Trotzdem ist die im Grand Salle Lumiere gestern Abend mit kräftigem Jubel aufgenommene Prämierung des filmischen Pamphlets gegen die Politik der Bush-Regierung ein politisches Statement. Michael Moore gab sich gerührt und verzichtete bei der eigentlichen Preisverleihung auf ein politisches Statement. "What did you do to me" – stammelte er, ausnahmsweise im schwarzen Anzug statt in Shorts und Badelatschen.
Später, bei der Pressekonferenz der Preisträger betonte er mit Blick auf die amerikanischen Medien, die je nach politischer Couler, den Film nach seiner Premiere am Montag, bejubelt oder kritisiert hatten, dass nur eine der Juroren – Emmanuel Beart – Französin ist. Niemand könne also davon sprechen, dass die Franzosen wieder einmal ihrem Antiamerikanismus freien Lauf gelassen hätten.
Am Abend zuvor hatte sein Film schon den angesehen Preis der internationalen Filmkritik eingeheimst. Indiz dafür, dass auch die Preisentscheidung der grossen Jury mehr war als eine politische Demonstration. Fahrenheit 911 – das Wortspiel des Filmtitels verweist auf den 11 September und auf eine Temperatur in der amerikanischen Wärmeskala, nach Michael Moore diejenige, bei der die Freiheit verbrennt. Sein Film ist konsequent einseitig, eine grossartige politische Polemik in der Tradition etwa des kubanischen Dokumentarfilmers Santiago Alvarez und der Filme Jean Luc Godards in der Zeit des Vietnamkriegs. Michael Moore charakterisiert ihn so:
Ich wollte etwas über die Zeiten sagen, in denen wir leben. In Amerika nach dem 11. September. Ich wollte erklären wie wir dahin gekommen sind. Es sollte aber auch Spaß machen. In diesen Zeiten ist es um so wichtiger zu lachen. Deswegen enthält dieser Film genau wie meine anderen Filme eine gehörige Portion Humor. Die lustigsten Sätze hat aber diesmal Bush geschrieben.
Moores will mit seinem filmischen Flugblatt erklärtermaßen in den Wahlkampf eingreifen. Die meisten Fakten sind bekannt. Aber die Zusammenhänge die Moore herstellt, der ironische Ton des Kommentars und die visuelle Kraft einiger Bilder und mancher hochemotionalisierter Szenen, machen "Fahrenheit 911" durchaus zu einem würdigen Palmengewinner, auch wenn ganz sicher die politische Brisanz des Films den letzten Ausschlag gegeben haben wird, die erwarteten Favoriten: "Motorcycle Diaries" von Walter Salles aus Brasilien und "2046" von Wong Kar Wei aus Hong Kong derart "links" liegen zu lassen.
Das diesjährige Festival gab sich generell sehr politisch pointiert, weswegen die Wahl Michael Moores die allgemeine Festivalstimmung ganz gut wiederspiegelt. Und durch die Wahl eines Dokumentarfilmes zum ersten Mal seit 1957, als Jacques Cousteau die Palme D´Or gewann – entspricht der Tendenz des Programms. Festivalchef Thierry Fremaux will das Festival für alle Filmgenres vom Unterhaltungsfilm über den Experimentellen Film bis hin zur Dokumentation öffnen. Das ist in diesem Jahr mit einem sehr vielfältigen Programm mit vielen Stilnuancen gelungen.
Stellvertretend für das stark vertretene asiatische Kino konnte Park Chan Wook aus Korea für seine blutige psychologische Rachestory "Old Boy" – ein Film wie von Tarantino - den Spezialpreis der Jury in Empfang nehmen, den Hochangesehenen zweiten Preis des Festivals. Außerdem gingen mehrere der sogenannten kleineren Preise an Filme aus Thailand, Japan und Hongkong. Die meisten Beobachter zogen eine rundweg positive Bilanz dieses Kurswechsels nach dem stark kritisierten Festival des letzten Jahres, den die Jury offensichtlich goutierte.
Schwierig dürfte es allerdings nun für die konkurrierenden kleineren Festivals werden, wenn Cannes plötzlich auch und gerade an den bislang für sie reservierten ungewöhnlichen bis experimentellen Filmen interessiert ist. Die werden dann auch für das Forum des jungen Films in Berlin zum Beispiel, für Locarno und San Sebastian so lange blockiert werden, bis Cannes sich entschieden hat. Der Wettbewerb der Filmfestivals um die besten Filme wird also noch einmal härter und enger. Doch wer kann es ausgerechnet dem wichtigsten Filmfestival der Welt verdenken, dass es sich erneuern will und überraschenderweise auch kann.
