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Weiter so!

Die Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hat erste Effekte der Exzellenzinitiative untersucht. Insgesamt zieht sie ein positives Fazit und lobt vor allen Dingen die freigesetzte Kreativität.

Von Jacqueline Boysen | 08.03.2010
    Die gute Nachricht zum Tage vorab: Die Universitäten folgten mehr und mehr dem Prinzip der Gleichstellung von Frauen und Männern:

    "Es gibt ein sichtbares Plus an weiblichen Professuren, an weiblichen Stellen, es gibt ein Plus bei der Kinderbetreuung, da hat die Exzellenzinitiative Wirkungen erzielt, von denen wir hoffen, dass sie perpetuiert werden."

    Das jedenfalls erwartet der Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Günter Stock. Konkrete Vorteile erkenne er noch nicht, doch sei spürbar, dass die Hochschulen und Forschungseinrichtungen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu befördern versuchten. Das ist ein Ergebnis der heute in Berlin vorgelegten Zwischenbilanz der Akademie zur Exzellenzinitiative.

    Die übrigens überwiegend männlichen Autoren der dreihundertseitigen Studie kommen zu dem Schluss, dass die Initiative insgesamt einen Paradigmenwechsel in der deutschen Hochschulpolitik eingeleitet, aber noch nicht geschafft habe. Günter Stock lobt insbesondere die dank der Exzellenzinitiative freigesetzte Kreativität – in fachlicher Hinsicht wie auch in den Institutionen selbst habe man positiv auf die gesetzten Anreize reagiert:

    " Die Exzellenzinitiative zeigt ganz deutlich, dass im föderalen System Bund-Länder-Vereinbarungen funktionieren - und zwar umso besser, wenn die wissenschaftlichen Kriterien leitend sind."

    Bei allen erfreulichen Effekten, die die Exzellenzinitiative nach Ansicht der Wissenschaftler der Akademie ausgelöst haben – weiterhin sind die Universitäten in Deutschland chronisch unterfinanziert. Michael Zürn, Akademiemitglied, Mitautor der Studie und Forscher am Wissenschaftszentrum Berlin setzt die Exzellenzförderung in Deutschland in Bezug zur finanziellen Ausstattung der Spitzenuniversitäten in den USA:

    "Auch zwei Exzellenzuniversitäten, die FU Berlin oder die Universität Konstanz, die geben hochgerechnet pro Student weniger als 10.000 Euro aus, der große internationale Vergleichsmaßstab liegt bei 100.000 Euro pro Student – hier ist das Grundfinanzierungsproblem."

    Immerhin schade die neue Eliteförderung in Deutschland der Lehre nicht. Sie bringe vielmehr zusätzliche und gute Anstöße, so Stephan Leibfried, Akademiemitglied und Politikwissenschaft der Uni Bremen

    "Es hat natürlich zusätzliche Effekte auf die Studentenschaft, also, wenn wir von den Inseln reden, wo die Exzellenzinitiative wirkt, dann hat es etwa Effekte auf die Ausbildung der Master in forschungsorientierten Mastern, auf die studentischen Hilfskräfte, auf die Lehre – aber eben nur in diesen Inseln, nicht generell."

    Leibfried, Herausgeber der Studie, hat untersucht, inwieweit ein anderes Versprechen der Exzellenzinitiative eingelöst werden konnte: die Brücke zwischen Universitäten und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu schlagen.

    "Dass sie das wollte, ist gut und das haben wir ja auch begrüßt, das hat aber Nebeneffekte, dass die Universitätsstrukturen hybride geworden sind, damit muss man umzugehen lernen."

    Auch auf nicht intendierte Nebeneffekte machen die Wissenschaftler in ihrer Studie über die Exzellenzinitiative aufmerksam. Was beispielsweise bedeutet es langfristig für die nicht-geförderten Universitäten? Welche Auswirkungen hat die Förderung auf das Fächerspektrum der Hochschulen, schmelzen die kleinen Fächer zugunsten großer, möglicherweise eher förderfähiger Fächergruppen? Diese Entwicklungen gelte es langfristig zu beobachten. Grundsätzlich ziehen die Berlin-Brandenburgischen Akademie-Mitglieder jedenfalls eine positive Bilanz: Weiter so, mehr davon und vor allem: noch mehr nachdenken, lautet ihr Fazit.