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Welt-Emoji-Tag
Smileys statt Worte

Kleine Lachgesichter haben die weltweite Kommunikation verändert: In mehr als jedem 10. Beitrag in den sozialen Netzwerken werden Emojis verwendet - in SMS und Messenger-Diensten sind es sogar noch mehr. Aber wird unsere Kommunikation dadurch besser oder schlechter?

Von Anja Nehls | 17.07.2018
    Ein als Smiley bemalter Poller
    Ohne Smiley geht in SMS und Messenger-Diensten fast nichts mehr. (chromorange)
    "Liebe Heike,( Herz), unser Zug fährt um 8,15 ab Hauptbahnhof (Zug). Bitte sei pünktlich (Zwinker) Ich nehme was zu trinken mit (Flasche, Flasche, Flasche, Gesicht mit Freudentränen). LG Martina."
    Der Sprachassistent des Smartphones liest eine Textnachricht vor. Außer den Informationen, wer da wie und wann und mit wem in den Urlaub starten möchte, erfahren wir aber weit mehr: Nämlich dass Martina und Heike sich mögen, dass sie mit dem ersten Sekt im Zug viel Spaß haben wollen und dass Heike zwar daran erinnert werden muss, nicht zu spät zu kommen, Martina dabei aber nicht allzu streng rüberkommen will. Möglich machen das Emojis, kleine Bildzeichen in SMS und Messenger-Diensten wie Whatsapp, in sozialen Medien oder sogar E-Mails. Allein im Facebook-Messenger versenden die Nutzer nach Angaben des sozialen Netzwerks pro Tag fünf Milliarden Emojis. Es gibt kaum jemanden, der sie nicht verwendet:
    "Also ich benutze gerne immer die Lachsmileys, die fröhlichen Smileys, um immer eine gewisse Sympathie auszudrücken und auch gute Laune auszudrücken."
    "Der Grund warum ich das immer benutze ist, um Missverständnisse in schriftlichen Medien zu vermeiden, weil ich hatte das schon oft, wenn ich etwas schreibe, weiß man nicht, welchen Tonfall wird benutzt oder wie ist die Person jetzt drauf, damit kann man das einfach verdeutlichen."
    Emojis ersetzen Sprache nicht, sie ergänzen
    Emojis werden gleichermaßen von Männern und Frauen genutzt, fast gleichmäßig über alle Altersgruppen hinweg. Und zunehmend auch in seriöseren Texten, sagt Anatol Stefanowitsch, Sprachwissenschaftler an der Freien Universität Berlin. Sprache ersetzen könnten sie zwar nicht, aber ergänzen:
    "In der schriftlichen Kommunikation kann man ganz klar sagen, dass die Emojis unserer Kommunikation bereichern, weil sie etwas beisteuern, was auch in der schriftlichen Kommunikation vorher immer gefehlt hat. Es war immer irgendwie ein Problem, dass wir nicht genau wussten, wie ist das gerade gemeint, in welchen Gemütsverfassung ist mein Gegenüber gerade."
    Seit 2010 ist der Siegeszug der Emojis kaum aufzuhalten. Damals integrierte das Unicode Konsortium, das für die weltweite Vereinheitlichung von Schriftsystemen zuständig ist und von Softwarekonzernen wie Apple oder Microsoft getragen wird, die kleinen Bildzeichen in ihre Schriftsätze. Dadurch kann jetzt weltweit auf fast allen Geräten damit kommuniziert werden. In Texten wurden bis dahin nur Emoticons verwendet, die aus Satzeichen gebildet wurden, also z.B. Doppelpunkt und geschlossene Klammer ergibt ein auf der Seite liegendes Lachgesicht.
    Japanische Telekommunikationsunternehmen und Apple griffen die Idee, so etwas als Kommunikationsmittel einzubinden, 2007 als erste auf. Noch heute sind deshalb viele der Bildzeichen eher japanisch oder amerikanisch geprägt statt europäisch, sagt Anatol Stefanowitsch.
    "Das ist so ein Überangebot, ich finde die gar nicht mehr"
    "Ein Croissant gab es lange überhaupt nicht, es gab lange nur Hamburger. Es gab ganz viele Arten von Sushi und japanischen Süßigkeiten, es gab drei verschiedene Sorten von japanischen Schnellzügen. Es gab lange Zeit keinen Fußball, sondern nur so einen American Football. Und das Unicode Konsortium hat schnell verstanden, dass das kulturell ausgeweitet werden muss."
    Jedes Jahr kommen deshalb neue Bildzeichen dazu. Jedes Mitglied des gemeinnützigen Unicode Konsortiums kann Vorschläge machen. Inzwischen gibt es Smileys in verschiedenen Hautfarben oder mit Kopftuch, Berufsdarstellungen jeweils als Mann und Frau, Familienbildchen mit zwei Müttern oder zwei Vätern - ungefähr 2000 Bildzeichen insgesamt. Und das ist auch das Problem, meinen diese jungen Leute. Ein Zu-viel-des-Guten könnte dem Emoji-Boom auch ganz schnell ein Ende setzen:
    "Ich bekomme das zum Teil gar nicht mehr mit, wenn das was Neues kommt."
    "Ich bin auch ziemlich genervt davon und würde hinzufügen, dass auch durchaus eine Verarmung der Sprache, ein gewisser Ausdruck von Sprachlosigkeit ist
    "Das ist so ein Überangebot, ich finde die gar nicht mehr."
    "Ich versuche, die so wenig wie möglich zu benutzen. Ist eine Pest, wirklich."