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Wellness - im Trend, aber teuer

Hektik - Stress - Büroalltag. Nach acht Stunden anstrengender PC-Arbeit ruft der Körper nach Ausgleich und die Seele nach Streicheleinheiten. Angebote gibt's genug- zum Beispiel in einem ehemaligen Kloster in der Kölner Innenstadt. Hohe Decken, sanft-gelb getünchte Wände. Doch statt klerikaler Besinnlichkeit und himmlischer Ruhe hören hier alle auf einen Hohepriester der Wellness-Bewegung: Xavas, den alle einfach nur Xavas nennen, ist Trainer im Fitness-Center "Bushido": "Ich mache hier ein Workout, Bauch-Beine-Po, das ist ein Ausdauertraining, auch ein bisschen Fatburner und Kraft." Xavas sieht aus, wie ein Fitnesstrainer aussehen muss: Braungebrannt, durchtrainiert und im roten Trägershirt lacht er in den Saal. 35 abgeschlaffte Büromenschen lächeln müde zurück, aber sie wissen: Hier wird der schwache Körper in nur 45 Minuten wieder in Form gebracht. "1, 2, 3, 4 und noch mal 4, 3, 2, 1." Training in der Gruppe ist in, und amerikanische Fitness-Gurus liefern Jahr für Jahr neue Programme nach Europa. Außerdem strengt es sich gemeinsam leichter an: Wem die 45 Minuten nicht reichen, der bleibt gleich im Saal zum nächsten Kurs. Thomas Körner, Diplom-Sportlehrer und Mitinhaber des Bushido: "Wir bieten auch Step-Aerobic an, das heißt: Die unterschiedlichsten Inhalte können durch das Gruppentrainingsprogramm abgedeckt werden." Das Ergebnis: Ein schöner Körper- relativ bezahlbar durch eine Mitgliedschaft im Fitnesscenter und durch Disziplin.

    Doch wer in der Großstadt auch die Seele baumeln lassen möchte, muss tiefer in die Tasche greifen. 50 Euro im Kölner Floating-Center Samudra. Dort setzt man voll japanisch aufs Wasser und seine entspannende Kraft. In stilvollen Räumen mit den Namen Yangtse oder Ganges stehen zuklappbare Wannen - irgendwie eine Mischung aus VW-Beatle und Flugsimulator. Petra Andrea-Blockfunken von Samudra erklärt: "Das ist eine 35-prozentige Salzlösung: In diesem Wasser hier sind 500 kg Salz. Man kann sich ja vorstellen, darauf schwebt man wie ein Korken auf dem Wasser. Das ist ganz angenehm. Man merkt im Laufe der Zeit, wie die Muskeln nachgeben und wie man in eine ganz tiefe Entspannung fällt." Petra-Andrea Blockfunken kennt ihre Zielgruppe genau. Denn als ehemalige gestresste Rechtsanwältin hat sie Entspannung zu ihrem Beruf gemacht. Kundin Saskia Dehn ist in der Mittagspause vorbeigekommen: "Was gleich sehr entspannend und angenehm ist, ist das warme Wasser. Das trägt einen, man geht nicht unter." Finanziell könnte das schon eher passieren. Floating und ayurvedische Massage kosten bei Samudra im Doppelpack bis zu 95 Euro. Wellness als Luxusgut.

    Auch die Luft zum Atmen lässt sich prima vermarkten - in der Sauerstoffbar "Oxygenia". Andreas Schöponek hatte nach 13 frustrierenden Semester an der Kölner Uni den richtigen Riecher: "Letztlich wollen wir mit unseren Produkten alle fünf Sinne des Menschen ansprechen, und Sauerstoff verstärkt die Sache." Aber der Selbstversuch zeigt: Eigentlich wird man nur müde. Also alles nur heiße Luft? Andreas Schöponek widerspricht und verweist auf die Sauerstofftherapien im medizinischen Bereich: "Wir bieten nicht nur Luft an, sondern 95-prozentigen ionisierten Sauerstoff. Ionisiert heißt nur, dass wir den Sauerstoff energetisch aufladen. Das macht normalerweise die Sonne im Wald, und dadurch aktivieren wir den Zellstoffwechsel." Eine halbe Stunde Durchatmen bei Oxygenia kostet 13 Euro. Ganz schön viel, wenn man bedenkt, dass der Waldspaziergang umsonst zu haben ist. Aber der ist vielleicht nicht ganz so cool.