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Welthandelskonferenz auf Bali
Die Angst vor dem Hunger

Das Abkommen zur Liberalisierung des Welthandels droht zu scheitern. Indien befürchtet, dass Millionen Menschen hungern müssten, sollte die globale Vereinbarung zum vereinfachten Handel getroffen werden. Das Land blockiert deshalb einen Vertrag, den viele Entwicklungsländer herbeisehnen.

05.12.2013
    Indien hat große Angst vor dem Hunger Millioner armer Inder und blockiert daher das erste größere Abkommen zur Liberalisierung des Welthandels, das auf der 9. Welthandelskonferenz in Bali zwischen 159 Ländern der Erde getroffen werden soll. Weniger als 24 Stunden vor dem geplanten Abschluss der Zusammenkunft ist noch kein Konsens in Sicht. "Es ist besser kein Abkommen zu haben, als ein schlechtes", sagte Indiens Handelsminister Anand Sharma.
    Staatliches Programm zur Ernährungssicherheit
    Eigentlich wollte die morgen zu Ende gehende Konferenz das sogenannte Bali-Paket verabschieden. Das Abkommen will durch vereinfachte Zollrichtlinien den weltweiten Handel erleichtern, die Subventionsrichtlinien im Agrarbereich konkretisieren und Ausnahmeregeln für die ärmsten Staaten der Welt formulieren. Es geht um ein verbindliches Regelwerk für den weltweiten Handel.
    Eine Einigung scheiterte bislang am Widerstand Indiens. Das Land verlangt für ein staatliches Programm zur Versorgung von 820 Millionen Menschen mit Reis und Getreide zu subventionierten Preisen, dessen Umfang gegen WTO-Regeln verstoßen könnte, eine unbefristete Ausnahmegenehmigung.
    Übergangszeit von vier Jahren
    Die USA und die EU sowie andere Staaten - unter ihnen Pakistan und Thailand - wollen jedoch eine "Friedensklausel", die Klagen bei der WTO gegen Indiens Subventionen verhindern würde, nur für eine Übergangszeit von vier Jahren gewähren. Dahinter steht die Befürchtung, dass Indien Überschüsse an billigen Nahrungsgütern aus den Vorratslagern für die Armenversorgung auf die Märkte anderer Länder schleust und dort die Preise verdirbt. Darunter würden die dortigen Landwirte leiden.
    Indien lehnt bislang einen Kompromiss ab: "Können wir über einen Kompromiss verhandeln, wenn es um das Grundrecht auf Nahrung geht? Die Antwort ist ein klares Nein", sagte Sharma. In seinem Land und jenen Staaten, die seine Position unterstützen, würden "75 Prozent der Weltbevölkerung" leben, erklärte der Handelsminister.
    Entwicklungsländer sehen Vorteile des Bali-Pakets
    Nach Angaben westlicher Diplomaten wird die indische Haltung jedoch längst nicht von allen Entwicklungsländern unterstützt. "Die große Mehrzahl sieht die Vorteile des Bali-Pakets und will, dass es angenommen wird", sagte ein an den Verhandlungen beteiligter Diplomat. Dies gelte insbesondere für viele Staaten Afrikas.
    Das Bali-Paket kann nur insgesamt und zudem im Konsens aller stimmberechtigten 159 Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation (WTO) angenommen werden. Sollte die Konferenz keine Einigung bringen, halten viele Experten das Bemühen der WTO um multilaterale Handelsabkommen für endgültig gescheitert.