu, nicht der Agenda 2010. In den Augen der konservativen Seeheimer stellt die SPD-Linke damit zehn Jahre sozialdemokratischer Regierungspolitik in Frage. Dieter Wiefelspütz warnt vor neuen Richtungskämpfen - "Wir dürfen uns nicht für Schröders Reformpolitik entschuldigen", meint der SPD-Bundestagsabgeordnete, "aber Korrekturen an seiner Agenda, die müssen möglich sein!" Wir müssen Zukunft erringen, natürlich mit einem klaren sozialen Profil. Auch die Agenda 2010 weiter entwickeln. "
Die Rente mit 67 nicht abschaffen, aber verändern, das muss gehen, meint Wiefelspütz. "Ein Richter kann bis 68 arbeiten, ein Dachdecker nicht!" Doch das ist nur ein Thema von vielen. Die Partei steckt in dem Dilemma, wie sie auf die Erfolge der Protestbewegung Linkspartei reagieren soll. Dass deren Aufstieg ohne die schmerzliche Agenda-Politik des Gerhard Schröder gar nicht erst möglich gewesen wäre, das steht heute außer Frage:
" Schuld daran ist nur die SPD. Wann wird's mal wieder richtig Sommer. " (Rudi Carrell)
Die Partei sehnt sich nach sonnigeren Zeiten, wenn am Sonntag in der spätsommerlichen Schwielowsee-Idylle erste Pflöcke für die Bundestagswahl eingeschlagen werden, dann wünschen sich viele einen ganz besonderen sozialdemokratischen Heilsbringer zurück: Franz Müntefering. Er hat sich als Wahlkämpfer mehr als einmal bewährt. Kann der Ex-Vorsitzende und Ex-Vizekanzler das Blatt noch einmal wenden und dafür sorgen, dass es in einem Jahr wieder freundlicher aussieht für die Sozialdemokraten?
" ... und nicht so nass und so sibirisch wie im letzten Jahr. " (Rudi Carrell)
Müntefering: " Heißes Herz und klare Kante. Das riecht meine Damen und Herren sehr nach Schweiß und nach Anstrengung. Aber ich sage ihnen, ich sage euch, das ist besser, heißes Herz und klare Kante als Hose voll. Das riecht auch nicht gut! "
Letzten Mittwoch hat er sich zurückgemeldet: Müntefering als Wahlkämpfer für die bayerische SPD. Knackig-kurze Sätze, klare Kante, an der Stelle ist er sich treu geblieben. "Opposition ist Mist!" Steckt den Kopf nicht in den Sand und erinnert Euch an das, was wir in zehn Jahren Regierungsarbeit erreicht haben!
" Ich sage nicht, dass alles was wir gemacht haben gut ist. Und ich sage nicht, dass man das weiter voran treiben muss. Aber ich sage, dass wir uns nicht genieren dürfen dafür, dass wir gute Sachen gemacht haben. Etwa zwei Millionen Menschen mehr haben Beschäftigung - nicht alles überzeugende - aber doch viel überzeugende Beschäftigung mehr als vor zweieinhalb Jahren und das ist etwas, auf das wir stolz sein können und stolz sein müssen. "
Wenn Frank-Walter Steinmeier Kanzlerkandidat wird, dann dürfte er Franz Müntefering vermutlich zu seinem Wahlkampfkoordinator machen. Der Parteichef wird es ihm kaum verwehren können, mag das Verhältnis zwischen Kurt Beck und Franz Müntefering auch noch so angespannt sein. Nicht einmal am Abend des Münte-Comebacks in München kann das Beck überspielen. Kühl, gefühllos, mit versteinerter Miene antwortet er kurz und knapp:
" Herzlich Willkommen! "
auf die Frage, was er von der Rückkehr Münteferings hält - Begeisterung sieht anders aus! Doch mit dem knarzigen Sauerländer dürfte zu rechnen sein, schon macht wieder das Wort von der Troika die Runde, Beck Parteivorsitzender, Steinmeier Kanzlerkandidat, Müntefering Wahlkampfkoordinator.
Dass die Troika bei den Sozialdemokraten nicht gerade positiv belegt ist, schreckt Leute wie Dieter Wiefelspütz nicht wirklich. Scharping, Schröder, Lafontaine - dieses Dreiergespann sei schließlich erst nach der Wahl auseinandergefallen:
Wiefelspütz: " Troika ist glaub ich irgendwie russisch. Ich hätte gerne was Deutsches. Es wird darauf ankommen, dass wir als Team, als Mannschaft erfolgreich sind, da können wir auch ein bisschen besser werden. "
Noch besteht zumindest die theoretische Möglichkeit, dass Kurt Beck gewissermaßen als Trotz-Reaktion doch noch seinen Hut in den Ring wirft - doch es scheint auf das Trio Beck, Steinmeier, Müntefering hinauszulaufen. Die Bekanntgabe am kommenden Sonntag wäre eine Überraschung - kurz vor oder kurz nach der Bayern Wahl Ende September dürfte sich Kurt Beck erklären. Und vielleicht wird Franz Müntefering dann wieder versuchen für gute Stimmung zu sorgen, getreu seinem Motto: "Partei gut, Fraktion gut, Glück auf!"