Modernes Bauen ist nur sehr bedingt eine Sache von Mörtel und Steinen. Die architektonischen Skulpturen, die heute unsere Städte bevölkern, arbeiten mit Stahl, Spiegelglas und Beton, mit Verschalungen und Verstrebungen und Tragwerken, die die Prinzipien der Funktionalität längst hinter sich gelassen haben. Sie wollen selbst Kunstwerk sein - und sind in hohem Maß abhängig von den Erfindungen der Statik-Tüftler und der Verwendung industriell, seriell gefertigter Einzelteile.
Die (exzellente) Münchner Ausstellung wirft nun einen Blick zurück in die Industrialisierung - und nach vorn ins digitale Zeitalter. Dabei stellt sich (wieder einmal) heraus, dass die konsequente, die schöne Konstruktion doch eher von den Pionieren des Fachs gefunden wurde, ikonenhaft repräsentiert etwa von Gustave Eiffel und seinem Pariser Turm.
Mitte des 19.Jahrhunderts begannen einige Architektur-Avantgardisten, in Fabriken gusseiserne tragende Einzelelemente zu produzieren, die dann auf dem Bauplatz nur noch montiert werden mussten. So hat August von Voit 1853 den Münchner Glaspalast errichtet (der 1931 dann leider abbrannte): Er bestand nur aus Glas und Eisenstreben, aus Licht und Leere. Joseph Paxton entwarf für London ganz Ähnliches, den "Crystal Palace". Und Vladimir Suchow baute vierzig Jahre später die riesige Produktionshalle eines russischen Walzwerks, indem er das Dach als gewölbte, zusammen geknüpfte Gitterschale konstruierte.
Konrad Wachsmann hat in seinem Manifest "Wendepunkt im Bauen" 1959 diese Methodik gefeiert: Endlich trete auch die Baukunst aus dem Stadium des Handwerks heraus in das Zeitalter der Industrialisierung, endlich könne man auch Häuser aus vorgefertigten Teilen zusammenbauen wie Autos, Flugzeuge oder Schiffe. Gleichzeitig aber, so sagt Museumsleiter Winfried Nerdinger, gibt Wachsmann auch Kriterien für gute Architektur vor:
"Es kommt eben nicht darauf an, wie die Oberfläche gestaltet ist. Sondern: Wie ist das Ding gebaut. Und daran erkenne ich, ob das ein moderner Bau ist, ob er die Möglichkeiten der Zeit genutzt hat, oder ob da mal ne Mode drübergegangen ist."
Natürlich war Wachsmanns Schrift noch getragen von Fortschritts-Optimismus. Er selber entwarf in den 1940er-Jahren mit Walter Gropius ein (nie auf den Markt gekommenes) Fertighaus-System und später dann genialische, weit ausschwingende Raum-Tragwerke für die Hangars der amerikanischen Luftfahrt-Industrie... Die Ausstellung zeigt nun sehr anschaulich die Konstruktions-Geschichte serieller Bauteile: vom Balloon-Frame-Haus, bei dem - im amerikanischen Westen - vier vorgefertigte, aus Latten bestehende Wände schon ab 1830 einfach hochgeklappt wurden, über die geometrischen Spannwerke des Alexander Graham Bell um 1900 zu den Leichtbau-Kuppeln des Richard Buckminster Fuller der 1950er-Jahre. Prinzip ist immer: maximale Effizienz bei geringem Materialverbrauch. Also: Intelligenz schlägt den Protz.
Das Bauen mit Fertigteilen hat freilich auch eine hässliche Seite. Sie zeigte sich vor allem in der DDR, die ab den 1970-Jahren mit ihren Plattenbauten Ödnis, Monotonie und Langeweile wie ein staatliches Wahrzeichen in die Landschaft stellte. Die intelligenteren Vertreter des Fachs wie Pier Luigi Nervi oder Renzo Piano bauten derweil, auch mit seriellem Material, formbewusste Sportstätten und Ausstellungspavillons.
Mit dem Siegeszug des 3D-Computers begann in den 1990er-Jahren dann etwas völlig Neues: Nun waren die vorgefertigten Bauteile nicht alle gleich, sondern konnten individuell gestaltet werden. Das führte zu einer Explosion der Formen und Ideen, zu Frank Gehrys schwebenden Raumschachteln oder Norman Fosters dynamischen Glas-Überdachungen. Die Ausstellung bezieht hier eindeutig Position: Jürgen Mayers überdimensionierte Schirm-Konstruktionen für die Plaza de la Encarnación in Sevilla hält man in München offensichtlich für reichlich überspannt. Museumsleiter Winfried Nerdinger kann da nur mahnend den Finger heben:
"Viele lassen sich leider dazu verleiten, am Computer zu spielen, die Formen zu bewegen, die Modelle zu drehen und zu verändern und zu sagen: ja, so machen wir's dann. Aber die Aufgabe des Architekten ist weiterhin die Gestaltung!"
