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Weißlicht-Laser zum Schnäppchenpreis

Physik. – Die intensiven Lichtstrahlen der Laser sind aus dem Alltag kaum mehr wegzudenken. Über lange Strecken laufen ihre Lichtfinger schnurstracks geradeaus und treffen punktgenau digitale Daten oder zu schweißende Stahlplatten. Ein weiterer Vorteil ist die Reinheit seiner Farbe – doch sie lässt sich nachträglich kaum mehr manipulieren. Nur über kostspielige Tricks lässt sich dies bewerkstelligen. Aber bei manchen Anwendungen wäre mehr Farbenspiel der konzentrierten Lichtstrahlen wünschenswert. Eine Forschergruppe aus Bonn entwickelt derzeit ein Verfahren, das Buntlicht-Laser zu akzeptablen Kosten erlaubt.

    Wenn Ihr CD-Spieler eine Bach-Fuge wiedergibt, dann greift ein feiner, roter Lichtfinger zwar nicht in die Tasten, so doch in die digitalen Spuren. Sofort würde es jeder schmerzlich vermissen, müsste er von heute auf morgen auf die raffinierte Technologie verzichten. Doch dabei handelt es sich meist um eine eher schlichte Form der Lichtkonzentration, bei der Photonen einer Wellenlänge auf Gleichschritt getrimmt werden. Für manche Anwendungen jedoch ist es vorteilhafter, wenn wie etwa bei einer Glühlampe möglichst alle Farbanteile des sichtbaren Lichts in einem Laserstrahl vereint wären. An diesem Kunststück werkeln Professor Harald Gießen und sein Team von der Abteilung ultraschnelle Nanooptik am Lehrstuhl für Angewandte Physik der Universität Bonn. Bislang konnten so genannte Buntlichtlaser nur mit besonderen "nichtlinearen" Kristallen erzeugt werden. Doch schon ein kaum Fingernagel großes Stück der exotischen Lichtformer kostet bereits mehrere Tausend Euro. Das neue Bonner Verfahren soll dagegen Buntlichtlaser zum Schnäppchenpreis ermöglichen, berichtet Gießen: "Das Herzstück des Aufbaus ist eine schlichte, herkömmliche Telekommunikationsglasfaser, die über einer Flamme langsam in die Länge gezogen wird, bis sie sehr dünn ist."

    Wird jetzt Laserlicht durch die feine Ader geschickt, wandelt sich seine Frequenz: Rot geht über in Grün, Gelb, Blau und erhält schließlich alle Farben, die gemeinsam weißes Licht ergeben – den so genannten Buntlichtlaser. Den zugrunde liegenden Effekt nennen Physiker "Soliton", erklärt Diana Türke, ebenfalls Bonner Nanooptikerin: "Der Begriff rührt von einem Phänomen, das ein englischer Lord im 17. Jahrhundert beim Ausritt feststellte. Dabei fiel ihm auf, dass Wellen eines engen Kanals mit geringer Wassertiefe keineswegs wie gewohnt immer flacher werden und auseinander laufen, sondern vielmehr über viele Kilometer als Wellenberg fortgleiten können." Genau das gleiche geschehe in der Glasfaser, wo ein Lichtimpuls bei seiner Reise eng beieinander bleibt. Für ein Soliton wirkt die Glasfaser quasi wie ein viel teurerer, nichtlinearer Kristall, in dem aus rotem Licht weißes wird. Mit einem kleinen Trick im Laser-Aufbau können die Bonner Laserspezialisten sogar bestimmte Farbanteile verstärken. Dazu führen sie einen Teil des weißen Lichtes nochmals durch die lang gezogene Glasfaser. Auf diese Weise entstehen außergewöhnliche Laser-Farben, die mit herkömmlichen Methoden nur schwer erzeugt werden können und die beispielsweise in der Mikroskopie angewandt werden können. "Bei speziellen Mikroskopieprozessen werden zwei Farben benötigt und zu einer dritten vermischt. Mit diesem Verfahren können beispielsweise chemische Stoffe in der Zelle unterschieden und ihre Bewegung untersucht werden", so Harald Gießen.

    Zwar ist der Bonner Mischlaser bereits zum Patent gemeldet worden, dennoch bleibt für Gießen und seine Mitstreiter einiges zu tun. So soll jetzt die Apparatur, die derzeit noch einen ganzen Labortisch in Anspruch nimmt, drastisch verkleinert werden. Schlüssel dazu sei ein moderner und handlicherer Diodenlaser: "Könnte man die Faser mit diesem Lasertyp kombinieren, dann wären sehr kompakte und kostengünstige Geräte für medizinische und chemische Anwendungen in greifbarer Reichweite", glaubt Professor Gießen.

    [Quelle: Arndt Reuning]