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Weiter Widerstand gegen Studiengebühren in NRW

In Nordrhein-Westfalen soll es ab dem kommenden Sommersemester Langzeitstudiengebühren geben. Noch ist aber der Widerstand nicht erschlafft. Eine Front von Studentenwerk, Studierendenvertretungen und Gewerkschaft wehrt sich. Am heutigen Donnerstag hat man zur Unterstützung einen Finanzwissenschaftler aus Österreich eingeladen: Dr. Gerhard Wohlfahrt von der Universität Graz.

    Entgegen einem allgemeinen Trend in den Wirtschaftswissenschaften ist Wohlfahrt ein erklärter Gegner von Studiengebühren. "Das ist keine rein ökonomische Entscheidung, sondern es geht um mehr, es geht um Bildung als Wert an sich, und es geht um Chancengleichheit", sagt Wohlfahrt. "Aber das Interessante ist, dass ich auch aus ökonomischen Gründen dagegen bin. Innerhalb der rein ökonomischen Gründe ist vor allem das Marktversagen am Bildungsmarkt anzuführen. Dort wo der Markt versagt, ist natürlich ein Eingriff des Staats gerechtfertigt." Ein Beispiel sei der Kostenzuschuss für die Hochschulbildung. In einem Gutachten haben Wohlfahrt und der Grazer Professor Richard Sturn "Umverteilungswirkungen der öffentlichen Hochschulfinanzierung in Deutschland" untersucht. Sie nahmen also die verbreitete These unter die Lupe, Akademiker bekämen ihre Ausbildung von Nicht-Akademikern finanziert. Salopp ausgedrückt: "Die Krankenschwester bezahlt das Studium des Arztes." In seiner Untersuchung widerlegt Wohlfahrt diese Aussage als Mythos: "Wenn man von Verteilung redet, meint man immer die Verteilung hier und jetzt. Wenn man sich das Hier und Jetzt besieht, dann ist ganz klar, das von Reich zu Arm umverteilt wird. Die deutsche Diskussion ist allerdings geprägt von einer Langfrist-Perspektive. Und ob langfristig von Reich nach Arm oder umgekehrt umverteilt wird, ist strittig. Aber auch hier gibt es einige Anzeichen dafür, dass die Akademiker alles wieder zurück zahlen. Die deutschen Expertisen weisen hier durchaus Mängel auf und sind eindeutig verbesserungswürdig." Auch um Haushaltslöcher zu stopfen, wie in Nordrhein-Westfalen geplant, seien Studiengebühren nicht geeignet. Es handele sich um eine Besteuerung von Bildung und die sei in einem bildungsintensiven Land sehr problematisch, so Wohlfahrt: "Denn das ist der Stoff, aus dem in Westeuropa, Deutschland und Österreich die Zukunft gemacht wird."

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    Die Untersuchung "Umverteilungswirkungen der öffentlichen Hochschulfinanzierung in Deutschland" von Professor Richard Sturn und Dr. Gerhard Wohlfahrt sowie den Kommentar des Deutschen Studentenwerks kann man auf der Webseite des DSW nachlesen.

    Die Diskussionsveranstaltung mit Gerhard Wohlfahrt findet am 24.10.2002 um 17:00 in der Universität Köln statt.