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Welchen Status hat das Institut für Pflegewissenschaften?

In den USA ist Krankenpflege seit mehr als 100 Jahren Hochschulfach, in Deutschland dagegen gibt es diese Studienmöglichkeit erst seit gut zehn Jahren. Zugegeben: Mit mittlerweile rund 50 Fachhochschul-Studiengängen haben wir gewaltig aufgeholt. An den Universitäten ist das Angebot dagegen nach wie vor dünn gesät. Gerade mal sechs Universitäten bieten den Schwerpunkt Pflege an, darunter auch die Uni Bielefeld mit dem Institut für Pflegewissenschaften. Doch jetzt droht Ungemach. Die Professorin und Institutsleiterin Doris Schaeffer setzt sich dafür ein, dass das junge Fachgebiet stärker an der Universität etablieren wird - und handelt sich dafür Ärger ein. Jetzt hat die anerkannte Wissenschaftlerin sogar ihren Rücktritt angekündigt, sollten sich die Arbeitsbedingungen innerhalb der Pflegewissenschaften nicht grundlegend verbessern.

    Ein Beitrag von Silke Tornede

    Forschen, Modellvorhaben entwickeln, und den wissenschaftlichen Nachwuchs ausbilden - darin sieht Professorin Doris Schaeffer ihre Aufgabe. Doch seit geraumer Zeit fühlt sie sich in ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit eingeschränkt. Der Grund liegt in Düsseldorf. Das Landes-Gesundheitsministerium finanziert das Institut für Pflegewissenschaften, das 1995 als so genanntes An-Institut gegründet wurde. Nur mit Hilfe dieser Konstruktion war es damals möglich, das junge Fachgebiet überhaupt an einer Hochschule in Nordrhein-Westfalen anzusiedeln. Und zunächst ging auch alles gut.

    Nun aber hat sich ein Paradigmenwechsel vollzogen. Das Gesundheitsministerium möchte mehr und mehr Einfluss nehmen, auf das was inhaltlich am Institut geschieht, auf das, was gearbeitet wird, auch Einfluss nehmen auf die Stellenbesetzung, und das ist ein Punkt, der aus meiner Sicht zu einer Schlechterstellung meiner persönlichen Arbeitsbedingungen führt, aber der auch ein Übergriff auf die Arbeitsweise von Wissenschaft ist, den ich nicht mittragen kann.

    Die Professorin fühlt sich als Dienstleiterin und Auftragsarbeiterin für das Ministerium degradiert. Hinzu kommt, dass die Instituts-Mitarbeiter anderen Wissenschaftlern an der Uni gegenüber benachteiligt sind. Sie dürfen zum Beispiel nicht lehren. Für Doris Schaeffer ist es darum höchste Zeit, das An-Institut komplett in die Universität einzugliedern und die Pflegewissenschaften damit anderen Fachbereichen gleichzustellen.

    Wenn man die Etablierung von Pflegewissenschaft ernst meint, bedeutet das nun einmal, dass sie in die Hochschule Einkehr halten muss, und das ist ja auch wichtig, um wissenschaftlichen Nachwuchs ausbilden zu können. Dazu müssen sie in der Universität verankert sein...

    Die Bielefelder Universität hat aber kein Geld, um das Institut zu finanzieren. Und das Ministerium? Das schweigt zu den Vorwürfen. Die Studierenden allerdings sind höchst beunruhigt. Immerhin hat die Lehrstuhl-Inhaberin ihren Rücktritt für Ende März angedroht, wenn sich die Arbeitsbedingungen nicht verbessern.

    Falls Frau Schaeffer das Amt niederlegt bleibt für uns die Sorge, dass das Lehrangebot für uns im 3. Semester nicht aufrecht erhalten wird, dass wir keine Diplomarbeit in Pflegewissenschaft abschließen können. Und das ist für mich persönlich und für meine persönliche Berufsplanung eindeutig zum Nachteil.

    Viele von uns, sind bewusst nach Bielefeld gekommen, weil es auch unser Ziel ist, Pflege zu studieren auf Universitätsebene, und unsere Masterarbeit zu machen und eventuell zu promovieren, und das ist für uns noch ein großes Fragezeichen, ob das noch weiterhin möglich ist.

    Mehr als 400 Unterschriften haben die Studierenden inzwischen gesammelt. Damit wollen sie zeigen, wie wichtig ihnen der Fortbestand des Studienangebots ist, sagt Andrea Lamers.

    Für die Pflege und die Entwicklung unserer Profession bedeutet es einfach ein wesentlicher Schritt, auf Uni-Ebene entsprechende Abschlüsse machen zu können.

    Der Hochschul-Abschluss eröffnet Karrieremöglichkeiten, die einer Krankenschwester einfach verwehrt sind. Hinzu kommt, dass sich das Berufsbild gewandelt hat. Die Menschen werden immer älter, chronische Krankheiten nehmen zu, die Anforderungen an das Pflegepersonal steigen. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, sei es wichtig, die Pflegewissenschaften auch an den Universitäten zu stärken und auszubauen, meint Doris Schaeffer.

    Sollte das nicht möglich sein, habe ich meine Konsequenz angekündigt, dass ich zurücktrete von dieser Funktion. Weil ich überzeugt davon bin, dass wir eine von Einflussnahmen freie Entwicklungsmöglichkeit in der Pflegewissenschaft brauchen.