Rajendra Pachauri spricht bei der Pressekonferenz etwa sechs Minuten lang. Er nennt Zahlen, Zeiträume und Kohlendioxidkonzentrationen. Dann richtet sich der Vorsitzende des Weltklimarates auf und schaut das Publikum eindringlich an.
"Dieser Bericht zeigt sehr klar, dass der Hochgeschwindigkeitszug zur Abmilderung des Klimawandels sehr bald den Bahnhof verlassen muss, und zwar mit der gesamten globalen Gesellschaft an Bord. Wenn wir den weltweiten Temperaturanstieg auf weniger als zwei Grad begrenzen wollen, ist das die Botschaft dieses Berichts."
Bislang allerdings deutet nichts auf eine rasche Abfahrt hin. Das zeigen die Zahlen, die Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung präsentiert, einer der drei Vorsitzenden der Arbeitsgruppe, die den dritten Teil des Klimaberichts verfasst hat.
"Die Emissionen steigen weiter an und in den vergangenen zehn Jahren hat sich dieser Anstieg sogar noch beschleunigt - trotz Wirtschafts- und Finanzkrise und obwohl an vielen Orten der Welt schon versucht wird, den Klimawandel abzubremsen. Trotz alledem haben sich die globalen Kohlendioxidemissionen seit 1970 mehr als verdoppelt. Die Energieproduktion und die Industrie sind für Dreiviertel dieses Emissionsanstiegs verantwortlich."
Treibhausgasemissionen müssen um 40 bis 70 Prozent sinken
Ohne Maßnahmen zur Abbremsung des Klimawandels könnten die globalen Temperaturen bis zum Ende dieses Jahrhunderts um 3,7 bis 4,8 Grad Celsius ansteigen, sagt Edenhofer. Die Autoren des Berichts haben über 1200 Szenarien analysiert und kommen zu dem Ergebnis, dass die Treibhausgasemissionen in den nächsten 40 Jahren um 40 bis 70 Prozent sinken müssen, will man das Zwei-Grad-Ziel noch erreichen.
"Das gelingt allerdings nur, wenn die Klimaschutzpolitik sofort umgesetzt wird und alle Maßnahmen zur Abmilderung des Klimawandels ausgeweitet werden. Außerdem ist es notwendig, große Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre herauszuholen, um die CO2 -Konzentration bis zum Jahr 2100 auf deutlich unter 430 parts per million zu senken."
Bündel von Maßnahmen zur Abmilderung des Klimawandels
Die Autoren schlagen ein ganzes Bündel möglicher Maßnahmen zur Abmilderung des Klimawandels vor. Dazu gehören eine Drosselung der Emissionen bei der Energieproduktion und dem Energieverbrauch, beim Verkehr und der Nutzung von Gebäuden, eine gesteigerte Energieeffizienz, der Ausbau Erneuerbarer Energien, die Nutzung der Atomkraft, sowie die Aufforstung von Wäldern. Und sie schlagen vor, die Nutzung von Bioenergie mit der CCS genannten Abscheidung und Speicherung von CO2 zu koppeln.
Nutzung von Bioenergie keine Alternative
Nach Hoffnung der Autoren könnten bei diesem BECCS genannten Verfahren große Mengen CO2 aus der Atmosphäre entnommen werden, indem die Pflanzen Kohlendioxid aufnehmen und dieses nach der Verbrennung in Kraftwerken unterirdisch gespeichert wird und nicht wieder zurück in die Atmosphäre gelangt. Almuth Ernsting allerdings vermutet, dass dieses Verfahren wesentlich mehr Schaden als Nutzen anrichten könnte. Sie ist Ko-Direktorin der Umweltorganisation Biofuelwatch, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Folgen einer großflächigen Nutzung von Bioenergie zu untersuchen.
"Biomasse in Kraftwerken zu verbrennen ist schon für sich genommen sehr ineffizient. Der elektrische Wirkungsgrad liegt bei gerade einmal 30 Prozent. Der Rest geht verloren. Und dann benötigen Sie auch noch sehr viel Energie, um das CO2 abzuscheiden und in den Untergrund zu pumpen. Um diese Energie zu erzeugen, benötigen Sie also noch viel mehr Biomasse. Und das bedeutet, Sie brauchen riesige Landflächen."
Der Weltklimarat erwähne zwar, dass diese Technologie mit Risiken und negativen Folgen verbunden sei, propagiere sie aber trotzdem als wirkungsvolles Mittel, den Klimawandel abzubremsen, kritisiert Almuth Ernsting. Eine vor einem Jahr im Fachmagazin Climatic Change erschienene Studie hat berechnet, dass mindestens 2 Millionen Hektar Land, 20 Prozent des weltweiten Stickstoffdüngers und 4 Billionen m³ Wasser pro Jahr nötig wären, um jährlich auch nur eine Gigatonne CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen, also die Menge, um die sich die CO2 -Emissionen jedes Jahr erhöhen.