Die (exzellente) Münchner Ausstellung wirft nun einen Blick zurück in die Industrialisierung - und nach vorn ins digitale Zeitalter. Dabei stellt sich (wieder einmal) heraus, dass die konsequente, die schöne Konstruktion doch eher von den Pionieren des Fachs gefunden wurde, ikonenhaft repräsentiert etwa von Gustave Eiffel und seinem Pariser Turm.
Mitte des 19.Jahrhunderts begannen einige Architektur-Avantgardisten, in Fabriken gusseiserne tragende Einzelelemente zu produzieren, die dann auf dem Bauplatz nur noch montiert werden mussten. So hat August von Voit 1853 den Münchner Glaspalast errichtet (der 1931 dann leider abbrannte): Er bestand nur aus Glas und Eisenstreben, aus Licht und Leere. Joseph Paxton entwarf für London ganz Ähnliches, den "Crystal Palace". Und Vladimir Suchow baute vierzig Jahre später die riesige Produktionshalle eines russischen Walzwerks, indem er das Dach als gewölbte, zusammen geknüpfte Gitterschale konstruierte.
Konrad Wachsmann hat in seinem Manifest "Wendepunkt im Bauen" 1959 diese Methodik gefeiert: Endlich trete auch die Baukunst aus dem Stadium des Handwerks heraus in das Zeitalter der Industrialisierung, endlich könne man auch Häuser aus vorgefertigten Teilen zusammenbauen wie Autos, Flugzeuge oder Schiffe. Gleichzeitig aber, so sagt Museumsleiter Winfried Nerdinger, gibt Wachsmann auch Kriterien für gute Architektur vor:
"Es kommt eben nicht darauf an, wie die Oberfläche gestaltet ist. Sondern: Wie ist das Ding gebaut. Und daran erkenne ich, ob das ein moderner Bau ist, ob er die Möglichkeiten der Zeit genutzt hat, oder ob da mal ne Mode drübergegangen ist."
Natürlich war Wachsmanns Schrift noch getragen von Fortschritts-Optimismus. Er selber entwarf in den 1940er-Jahren mit Walter Gropius ein (nie auf den Markt gekommenes) Fertighaus-System und später dann genialische, weit ausschwingende Raum-Tragwerke für die Hangars der amerikanischen Luftfahrt-Industrie... Die Ausstellung zeigt nun sehr anschaulich die Konstruktions-Geschichte serieller Bauteile: vom Balloon-Frame-Haus, bei dem - im amerikanischen Westen - vier vorgefertigte, aus Latten bestehende Wände schon ab 1830 einfach hochgeklappt wurden, über die geometrischen Spannwerke des Alexander Graham Bell um 1900 zu den Leichtbau-Kuppeln des Richard Buckminster Fuller der 1950er-Jahre. Prinzip ist immer: maximale Effizienz bei geringem Materialverbrauch. Also: Intelligenz schlägt den Protz.
Das Bauen mit Fertigteilen hat freilich auch eine hässliche Seite. Sie zeigte sich vor allem in der DDR, die ab den 1970-Jahren mit ihren Plattenbauten Ödnis, Monotonie und Langeweile wie ein staatliches Wahrzeichen in die Landschaft stellte. Die intelligenteren Vertreter des Fachs wie Pier Luigi Nervi oder Renzo Piano bauten derweil, auch mit seriellem Material, formbewusste Sportstätten und Ausstellungspavillons.
Mit dem Siegeszug des 3D-Computers begann in den 1990er-Jahren dann etwas völlig Neues: Nun waren die vorgefertigten Bauteile nicht alle gleich, sondern konnten individuell gestaltet werden. Das führte zu einer Explosion der Formen und Ideen, zu Frank Gehrys schwebenden Raumschachteln oder Norman Fosters dynamischen Glas-Überdachungen. Die Ausstellung bezieht hier eindeutig Position: Jürgen Mayers überdimensionierte Schirm-Konstruktionen für die Plaza de la Encarnación in Sevilla hält man in München offensichtlich für reichlich überspannt. Museumsleiter Winfried Nerdinger kann da nur mahnend den Finger heben:
"Viele lassen sich leider dazu verleiten, am Computer zu spielen, die Formen zu bewegen, die Modelle zu drehen und zu verändern und zu sagen: ja, so machen wir's dann. Aber die Aufgabe des Architekten ist weiterhin die Gestaltung!"