Donnerstag, 25. April 2024

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Weltkulturerbe Kölner Dom in Gefahr?

Fischer: Da hatte sich Köln einmal zu Höherem berufen gefühlt und schon gab es wieder Ärger. Der Plan mit mehreren Hochhäusern die Schäl Sick, die falsche Rheinseite, zur Geschäftmeile des dritten Jahrtausends zu machen und damit der Möchtegernmetropole Köln ein bisschen entsprechendes Flair zu verschaffen rief im Sommer die UNESCO auf den Plan. Die vier geplanten Bürotürme seien zu hoch, sie versperrten die Sichtachse auf den Kölner Dom der Welterbestatus des berühmten Baudenkmals sei ernsthaft gefährdet, lautete die Mahnung aus Paris und Köln sah sich auf die rote Liste der gefährdeten Denkmäler gesetzt wie vor ein paar Jahren Potsdam. Heute hatten der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma und Nordrhein-Westfalens Kulturminister Michael Vesper einen Termin in Paris, um den Dom wie die Hochhäuser zu verteidigen, Herr Vesper, was haben Sie denn den Weltkulturschützern denn gesagt?

Moderation: Karin Fischer | 08.12.2004
    Vesper: Wir haben Ihnen zuerst einmal deutlich gemacht, dass wir ihre Sorgen sehr ernst nehmen und dass wir wissen, dass wir darauf auch angemessen antworten müssen. Es war ein Gespräch mit fast allen Mitgliedern des Welterbekomitee, dass ja 21 gewählte Mitglieder umfasst, zusätzlich waren auch da, der stellvertretende Generalsekretär der UNESCO, Mounir Bouchenaki, Francesco Bandarin, als Chef des Welterbekomitees und auch Mechthild Rössler als Vize und wir haben in diesem Gespräch sehr intensiv diskutiert, das eine ist sicherlich eine Pufferzone, die wir dort einrichten müssen und das andere ist die Integrität der Sichtachse auf den Dom.

    Fischer: Die Pufferzone gibt es ja schon, wenn man den Rhein als solche betrachten will und es gibt auch schon das erste der Hochhäuser, das 103 Meter hoch ist, den Kölner Dom noch nicht überragt, aber das Problem bestand ja auch darin, dass es noch weitere wesentlich höhere geben soll, wie lauten denn die konkreten Vorschläge?

    Vesper: Zum einen gibt es die Pufferzone leider noch nicht. Der Rhein ist zwar eine, der reicht aber ganz sicher nicht aus. Und wir sind ja in einer von mir einberufenen Arbeitsgruppe dabei, diese Pufferzone konkret zu definieren.

    Fischer: Das heißt, sie wollen die geplanten Hochhäuser nach hinten versetzen?
    Vesper: Nein, das nicht. Es geht nicht nur um die geplanten Hochhäuser, es geht ganz umfassend darum, wie wir mit diesem Weltkulturerbe umgehen. Und da ist sicherlich, Barbara Schock-Werner war ja heute auch dabei, der Umgang mit der Kathedrale selbst, mit dem kulturellen Erbe, das wir in und unter der Kathedrale finden, der ist sicher vorbildlich. Die Pufferzone muss definiert werden, dass war eine Bedingung damals der Eintragung der Welterbeliste und der dritte und schwierigste Punkt in der Tat, das sind die Sichtachsen. Da haben wir ein Gutachten bei Professor Wachten in Auftrag gegeben, der diese ganz unabhängig überprüfen soll und er wird Gelegenheit haben bei der nächsten Tagung des Welterbekomitees, dass sich mit den Hochhausfragen beschäftigt im Mai, vorzutragen und seine Erkenntnisse darzustellen. Es geht nicht darum, Hochhäuser zu verschieben, sondern es geht darum, inwieweit Planungen verändert werden müssen. Natürlich muss kein bestehendes Hochhaus abgerissen werden, diese Forderung hat dort auch niemand ernsthaft erhoben, sondern es geht darum, bei den zukünftigen Planungen etwas mehr Sensibilität walten zu lassen.

    Fischer: Wenn aber doch die UNESCO aufgrund dieser Planungen schon festgestellt hat, dass die Sichtachse zum Kölner Dom hin beeinträchtigt würde, warum muss man das jetzt noch langwierig so feststellen?

    Vesper: Nein, das hat sie ja so nicht festgestellt, sondern sie hat Sorgen ausgedrückt und deswegen hat sie den Kölner Dom auf die so genannte rote Liste gesetzt, um entweder diese Sorgen auszuräumen oder zu bestätigen. Die UNESCO hat keine eigenen Untersuchungen vorgenommen, sondern sie hat heute auch bestätigt, dass das genau der richtige Weg ist, den wir gehen. Wir brauchen das unabhängige Gutachten eines Experten, der zeigt, welche Auswirkungen haben die Hochhäuser, die geplanten auf die Sichtachsen und dann muss man dieses Ergebnis bewerten. Wissen Sie, der Konflikt zwischen Bewahren auf der einen Seite von Denkmälern und Nutzen und Entwickeln von Denkmälern, der Konflikt ist universell. Der bezieht sich nicht nur auf den Kölner Dom, sondern das haben Sie an fast jedem größerem Denkmal und an fast jedem Weltkulturerbe und das ist dem Welterbekomitee sehr bewusst und deswegen sind die sehr froh, dass wir so ernsthaft diese Sorgen aufgegriffen haben.

    Fischer: Das wäre natürlich meine nächste Frage gewesen, Herr Vesper, wie sieht denn ein möglicher Königsweg aus zwischen diesem satzungsgemäßen Erhalt des kulturellen Erbes und einer zukunftsfähigen Entwicklung in der Domstadt, die ja auch nicht abgeschnitten werden soll?

    Vesper: Ich glaube, dass es Königswege in aller Regel in diesen Fragen nicht gibt, sondern es gibt nur Kompromisse, es gibt gewissermaßen Mittelwege. Man kann einer Stadt wie Köln nicht jede Entwicklungschance nehmen, gerade auf einem großen ehemals industriell genutzten Gebiet, das jetzt als Brache für die Stadtentwicklung zur Verfügung steht und ich predige ja überall als Städtebauminister, dass wir unsere Brachflächen mitten in den Städten nutzen müssen, um Stadt zu machen, um Stadt zu entwickeln, um die Leute wieder in die Städte zurückzuholen. Aber auf der anderen Seite geht es auch darum, das Weltkulturerbe zu verteidigen und nicht durch Sichtmüll gewissermaßen zu beeinträchtigen. Da einen vernünftigen Kompromiss zu finden, das ist das Kunststück, dass wir in den nächsten Monaten vollbringen müssen. Und es ist auch deutlich geworden, das habe ich auch gesagt, als gebürtiger Kölner, die Kölnerinnen und Kölner lieben ihren Dom, das ist das Identitätsmerkmal dieser Stadt und deswegen hat Köln das Interesse und hat Nordrhein-Westfalen das Interesse, dieses Weltkulturerbe zu erhalten.

    Fischer: Michael Vesper, vielen Dank, zum Kölner Dom heute in Paris. Nach Meinung des Generalsekretärs der deutschen UNESCO-Kommission Roland Bernecker reicht es allerdings nicht, wenn Köln die Hochhauspläne beibehält und lediglich besser erläutert, es seien durchaus Änderungen nötig, sagte er der dpa.