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Wem gehört die Sternenscheibe?

Rainer B. Schossig: Die Himmelsscheibe wurde sichergestellt und gehört zum Bestand Ihres Museums. Trotzdem gibt es zwischen Kommunen in der Region um den Fundort, dem Land und Geschäftsleuten jetzt eine erbitterte Auseinandersetzung. Worum geht es?

Harald Meller, Direktor des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle, im Gespräch |
    Harald Meller: Zuerst gab es eine Auseinandersetzung um die Benennung des Fundortes. Man wollte von verschiedenen Gemeinden natürlich unbedingt die Priorität der Benennung haben. Am 25.9. des letzten Jahres haben wir nun, nach langer Abwägung, den Fund, "Himmelsscheibe von Nebra" genannt und den Fund mit Foto vorgestellt. Der Bürgermeister von Querfurt veranlasste dann, dass dieser Fund sofort graphisch umgezeichnet wird und mit der von uns vorgestellten Bezeichnung als Marke angemeldet wird.

    Rainer B. Schossig: Also, Sachsen-Anhalt bleibt ja Besitzer des Stückes, dieses Fundes und das Land kann eigentlich darüber verfügen. Warum halten Sie dennoch die Schritte Querfurts für nicht in Ordnung?

    Harald Meller: Na ja, wir kennen ja solche Vorgänge bei Luther, Bach und Händel, dass man versucht, sich Rechte zu sichern, die aus unserer Sicht einem nicht zustehen. Das Land ist Eigentümer, verfügt über die Bildrechte, aber auch über die sich aus dem Eigentum ableitenden Rechte. Wir versuchten hier eine Löschung der Marke gütlich zu erreichen. Es kann nicht im Interesse des Landes liegen, wenn eine Gemeinde partikular partizipiert, sondern unser Interesse ist vielmehr, dass das ganze südliche Sachsen-Anhalt, ja Mitteldeutschland, positive Effekte hat, etwa aus touristischem Aufkommen oder aber aus dem Verkauf entsprechender Souvenirs etc. Und das Land kann nicht zulassen, dass einzelne, und seien es Gemeinden, andere bösgläubig von der Vermarktung, beziehungsweise von den positiven Effekten ausschließen.

    Rainer B. Schossig: Geht es nur um die Vermarktung? Wenn es nur darum ginge, wäre es doch eigentlich in Ordnung, denkt man als Laie, dass Nebra oder eben Querfurt sich von dem Glanz der Scheibe etwas nutzen. So wie Köln den Dom benutzt oder das Dorf Willendorf den Titel der Venus von Willendorf, was ist dagegen einzuwenden?

    Harald Meller: Dagegen ist zum Beispiel einzuwenden, dass Nebra das eben nicht nutzen könnte, wenn es Querfurt hat. Wir wollen, dass alle positive Effekte haben, auch Nebra und auch die anderen Städte und nicht nur Querfurt.

    Rainer B. Schossig: Wie kommt es, dass man in Querfurt so querulantisch ist und da nicht einsieht, dass auch die anderen etwas davon haben sollten?

    Harald Meller: Es gibt sicherlich eine gewisse Enttäuschung, dass wir den Fund nicht Himmelsscheibe von Querfurt oder Ziegelroda genannte haben. Auch hier wurde ja juristisch gegen die wissenschaftliche Bezeichnung vorgegangen, beziehungsweise versuchte man das. Das zeigt einfach, dass man nicht fürs ganze Land denkt, sondern doch sehr kleinregionale Vorstellungen hegt.

    Rainer B. Schossig: Treten denn die kleineren Orte rundherum als Nebenkläger auf oder handelt es sich um einen Streit zwischen dem Land und der Stadt Querfurt?

    Harald Meller: Wir haben eine hervorragende Verbindung zum Landkreis Querfurt und dem dortigen Landrat und zu den umliegenden Gemeinden. Es ist tatsächlich eine einzelne Meinung und ein einzelnes Engagement, das in der Region nicht die Unterstützung findet.

    Rainer B. Schossig: Wie soll es weitergehen jetzt an dem Fundort, was ja eine Art prähistorisches Observatorium ist? Wie geht es dort weiter?

    Harald Meller: Am Fundort machen wir sehr erfolgreiche Ausgrabungen. Am achten September ist ein Prozess mit den angeklagten Hehlern und Raubgräbern, der dann eindeutig die Fundsituation hoffentlich klären wird. Die Grabungen führen zu guten Ergebnissen. Wir haben ja auch das nahegelegene Sonnenobservatorium von Goseck gefunden. Wir werden dort in der Region einen sicherlich gut besuchten archäologischen Wanderpfad errichten. Wichtig ist, dass wir Ende des nächsten Jahres, ab fünfzehnten Oktober, eine Landesausstellung zur Himmelscheibe von Nebra machen, wo man im Landesmuseum in Halle diesen Fund wieder sehen kann.

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