Archiv


Weihnachtspost einer Pädagogin aus Ladenburg

Dahlia Fischer, Lehrerin am Carl-Benz-Gymnasium Ladenburg, ist für ihren Unterricht ausgezeichnet worden. Auch deshalb wünscht sie sich von der Bundesbildungsministerin Annette Schavan ganz praktische Dinge, damit der Spaß an Physik und Chemie geweckt wird.

Von Thomas Wagner |
    Kurz vor Unterrichtsbeginn im Carl-Benz-Gymnasium Ladenburg. Dahlia Fischer hantiert mit Reagenzgläsern, Schläuchen und allerlei geheimnisvollen Tinkturen herum:

    "Wir sind gerade in der Chemievorbereitung. In dem Raum haben wir viele Chemiekalien gelagert, viele Glasgeräte."

    Der promovierten Chemikerin bereitet es sichtlich Vergnügen, Experimente für die bevorstehende Unterrichtsstunde vorzubereiten. Da dürfen sich schon mal Flüssigkeiten geheimnisvoll verfärben; auch ein paar effektvolle Verpuffungen machen sich gut – ein Erfolgsrezept.

    Für anschaulichen naturwissenschaftlichen Unterricht wurde Dahlia Fischer kürzlich sogar mit dem Klaus-von-Klitzing-Preis ausgezeichnet. Aber natürlich denkt die Lehrerin auch an ihr ganz persönliches Weihnachtspäckchen - ein Päckchen voll mit Wünschen für einen noch besseren Unterricht an ihrer Schule:

    "Ich würde vorschlagen, dass unser Weihnachtspäckchen an die Bundesbildungsministerin Annette Schavan adressiert wird. Meine Wünsche liegen da drin, dass mehr Raum für die naturwissenschaftlichen Fächer geschaffen werden muss. Den naturwissenschaftlichen Fächern wird tatsächlich weniger Zeit eingeräumt als all den anderen Fächern und auch als der Mathematik. Da sehe ich einen großen Bedarf."

    "Also, da ist die Wunderkerze kleben geblieben, und dann war es auch nicht mehr magnetisch" - "Also, Gemisch erhitzte sich sehr stark an. Wie haben wir das erkannt?"

    Wenige Minuten später: Dahlia Fischer kommt zum Chemieunterricht in die Klasse 8 e. Die Schüler lernen, wie chemische Reaktionen funktionieren. Dahlia Fischer erläutert dies anhand von Alltagsbeispielen: Da werden Wunderkerzen angezündet und Tintenkiller bemüht, um in die geheimnisvolle Welt der Chemie einzudringen. Bezüge zum Alltag herstellen, so oft wie möglich, so anschaulich wie möglich - auf diese Weise können Chemie und Physik zu einer spannenden Angelegenheit werden. Kürzlich behandelte sie im Physikunterricht die Messgröße 'Geschwindigkeit'.

    "Und in einer Wiederholungsstunde nießte ein Kind, worauf ich mir dann die Frage stellte: Wie können wir die Geschwindigkeit des Nießens messen? Die Schüler waren auch begeistert und haben sich 20 Minuten lang mit dieser Thematik beschäftigt: Wie könnte man eine Versuchsanordnung aufbauen, um die Geschwindigkeit des Nießens zu bemessen? Bis hin zu: Wie werte ich so eine Messreihe aus."

    Und schon hat jeder seinen persönlichen Bezug zu einem physikalischen Problem. Die Klasse 8 e zählt gerade mal 22 Mädchen und Jungen - eine ideale Größe. Aber:

    "Ich hab' Zehnerklassen mit 30 und mehr Schülern. Da ist es schwieriger. Da muss man also die Gruppen auch insofern teilen, da sieht der Unterricht ganz anders aus."

    Daraus ergibt sich für Dahlia Fischer der nächste Wunsch auf ihrer Weihnachtspost:

    "Kleinere Klassen sind sehr wünschenswert. Die Lernvermittlung in kleineren Klassen ist wesentlich einfacher."

    Und auch nachhaltiger: Bei ihrer eher kleinen achten Klasse hat es Dahlia Fischer jedenfalls geschafft, Chemie als eine spannende Angelegenheit zu vermitteln. Und die Schülerinnen und Schüler wünschen sich, dass das auch so bleibt.

    "Wir machen halt viele Versuche und so. Wir haben gerade Sonnenbrand als Thema. Und jetzt fragen wir uns gerade, warum Schuppentiere in der Wüste keinen Sonnenbrand kriegen. Und dann haben wir jetzt so Schuppen aus Alufolie gemacht und unter den Overheadprojektor gehalten und die Temperatur über und unter den Schuppen gemessen."

    "Es muss halt auch anschauliche Beispiele haben, die den Alltag betreffen, damit man im Alltag auch lernt, dass das bringt, was man da lernt. Wenn man jetzt in den Naturwissenschaften lernt, wie ein Motor funktioniert, ist es dann auch ganz praktisch, wenn man eine Panne hat im Alltag."

    "Viele Versuche, manchmal ist es ganz lustig, wenn da etwas Komisches rauskommt oder so. Lustige Sache oder spannende Sachen kann man sich einfach besser merken. Und da muss man auch für die Arbeiten nicht so viel lernen, als wenn man nur Theorie macht."

    Viele Schülerinnen und Schüler des Carl-Benz-Gymnasiums Ladenburg kommen auch nach dem regulären Unterricht in die Schule. In freiwilligen Arbeitsgemeinschaften beschäftigen sie sich mit Projekten für die Wettbewerbe "Jugend forscht" oder "Exciting Physics", und zwar ganz ohne Notendruck. Und das wäre der nächste Punkt in der Weihnachtspost der Ladenburger Lehrerin: Nicht immer mit dem Notenhammer drohen und Freiräume schaffen für freiwillige AGs, gerade auf dem Gebiet der Physik und Chemie.

    "Bei 'Jugend forscht' beispielsweise ist es sehr klar zu erkennen, dass nicht nur die Schüler, die überall Einser-Noten haben, teilnehmen. In der schriftlichen Ausarbeitung beispielsweise hat eine Schülergruppe angemerkt: Es hat uns viel mehr Freude gemacht, an einem Wettbewerb teilzunehmen, anstatt nur eine gute Note zu haben. Wir sind mit vier Gruppen an diesen Wettbewerb gegangen. Und drei haben Preise erhalten. Das war ein Supererfolg!"

    Nachdenken über neue Motivationsformen – das hat die engagierte Pädagogin deshalb ebenfalls noch in ihre Weihnachtspost hineingepackt. Und noch ein Punkt steht drauf. Den kennt Dahlia Fischer aber gar nicht. Den hat ihr Schulleiter Günter Keller noch klammheimlich dazu geschrieben: dass das Engagement der preisgekrönten Lehrerin auch in Zukunft nicht nachlässt - und dass sie dabei viele Nachahmer findet.

    "Ich sage immer: Als Pädagoge kann man einen Teil lernen. Aber den größeren Teil, den muss man in die Wiege gelegt bekommen haben. Und sie schafft es, Zugang zu den Schülern zu finden. Sie hat den Schlüssel, um tatsächlich an die Schüler heranzukommen. Und da hat sie ein besonderes Händchen, würde ich mal sagen."