Archiv


Welchen Abschluss haben Chemiker im deutschen Hochschulraum?

Mit dem Stichwort Bologna verbindet man den Plan, in Europa einheitliche Studienabschlüsse zu etablieren. Wie weit die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen in der Chemie mitlerweile gediehen ist, erkundet die erste internationale Bologna-Chemie-Konferenz, zu der 180 Teilnehmer aus 25 europäischen Ländern nach Dresden gereist sind.

Von Uta Bilow |
    Das Ziel ist es, dass wir bezüglich der Ausbildung der Chemiker versuchen Europa zusammenzubringen.

    Professor Terence Mitchell ist der Vorsitzende der Bologna-Kommission der Gesellschaft Deutscher Chemiker, kurz GDCh. Die spricht sich ganz klar für die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge aus, möchte jedoch einen nationalen Alleingang vermeiden. Der "Eurobachelor" in Chemie soll europaweit anerkannt sein und zum Weiterstudium in einem Master-Studiengang berechtigen, ob nun in Portugal oder in Polen. Einheitliche Regelungen müssen her, und die Teilnehmer der internationalen Bologna-Chemie-Konferenz in Dresden treffen sich heute und morgen in Workshops, in denen sie Empfehlungen für die Ausbildungs-Standards oder das Bewertungssystem erarbeiten. Die Differenzen scheinen überbrückbar.

    Ich denke, dass wir im Prinzip die wenigsten Probleme haben mit der Bachelor-Ausbildung. Das klingt zwar zunächst einmal paradox, weil ich weiß, dass man in Deutschland sagt: Ja, Bachelor kennen wir nicht, brauchen wir nicht. Viele Leute sagen das. Nichtsdestotrotz ist es glaube ich am einfachsten, da einen gemeinsamen Nenner zu finden.

    Das Studium zum Bachelor entspricht einer breitangelegten Grundausbildung. Drei Jahre dauert sie, und reicht damit nicht an das klassische Chemie-Diplom heran. Dafür ist der Bachelor-Abschluss aber eine Art Schnittstelle, der anschließende Fachwechsel ermöglichen soll. Studenten können dann auf einen Chemie-Bachelor beispielsweise einen Master-Abschluss in Jura draufsatteln. Und wie es nach dem Master weitergeht, ist ebenfalls Thema der Konferenz in Dresden. Terence Mitchell:

    Neu hinzugekommen mit dem Bologna-Prozess ist der dritte Zyklus, die Promotionsphase, wo wir also auch dann mehr und mehr beispielsweise in Deutschland daran denken müssen, Graduate-Schools, Promotionskollegs oder wie man sie nennen will, auch noch zu etablieren.

    Bei allem Ringen um Studieninhalte und Punktzahlen für Bachelor- und Masterabschlüsse dürfen die Überlegungen zur Promotionsphase nicht zu kurz kommen. Noch immer ist die Promotion der Standardabschluss für Chemiker, etwa neunzig Prozent der frisch Diplomierten beginnt anschließend gleich mit der Doktorarbeit. Gewichtiger Grund dafür:

    Der traditionelle Abschluss eines Chemikers, wenn er in die Großindustrie möchte, ist die Promotion.

    Professor Dieter Jahn von der BASF. Die chemische Industrie ist der Hauptarbeitgeber für Chemiker – sie nimmt mehr als ein Drittel aller Absolventen auf. Die BASF beispielsweise stellt in Deutschland jedes Jahr etwa hundert Chemiker ein, Tendenz gleichbleibend. Ihre Position zu den neuen Studiengängen:

    Die Industrie begrüßt diese Studiengänge, vor allem, weil sie uns in unserem Bemühen, internationaler zu werden, unterstützen wird.

    Gleichwohl sind die Berufsaussichten für Bachelor- und Master-Absolventen in der Industrie sehr bescheiden. Dieter Jahn schätzt den künftigen Bedarf der BASF:

    Bachelor relativ wenig, würde ich mal sagen, auch Master würde ich mal sagen zwei bis drei Prozent, mit steigender Tendenz, wenn denn hier diese Diversifizierung in Bezug auf andere Komponenten des Studiums greifen wird.

    Der Masterabschluss ist für die Industrie nur interessant, wenn er Spezialisten hervorbringt, die beispielsweise neben Chemie noch etwas von Wirtschaft oder Marketing verstehen. Der Rest möge promovieren.