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Weiße Weihnachten?

Meteorologie. - Jedes Jahr kurz vor Weihnachten stellt sich erneut die bange Frage: Gibt es in diesem Jahr ein weißes Weihnachtsfest oder doch wieder nur ein grünes? Meteorologen halten sich bislang noch bedeckt. In einem sind sich die Wissenschaftler jedoch einig: Der Klimawandel treibt die Außenluft-Temperaturen in die Höhe - eine weiße Weihnacht wird Jahr für Jahr unwahrscheinlicher.

Von Volker Mrasek |
    Viele hoffen, dass es sie wieder mal geben möge. Doch wollen wirklich alle genau das gleiche?

    "Was ist Weiße Weihnacht? Das ist also nicht so genau definiert. "

    Fest steht auf jeden Fall: Weihnachten hat drei Tage. Nur:

    " Soll das jetzt an allen drei Tagen Schneedecke sein oder nur an Heiligabend? Oder an einem von den drei Tagen? "

    Man ist ja bescheiden geworden. Ein Tag weiße Weihnacht wäre ja schon mal etwas, vor allem für den gemeinen Flachländer. Aber natürlich dürstet es einen auch zu wissen: Wann eigentlich war Deutschland an den Festtagen das letzte Mal komplett weiß? Vom 24. bis zum 26. Dezember? Da ist Gerhard Müller-Westermeier genau der richtige Ansprechpartner. Er ist Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach und betreibt dort Klima-Statistik.

    "Bei den Stationen, die wir durchgesucht haben, da war’s 1986 schon fast so weit. Nur in Frankfurt hat ein Tag gefehlt. 1981, da war wirklich so an allen Stationen an allen drei Tagen weiße Weihnacht. Also das ist schon 24 Jahre her. "

    Ganz allgemein gibt es in Deutschland an den Festtagen ein Nordwest-Südost-Gefälle:

    " Wenn Sie da nach Südosten hingehen, dann wird’s natürlich besser. Also in München kriegen Sie schon so jedes dritte Jahr so eine richtig schöne weiße Weihnacht mit Schneedecke über drei Tage. Wenn Sie über 1.500 Meter sind, können Sie einigermaßen sicher sein, auf der Zugspitze sind Sie ganz sicher. "

    Aber geht nicht auch diese Sicherheit langsam verloren? Schließlich treibt der Klimawandel doch die Außenluft-Temperaturen in die Höhe.

    Ein Trend, der sich seit dem letzten Jahrzehnt zuspitzt. Und den auch Ecko Bruns aus seinen Daten herausliest. Bruns koordiniert das phänologische Netzwerk des Wetterdienstes, das heißt er wacht über die Vegetationsperiode und ihre jahreszeitlichen Veränderungen. Bei Bruns gehen regelmäßig die Meldungen von fast 1500 Pflanzenbeobachtern aus ganz Deutschland ein:

    "Weiße Weihnacht, die gibt’s ohnehin seit jeher schon selten. Aber in den letzten 20 Jahren kann man schon feststellen, dass die Winter doch deutlich milder geworden sind. Und das macht sich auch sehr stark bemerkbar in der Pflanzenentwicklung. Wir haben also Entwicklungszeiten, wenn man jetzt mal ganz Deutschland betrachtet, die sich um bis zu 30 Tage in den Winter hinein verlagert haben. Also, generell kann man, glaube ich, sagen, dass die Winter sich verkürzen. "

    Wie sieht es nun in dieser Saison aus? Bekommen wir einen kalten oder einen milden Winter? Und vor allem: Gibt es weiße oder grüne Weihnachten im Lande?

    Beim Deutschen Wetterdienst hält man sich noch bedeckt. Frühestens am Freitag wollen sich die Offenbacher äußern. Und auch dann nur für den Fall, dass die Wetterlage stabil ist und eine einigermaßen verlässliche Vorhersage bis Weihnachten zulässt.

    Beim britischen Wetterdienst, dem Met Office , lässt sich da schon mehr in Erfahrung bringen - auch jetzt schon. Dort heißt es, mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent werde der Winter in Europa diesmal kälter als im Mittel der Jahre. Das Met Office gibt auch einen so genannten Vier-Wochen-Ausblick für Dezember. Darin heißt es, dass ab der Monatsmitte Luftströmungen vom Atlantik vorherrschen dürften, und die sind bekanntlich mild. Für die kommenden beiden Wochen sagen die britischen Wetterfrösche Regen oder sogar Schauer voraus und Temperaturen über dem Gefrierpunkt. Also keine weißen, sondern grüne Weihnachten. Jedenfalls auf der Insel.

    Doch gilt das auch für Kontinentaleuropa? Fällt der Regen hier vielleicht als Schnee? Wissen müsste man das eigentlich beim Europäischen Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersage . Auch das sitzt in England. Doch die Meteorologen dort geben ihre Daten grundsätzlich nur an die Wetterdienste weiter, nicht aber an die Öffentlichkeit.

    So scheint also im Augenblick nur eines sicher zu sein: Zumindest mittelfristig werden die Chancen auf Weiße Weihnachten in deutschen Landen sinken. Damit darf man Wetterdienst-Meteorologe Müller-Westenmeier auf jeden Fall zitieren - auch heute schon:

    " Wenn’s wärmer wird, muss natürlich der Niederschlag mehr als Regen fallen. Aber so extrem ist die Erwärmung bis jetzt noch nicht geworden, dass wir also feststellen könnten, dass weiße Weihnachten insgesamt seltener geworden sind. Aber wenn’s weiter wärmer wird, wie ja nach allen Klimamodellen vorhergesagt wird, dann dürfte so in 50 Jahren weiße Weihnachten im Flachland in Deutschland wohl endgültig passé sein. "