Später, bei der Pressekonferenz der Preisträger betonte er mit Blick auf die amerikanischen Medien, die je nach politischer Couler, den Film nach seiner Premiere am Montag, bejubelt oder kritisiert hatten, dass nur eine der Juroren – Emmanuel Beart – Französin ist. Niemand könne also davon sprechen, dass die Franzosen wieder einmal ihrem Antiamerikanismus freien Lauf gelassen hätten.
Am Abend zuvor hatte sein Film schon den angesehen Preis der internationalen Filmkritik eingeheimst. Indiz dafür, dass auch die Preisentscheidung der grossen Jury mehr war als eine politische Demonstration. Fahrenheit 911 – das Wortspiel des Filmtitels verweist auf den 11 September und auf eine Temperatur in der amerikanischen Wärmeskala, nach Michael Moore diejenige, bei der die Freiheit verbrennt. Sein Film ist konsequent einseitig, eine grossartige politische Polemik in der Tradition etwa des kubanischen Dokumentarfilmers Santiago Alvarez und der Filme Jean Luc Godards in der Zeit des Vietnamkriegs. Michael Moore charakterisiert ihn so:
Ich wollte etwas über die Zeiten sagen, in denen wir leben. In Amerika nach dem 11. September. Ich wollte erklären wie wir dahin gekommen sind. Es sollte aber auch Spaß machen. In diesen Zeiten ist es um so wichtiger zu lachen. Deswegen enthält dieser Film genau wie meine anderen Filme eine gehörige Portion Humor. Die lustigsten Sätze hat aber diesmal Bush geschrieben.
Moores will mit seinem filmischen Flugblatt erklärtermaßen in den Wahlkampf eingreifen. Die meisten Fakten sind bekannt. Aber die Zusammenhänge die Moore herstellt, der ironische Ton des Kommentars und die visuelle Kraft einiger Bilder und mancher hochemotionalisierter Szenen, machen "Fahrenheit 911" durchaus zu einem würdigen Palmengewinner, auch wenn ganz sicher die politische Brisanz des Films den letzten Ausschlag gegeben haben wird, die erwarteten Favoriten: "Motorcycle Diaries" von Walter Salles aus Brasilien und "2046" von Wong Kar Wei aus Hong Kong derart "links" liegen zu lassen.
Das diesjährige Festival gab sich generell sehr politisch pointiert, weswegen die Wahl Michael Moores die allgemeine Festivalstimmung ganz gut wiederspiegelt. Und durch die Wahl eines Dokumentarfilmes zum ersten Mal seit 1957, als Jacques Cousteau die Palme D´Or gewann – entspricht der Tendenz des Programms. Festivalchef Thierry Fremaux will das Festival für alle Filmgenres vom Unterhaltungsfilm über den Experimentellen Film bis hin zur Dokumentation öffnen. Das ist in diesem Jahr mit einem sehr vielfältigen Programm mit vielen Stilnuancen gelungen.
Stellvertretend für das stark vertretene asiatische Kino konnte Park Chan Wook aus Korea für seine blutige psychologische Rachestory "Old Boy" – ein Film wie von Tarantino - den Spezialpreis der Jury in Empfang nehmen, den Hochangesehenen zweiten Preis des Festivals. Außerdem gingen mehrere der sogenannten kleineren Preise an Filme aus Thailand, Japan und Hongkong. Die meisten Beobachter zogen eine rundweg positive Bilanz dieses Kurswechsels nach dem stark kritisierten Festival des letzten Jahres, den die Jury offensichtlich goutierte.
Schwierig dürfte es allerdings nun für die konkurrierenden kleineren Festivals werden, wenn Cannes plötzlich auch und gerade an den bislang für sie reservierten ungewöhnlichen bis experimentellen Filmen interessiert ist. Die werden dann auch für das Forum des jungen Films in Berlin zum Beispiel, für Locarno und San Sebastian so lange blockiert werden, bis Cannes sich entschieden hat. Der Wettbewerb der Filmfestivals um die besten Filme wird also noch einmal härter und enger. Doch wer kann es ausgerechnet dem wichtigsten Filmfestival der Welt verdenken, dass es sich erneuern will und überraschenderweise auch kann.