Kartoffelsalat und Würstchen plus Festmahl
Kartoffelsalat an Heiligabend hat bereits eine lange Tradition. Sie geht vermutlich auf die in Deutschland heute weniger bekannte Weihnachtsfastenzeit zurück, in der vor allem auf Fleisch verzichtet wird. Sie beginnt am 14. November und endet am 1. Weihnachtstag. Kartoffeln galten dabei als sättigende und preiswerte Nahrungsmittel. So konnte Geld gespart werden für den 1. Weihnachtstag, an dem es oft ein Festmahl mit Gans, Wild oder Karpfen gibt.
Zudem ist ein einfaches Gericht wie Kartoffelsalat mit Brühwürstchen zweckmäßig. Es ist schnell zubereitet und lässt somit Zeit für den Gang in die Kirche und für die Vorbereitung der Bescherung und des anstehenden Festmahls. In vielen Familien hat sich diese Tradition bis heute bewahrt. Einer jüngeren Umfrage zufolge feiert jeder Dritte den Abend des 24. Dezember bei einer Schüssel Kartoffelsalat, die allerdings inzwischen oft mit ein paar Brühwürstchen erweitert wird.
Familienfest
Viele kommen an Weihnachten im Kreis ihrer Familien vor allem zum Essen und geselligen Beisammensein zusammen. Warum ist das so? Zum einen wird die heilige Familie in Betlehem gefeiert: Maria, Josef und Jesus.
Zum anderen ermunterte der Reformator Martin Luther, der großen Einfluss auf das klassische Weihnachtsfest hat, im 16. Jahrhundert dazu, Weihnachten im Kreise der Familie zu feiern. Ein Kupferstich von Carl August Schwerdtgeburth aus dem 19. Jahrhundert zeigt den Reformator im Kreis seiner Kinder, seiner Frau Katharina von Bora und seines Freunds Philipp Melanchthon. Sie sitzen in der Stube um einen Tisch, auf dem ein erleuchteter Weihnachtsbaum steht. Luther spielt ein Instrument; von ihm stammt zum Beispiel das Lied „Vom Himmel hoch, da komm ich her“. Dieses Bild und ähnliche andere haben die Durchführung des Weihnachtsfests bis heute stark geprägt.
Weihnachtsbaum
Der immergrüne Tannenbaum gilt als Symbol des ewigen Lebens. Nach christlichem Glauben steht auch Jesus für das ewige Leben. Zugleich symbolisiert der Weihnachtsbaum nach Vorstellung mancher den Paradiesbaum. In früheren Zeiten wurde der Weihnachtsbaum daher auch oft mit Äpfeln und Walnüssen geschmückt.
Die Tradition eines Weihnachts- oder Christbaum setzte sich aber erst vor rund 200 Jahren durch.
Christbaumkugeln
Die Äpfel am Baum wurden irgendwann durch farbige und verzierte Kugeln ersetzt. Der Ursprung dieser Tradition liegt in Thüringen. Auch dazu gibt es Legenden. Zur Hälfte des 19. Jahrhunderts soll ein armer Glasbläser aus Lauscha Kugeln für Christbäume angefertigt haben. Walnüsse und Äpfel seien ihm zu teuer gewesen. Klar ist in jedem Fall, dass Lauscha eine lange Glasbläser-Tradition hat und dort schon früh Schmuck für Weihnachten hergestellt wurde.
Geschenke
Der Brauch, anderen Geschenke zu machen, geht auf den heiligen Nikolaus, den Bischof von Myra, zurück. Er lebte im 3. und 4. Jahrhundert nahe Antalya in der Türkei. Der Legende nach soll er immer wieder Kindern und Armen Geschenke gemacht haben. Sein Namenstag ist der 6. Dezember. Ursprünglich steht das weihnachtliche Schenken wohl mit den Heiligen Drei Königen Caspar, Melchior und Balthasar im Zusammenhang, die laut der Weihnachtsgeschichte Gold, Weihrauch und Myrrhe zur Heiligen Familie brachten.
In diesem Jahr stehen laut einer aktuellen Weihnachts-Studie von der Universität der Bundeswehr München immaterielle Geschenke im Vordergrund. Der Marketingforscher Philipp Rauschnabel sagte dem Sender SWR, bei Wünschen und Geschenken seien in diesem Jahr zum Beispiel gemeinsame Erlebnisse "total im Kommen". Da sehe man einen "richtig starken Anstieg" im Vergleich zu den Vorjahren. Laut den Forschenden ist das auch eine Folge der reduzierten Geselligkeit durch das Coronavirus in den vergangenen zwei Jahren und der aktuellen Energiekrise beziehungsweise der hohen Inflation.
Gemeinsames Singen und Musizieren
Im Christentum haben Musik und Gesang eine große Bedeutung. Bereits im Mittelalter wurde in christlichen Gemeinden gemeinsam gesungen. Später fand das gemeinsame Musizieren zu Weihnachten auch Eingang in die Familien. Ihren Höhepunkt fand die weihnachtliche Singtradition im 19. Jahrhundert. Heute deuten die zahlreichen Weihnachtslieder, von denen die bekanntesten vermutlich jeder schon einmal gehört hat, darauf hin wie "Stille Nacht, heilige Nacht" oder "O Du fröhliche".
