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Weiße Weihnacht ade!

Schmelzende Gletscher, erodierende Hänge, Muren und fehlender Schnee, so sehen Klimaforscher die Zukunft der Alpen. Der Klimawandel betrifft Europas größtes Gebirge besonders stark. Eine neue Studie des Deutschen Alpenvereins untersucht die Schneesicherheit in den bayerischen Skigebieten.

Von Susanne Lettenbauer | 18.04.2013
    Schnee im April - am Arlberg, in Ischgl, im Kaunertal kein Problem. Auf deutschen Pisten sieht es da schon schlechter aus. Einzig am Nebelhorn, auf der Zugspitze und im Kleinwalsertal können jetzt noch die Bretter untergeschnallt werden. In Garmisch-Partenkirchen, in Lenggries und am Sudelfeld herrscht bei 16 Grad bereits Frühlingswetter. Die Schneekanonen stehen auf dem Gras. Dieses Szenario wird sich in Zukunft noch verstärken, ergibt die neue Studie des Deutschen Alpenvereins DAV. Umweltexperte Jörg Ruckriegel fasst zusammen, dass

    "die Schneesicherheit auch mit technischer Beschneiung mittel- bis langfristig nicht mehr möglich sein wird und gerade die Beschneiung an Grenzen stoßen wird. Also dass die Skigebiete je nach Höhenlage durchaus für eine Übergangszeit schneesicher gehalten werden können durch Schneekanonen, das wird aber früher oder später an Grenzen stoßen diese Möglichkeit."

    Im Auftrag des DAV hat ein Team der Universität Innsbruck Klimadaten des Deutschen Wetterdienstes, des hydrografischen Dienstes Tirol und vier deutscher Höhenstationen am Hahnenkamm im Allgäu, auf der Zugspitze, am Wendelstein und auf dem Rauschberg bei Ruhpolding ausgewertet. 46 Skigebiete vom Jenner in Berchtesgaden bis hin zum Lindenberg im Allgäu wurden auf ihre natürliche und technische Sicherheit mit Hilfe von Schneekanonen untersucht.

    "Wir haben in Schritten von 0,5 Grad eine Erwärmung prognostiziert, also eine Erwärmung von 0,5 Grad bis zu 4 Grad Celsius und für alle diese Stufen wurde dann bewertet, wie sich die Schneesicherheit in den Skigebieten entwickeln wird".

    Der Studie zufolge wird es in zwei Dritteln der bayerischen Skigebiete, nämlich in allen die unter 1200 Höhenmetern liegen, im Zeitraum bis 2025 grün sein im Winter, vor allem zu Weihnachten. Die Weihnachtsregel, nach der in der umsatzstarken Zeit der Weihnachtsferien an allen Ferientagen Schneesicherheit herrschen muss, lässt sich nicht mehr halten, auch nicht mit Schneekanonen. Die prognostizierte Verschiebung der Schneesicherheit auf die Monate Januar bis April muss künftig berücksichtigt werden bei touristischen Angeboten. Eine generelle Absage an Investitionen in Beschneiungsanlagen ist die DAV-Studie jedoch nicht:

    "Das ist in bestimmten Skigebieten durchaus noch sinnvoll, das muss man sich genau anschauen, wie die Höhenlage ist, wie die klimatischen Bedingungen sind und dann ist es rein aus wirtschaftlichen Erwägungen unter Umständen durchaus vertretbar."

    Dennoch sollten die Kommunen ein Umdenken erwägen und auf alternative Tourismusformen setzen. Spätestens 2030 dürfte nur noch auf der Zugspitze, im Kleinwalsertal und am Nebelhorn Schneesicherheit herrschen, sagt DAV-Experte Ruckriegel:

    "Also ich würde den Kommunen raten sich ganz genau die Ergebnisse der Studie anzuschauen und dann sich möglichst frühzeitig sich Gedanken machen, was da für Alternativen möglich sind, um dann nicht in 25 Jahren vor dem Problem zu stehen, dass der Skibetrieb nicht mehr möglich ist und sich erst dann etwas überlegen zu müssen. Ich denke, wenn man jetzt wirklich in Alternativen investiert, dann kann es vielleicht auch ein Vorteil sein, weil man dann einen Vorsprung hat vor anderen Gebieten, die diese Investition erst mal nur in Skigebiete stecken."

    Mit der Studie wendet sich der DAV direkt an den Freistaat. Die Untersuchungen seien jetzt ein ganz wichtiges Argument für den Deutschen Alpenverein, Investitionsvorhaben wie am Sudelfeld mit Millionengeldern, unter anderem mit Steuergeldern vom Wirtschaftsministerium, wissenschaftlich fundiert zu kritisieren, sagt Ruckriegel. Warum kann nicht auch Bayern, wie es bereits Österreich vormacht, ein Projekt der Bergsteigerdörfer etablieren, eine spezielle Förderung des Bergsporttourismus in Alpenkommunen.

    "Uns ist auch wichtig, dass gerade in Bayern die Staatsregierung wesentlich mehr in die alternativen Tourismusformen investiert und das Geld eben nicht in die Förderung von Schneekanonen steckt. Dass man in den Genehmigungsverfahren auch diese langfristigen Berechnungen berücksichtigt. Das findet derzeit noch überhaupt nicht statt. Und dass generell ökologische Aspekte eine größere Rolle spielen."

    Weitere Informationen:
    Studie des Deutschen Alpenvereins