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"Welcome to Germany"

Eine neue Stadt, ein neuer Campus und etliches an Bürokratie erwartet zehntausende Studienanfänger zurzeit. Doch nicht nur Studierende aus dem ersten Semster, auch viele Auslandsstudenten müssen sich in diesen Tagen neu auf dem Campus orientieren. An der Uni Bonn werden sie mit einer "Erasmus Welcome Week" begrüßt.

Von Svenja Üing | 10.10.2008
    Vielsprachiges Stimmengewirr im Akademischen Kunstmuseum der Uni Bonn. Dort beginnen jetzt zum neuen Wintersemester 300 Erasmus-Studentinnen und -studenten aus 20 verschiedenen Ländern ihr Studium, viele von ihnen kommen aus Polen, Frankreich und Großbritannien:

    "Hallo, ich bin Helena Heaton, ich wohne in Sheffield, in Nordengland, und studiere hier in Bonn, weil ich gehört habe, dass es eine sehr fröhliche Stadt ist und hoffentlich werde ich ein gutes Jahr haben."

    "Hallo, mein Name ist Geoffrey, ich bin 20 Jahre alt, ich komme aus Frankreich und ich studiere Medizin in Bonn, weil ich möchte Deutsch lernen."

    "Mein Name ist Bistra, ich bin aus Bulgarien, ich studiere Philosophie, ein Semester für das Wintersemester und der Grund dazu, ich möchte Deutsch lernen, die Kultur besser kennenlernen und das ist es."

    Helena, Geoffrey, Bistra und all die anderen sind erst seit wenigen Tagen in Deutschland und werden für ein oder zwei Semester bleiben. Noch mit etwas gemischten Gefühlen:

    "Ich freue mich darauf, dass ich viele Leute kennenlernen kann, aber ich finde es sehr schwierig, alles auf Deutsch zu tun. Und ich hoffe, dass ich mein Deutsch verbessern kann."

    "Ich fühle mich ein bisschen unsicher jetzt. Und ich kenne nicht alles. Ich habe Angst davor jetzt zurzeit noch."

    Noch ist alles neu: die Sprache, das Studiensystem, der Umgang mit den deutschen Professoren. Deshalb bringen die "Neuen" einen Koffer voller Fragen mit nach Deutschland, weiß Susanne Maraizu vom Dezernat für Internationale Angelegenheiten der Uni Bonn. Damit müssen die ausländischen Studierenden viel höhere Hürden überwinden als die deutschen Erstsemester:

    "Erstmal sowieso fremde Umgebung, Verunsicherung, viel Bürokratie, was auf einen zukommt, wo sich viele überfordert fühlen. Aber auch erst einmal so ein Fremdheitsgefühl. Und das Hauptproblem ist wirklich: Wie krieg ich mich hier immatrikuliert? Wie melde ich mich bei der Stadt, bei der Ausländerbehörde an? Wie kriege ich Kontakt? Wie organisiere ich mein Studium?"

    Um die Erasmus-Studenten mit diesen Fragen nicht alleine zu lassen, organisieren die Bonner schon zum sechsten Mal die "Welcome Week". Erfahrene deutsche Studierende und Mitarbeiter der Hochschule helfen ihnen bei der Immatrikulation, zeigen ihnen die Sehenswürdigkeiten der Stadt und führen sie über den Campus in Bonn Poppelsdorf.

    Denn wenn die ausländischen Gäste gleich zu Anfang einen guten Überblick bekommen, fällt ihnen anschließend das Studium leichter, sagen die Organisatoren. Notwendig ist das, denn im Schnitt schließen bundesweit nur vier von zehn ausländischen Studierenden ihr Studium mit Erfolg ab. Die "Welcome Week" richtet sich zwar ausschließlich an Erasmus-Stipendiaten. Aber darüber hinaus gibt es für alle Auslandsstudierenden Hilfe und Tipps im International Club, in den Sprachtandems, im sogenannten Buddy Programm und am neu eingerichteten "Help Desk", einer Sprechstunde für Fragen rund ums Studium. Außerdem steht ihnen die Tür zum Dezernat für Internationale Angelegenheiten offen, sagt Erasmus-Koordinatorin Susanne Maraizu:

    "Da gibt es auch in diesem Jahr erstmalig eine Infobörse, die für diese Studierenden veranstaltet wird. Es gibt ein Betreuungsprogramm, also auch da ist eine Anlaufstelle. Aber es gibt auch Ausländerbeauftragte, so heißen die in den Fachbereichen, Studienberatung, also da gibt es mehrere Anlaufstellen im Grunde. Es kommt ein bisschen drauf an, was für ein Problem es ist."

    Bei gravierenden finanziellen Problemen konnte seit Mitte der 80er Jahre auch der Verein "Nothilfe für ausländische Studierende" helfen, der zum Studienkolleg der Uni Bonn gehört. Doch der wird Ende dieses Jahres geschlossen, weil dann alle Studienkollegs in NRW dichtgemacht werden. In Bonn ist das auch deshalb bitter, weil die Uni seit anderthalb Jahren für alle, die nicht aus einem EU-Land stammen, einen Betreuungsbeitrag von 150 Euro erhebt. Das Geld fließt in Zusatzangebote wie Deutschkurse und interkulturelles Training. Rektor Matthias Winiger:

    "Wir sind der Meinung, dass mit diesem Beitrag, den sie zu bezahlen haben, die Gegenleistung, die wir ihnen dafür anbieten können, sehr, sehr viel größer ist."

    Dennoch tut der Betrag vielen Studierenden weh, die inklusive Studien- und Sozialgebühren jetzt knapp 850 Euro im Semester zahlen müssen. Sorgen, die sich die meisten Erasmus-Stipendiaten wohl nicht machen müssen. Ihnen geht es in der "Welcome Week", die noch bis morgen dauert, vor allem um einen aufregenden Start ins neue Semester. Tipps, wie das gelingt, bekommen sie natürlich auch von ihren deutschen Kommilitonen:

    "Auf jeden Fall zusammen was zu unternehmen, auf Partys zu gehen, zusammen in die Mensa gehen, auf jeden Fall versuchen, Leute kennenzulernen."