Für viele sind die Kindheitserinnerungen an das gemeinsame Musizieren bis heute präsent. Psychologen messen dem gemeinsamen Singen einen Ausdruck von Freude und Besinnlichkeit bei. In der Moderne sind zu den christlichen Weihnachtsliedern zahlreiche weltliche hinzugekommen. Zugleich nimmt die Tradition des Singens ab. Mit dem Aufkommen von Schallplatten, CDs und Streamingdiensten wird heute vielfach nur noch Weihnachtsmusik gehört.
Nikolaus, Christkind oder Weihnachtsmann?
Bis ins 16. Jahrhundert brachte landauf landab der Heilige Nikolaus die Geschenke. Den Reformator Martin Luther störte die Nikolausverehrung. Er hielt sie für kindisch und schlug vor, dass die Gaben im Namen des „Heiligen Christ" am ersten Weihnachtstag beschert werden. Dabei dachte er wohl zum einen an das Jesuskind und zum anderen an die engelhaften Figuren in Krippenspielen, die meist von Mädchen in weißen Kleidern dargestellt wurden. Im Laufe der Zeit wandelte sich der „Heilige Christ“ zum geflügelten Christkind, das in der Weihnachtsnacht die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legt. Um die Freude noch zu vergrößern, bringt es die Geschenke heimlich. Mit dem Erfolg der Reformation verbreitete sich auch die Geschichte vom Christkind.
Neuerdings bringt in vielen Familien allerdings der Weihnachtsmann die Geschenke. Die Figur an sich basiert auf dem Heiligen Nikolaus. In verschiedenen Ländern erhielt er unterschiedliche Namen wie Sinterklaas oder Santa Claus. Vor gut 100 Jahren war der Coca-Cola Konzern in den USA auf der Suche nach einer neuen Werbefigur. 1931 beauftragte er den Grafiker und Cartoonist Haddon Sundblom. Dieser ließ sich von verschiedenen Weihnachtsfiguren inspirieren und gestaltete schließlich das charakteristische Erscheinungsbild des heutigen Weihnachtsmanns mit weißem Rauschebart, Stiefeln und einem Anzug im typischen Rot der US-Firma.
Bescherung an Heiligabend oder am 1. Weihnachtstag?
Anfangs findet die Bescherung, also das gemeinsame Austauschen von Geschenken, am 1. Weihnachtstag statt. Im Laufe der Zeit verlagert sie sich aber weiter nach vorne. Das hat wohl vor allem mit der Vorfreude und der Ungeduld der Kinder zu tun. Das damalige Zeitverständnis begünstigte diesen Schritt, da der nächste Tag nach traditionellem Verständnis mit dem Untergang der Sonne beginnt und nicht erst um 0 Uhr. Noch heute ist dieses Verständnis unter anderem im Orient weit verbreitet.
Historisch betrachtet ist der Geburtstag von Jesus unbekannt. Die Römer feierten am 25. Dezember ihren Sonnengott. Nach dem damaligen julianischen Kalender ist das der Tag der Wintersonnenwende (heute 21. Dezember), der auch sonst vielfach Zeitpunkte für Feste gewesen ist. Die Kirche könnte dies zum Anlass genommen haben, die heidnischen Bräuche zu christianisieren. Jesus, der als „Licht der Welt“ verehrt wird, wurde an dem Tag geboren, ab dem das Licht wieder über die Finsternis die Oberhand gewinnt.
Eine weitere Annahme geht davon aus, dass Marias Empfängnis zur Tagundnachtgleiche im Frühling erfolgt ist, sodass entsprechend 9 Monate später am 25. Dezember die Geburt Jesu erfolgen musste.
Weihnachtsplätzchen
Die Geschichte der Weihnachtsplätzchen steht einer Erklärung zufolge auch im Kontext der Weihnachtsfastenzeit. Das Gebäck ließ sich gut lagern und diente als Kleinigkeit für zwischendurch.
Eine andere Erklärung verweist auf mittelalterliche Klöster. Diese verfügten über Gewürze, die sich gewöhnliche Menschen aus dem Volk nicht leisten konnten. Vor Weihnachten teilten sie ihr Backwerk als Geschenk an die Bürgerinnen und Bürger aus.
Kirchgang
Weihnachten als christliches Fest ist natürlich von Anfang an in aller erster Linie mit Gottesdiensten und Besuchen in der Kirche verbunden. Laut dem Münchner Professor Rauschnabel gehen inzwischen aber nicht mehr viele in die Kirche. Während für die meisten die Bescherung und ein gemeinsames Abendessen nach wie vor zu Weihnachten gehörten, gingen inzwischen nur noch weniger als 20 Prozent der Menschen in die Kirche, erklärte er.