Sonntag, 19. Mai 2024

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IWF-Prognose
Weltwirtschaft in "riskanter Phase"

Der Internationale Währungsfonds rechnet für die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr mit einem Rückgang um 0,1 Prozent. Bei der vorigen Schätzung im Januar war der IWF noch von 0,1 Prozent Wachstum des Bruttoinlandsprodukts ausgegangen. Global sieht der IWF die Wirtschaft in einer "riskanten Phase".

11.04.2023
    Das Logo des Internationalen Währungsfonds
    Das Logo des Internationalen Währungsfonds (picture alliance / dpa / Jim Lo Scalzo)
    Der IWF stellte seine Frühjahrsprognose in Washington vor, bei einer gemeinsamen Tagung mit der Weltbank. IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas sprach von einer "riskanten Phase" für die Weltwirtschaft. Positiv sei, dass sich die Wirtschaft langsam von dem russischen Angriff auf die Ukraine erhole und auch die Folgen der Pandemie überwinde. "Unter der Oberfläche jedoch bauen sich Turbulenzen auf", heißt es in seinem Bericht. Das Wirtschaftswachstum bleibe im historischen Vergleich niedrig. Der Kampf gegen die Inflation sei außerdem deutlich zäher als noch vor einigen Monaten erwartet. Weltweit sei es eine Gratwanderung, zum einen Preisstabilität wiederherzustellen und zum anderen ein Abrutschen in eine Rezession zu vermeiden.

    "Historisch schwaches" Wachstum

    Die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Georgiewa, hatte bereits zuvor deutlich gemacht, dass die Wachstumsaussichten infolge des Krieges in der Ukraine und der hohen Inflation weltweit bei unter 3 Prozent liegen dürften. Auch für die kommenden fünf Jahre sagte sie ein "historisch schwaches" Wachstum von um die 3 Prozent voraus. "Das macht uns keine großen Hoffnungen, dass die Sehnsüchte besonders armer Menschen auf der ganzen Welt, und vor allem der armen Menschen in den armen Ländern, erfüllt werden", sagte Georgiewa am Montag.

    Wachstum von 2,8 Prozent erwartet

    Global rechnen die IWF-Experten nun mit einem Wachstum um 2,8 Prozent. Damit revidierte der Währungsfonds seine Prognose vom Januar um 0,1 Prozentpunkte nach unten. Bemerkenswert sei, dass die Wirtschaft besonders in den Industrienationen nur langsam wachse, in den Schwellen- und Entwicklungsländern sehe es besser aus. Für die Eurozone sagte der IWF ein Wachstum von 0,8 Prozent voraus, etwas mehr als im Januar prognostiziert. Die chinesische Wirtschaft wird den früheren wie den aktuellen Zahlen zufolge um 5,2 Prozent zulegen. Deutlich heraufgesetzt wurde die Prognose für Russland: Hier rechnet der IWF trotz der Kosten des Angriffs auf die Ukraine und der westlichen Sanktionen mit einem Plus von 0,7 Prozent. Das sind 0,3 Prozentpunkte mehr als im Januar.

    Inflation geht nicht so stark zurück wie erhofft

    Auch bei den Preissteigerungen korrigierte sich der Währungsfonds. Die Inflation gehe weniger deutlich zurück als zunächst vorhergesagt, hieß es. Für dieses Jahr rechnet der IWF weltweit mit einer Teuerungsrate von im Schnitt 7 Prozent - das sind 0,4 Prozentpunkte mehr als noch im Januar prognostiziert. Für die Industrienationen erwartet der IWF eine Inflationsrate von 4,7 Prozent. Diese Werte sind von der Zielmarke von 2 Prozent noch deutlich entfernt. Zwar trage die strenge Geldpolitik der Zentralbanken langsam Früchte, so der Bericht. Aber nun dürften die Notenbanken im Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise nicht nachlassen. Die Zinsanhebungen bergen allerdings die Gefahr, die Wirtschaft auszubremsen.

    Keine Lohn-Preis-Spirale

    Der IWF hatte aber auch gute Nachrichten zur Preisentwicklung: Zum einen gebe es aktuell keine Anhaltspunkte für eine unkontrollierte Lohn-Preis-Spirale - also den Effekt, dass steigende Löhne als Reaktion auf die hohe Inflation die Preise weiter nach oben treiben. Ein "Silberstreif am Horizont" sei auch, dass die Turbulenzen im Bankensektor dazu beitragen könnten, die Nachfrage auszubremsen - und so einen ähnlichen Effekt wie Zinserhöhungen haben könnten. Damit könnten sie beim Senken der Inflationsrate helfen.
    Diese Nachricht wurde am 11.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.