Archiv


Welche Karrierechancen haben Frauen in der Wissenschaft?

In der evangelischen Akademie Tutzing in der Nähe von München tagen derzeit über 100 Frauenbeauftragte deutscher Hochschulen, auf der Suche nach Konzepten für eine effektivere Frauenförderung.

    Meines Erachtens sind das informelle Strukturen, die es Frauen schwer machen, überhaupt in die Situation zu kommen, gefördert zu werden, dass Professoren in der Regel in der Lage sind, eine Person zu protegieren und da häufig Männer ausgucken, weil sie die für kompetenter halten oder für besser geeignet, solche Wege einzuschlagen und Frauen das erst Mal gar nicht so zugeschrieben wird.

    Uschi Baaken ist seit eineinhalb Jahren Gleichstellungs-Beauftragte der Uni Bielefeld. Wenn es darum geht, eine Professur neu zu besetzen und dabei Bewerberinnen nicht zu benachteiligen, kommt die Hochschulleitung an der 34jährigen nicht vorbei. Kein leichter Job an einer Uni, bei der ständig mehrere Berufungsverfahren gleichzeitig laufen. Sich mit jedem Fall genau zu beschäftigen, das kann sich die Psychologin, die gerade mitten in ihrer Doktorarbeit steckt, nicht leisten; erst recht nicht, mit nur einer halben Stelle:

    Das ist wirklich schwierig. Wir versuchen, die rechtlichen Grundlagen von Gleichstellungspolitik einzuhalten, dass Frauen auch, wenn sie qualifiziert sind, zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden, dass sie auf jeden Fall angemessen berücksichtigt werden. Es ändert aber dennoch oft nichts an der Tatsache, dass es oft gar nicht so einfach nachweisbar ist, dass eine Frau mindestens genauso qualifiziert ist und dann genommen werden müsste.

    Das Dilemma, das Uschi Baaken beschreibt, ist typisch für deutsche Hochschulen. Den Anteil der Professorinnen von derzeit knapp zehn auf 50 Prozent zu steigern, erscheint aussichtslos; dabei wären die Chancen so gut wie nie. In den nächsten drei Jahren gehen rund 8000 Professoren in Rente. Um künftig mehr Frauen auf Lehrstühle zu befördern, setzt die Bundesregierung auf die seit Anfang des Jahres eingeführte Juniorprofessur. Ursula Kneer von der Uni Flensburg sieht darin eine Chance:

    Grundsätzlich meine ich, dass sie gegenüber dem alten Weg - der Habilitation - Vorteile bringt. Sie macht unabhängig; sie gibt einen anderen Status nicht dieses ganze Unterwerfungsverfahren, dass eine Habilitation immer wieder bedeutet.

    Nach drei Jahren Forschungs- und Lehrtätigkeit muss sich die Juniorprofessorin bewerten lassen. Bei positivem Ausgang berechtigt dies für eine Bewerbung auf eine ordentliche Professur. Bislang wurden bundesweit über 50 solcher Stellen besetzt. Der Effekt: hier beträgt der Anteil von Frauen schon ein Drittel. Der Blick ins Nachbarland Österreich zeigt, dass es noch weitere Möglichkeiten zur Frauenförderung gibt: Seit Anfang der 90er Jahre gibt es dort die so genannten Arbeitskreise für Gleichstellungsfragen, mit weitreichenden Sanktionsmöglichkeiten. -Roswitha Roth von der Uni Graz:

    Wir sind in allen Personalangelegenheiten beizuziehen, Und wir können alle Entscheidungen u.U, beeinspruchen, wenn Diskriminierung vorliegt oder auch mit einer Aufsichtsbeschwerde belegen.

    Fakultäten dagegen, die Frauen fördern, erhalten zur Belohnung Geld; pro Jahr vier Prozent des Hochschuletats. Das können bis zu 150tausend Euro sein. Das Prinzip scheint zu funktionieren, denn die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen ist in den letzten Jahren deutlich angewachsen, ein Trend, der Österreichs wissenschaftlichen Nachwuchs hoffen lässt:

    Der Pool für künftige Professorinnen ist enorm gestiegen. Die Institute haben vorgezogen, einfach die Frauen aufzunehmen, bevor sie sich auf entsprechende Kämpfe mit dem Arbeitskreis einlassen. Generell ist das Klima für Frauen an der Uni positiver geworden.

    Bessere Entwicklungsperspektiven von Frauen durch finanzielle Anreize in Zelten knapper Mittel müssen sich die Gleichstellungsbeauftragten hier zu Lande auf andere Methoden konzentrieren.