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Wenig Raum für Persönlichkeit

Viele Unternehmen schreiben ihre Stellen auf eigenen Job-Portalen aus. Auch die Bewerbung soll dort direkt in Formulare eingeben werden. Eine Bachelorabsolventin testet die Onlineformulare auf Internetportalen großer Unternehmen.

Von Andrea Lueg |
    Nehmen wir mal an eine junge Frau, nennen wir sie Anna, hat gerade ihren Bachelorabschluss in BWL in der Tasche. Jetzt heißt es einen Job suchen: Die Allianz wäre nicht schlecht, Siemens oder auch die Deutsche Bahn. Auf den Homepages der Unternehmen findet Anna jede Menge Infos über die Konzerne, Fakten über die Firmen zum Beispiel, die für das Anschreiben nützlich sein können.

    Die Unternehmen bieten Jobs in aller Welt und in vielen Bereichen, bis Anna die passenden Angebote herausgefiltert hat, braucht es schon einige Klicks. Alle drei Unternehmen haben aber eine Extra-Rubrik für Absolventen, zum Teil mit Tipps für die Online-Bewerbung.

    Bei allen drei Wunschunternehmen findet Anna schließlich ein passendes Angebot für ihr Profil. Bei der Allianz zum Beispiel das "Allianz Management Programm Vertrieb". Bewerben kann sie sich nur per Onlineformular, aber es wird auch ein konkreter Ansprechpartner mit E-Mail-Adresse für Nachfragen genannt. Also ran ans Formular: Das fragt nach den persönlichen Daten, die sind kein Problem, dann Anschreiben und Lebenslauf in einem gängigen Dateiformat. Anna hat beides als Word-Dokumente auf ihrem PC, auch das ist also schnell erledigt.

    Auch die weiteren Fragen sind nichts Besonderes, alles wird im multiple choice Verfahren angekreuzt. Anna ist froh, dass sie ihre Chinesisch-Kenntnisse und ihr ehrenamtliches Engagement im Altenheim in ihren Lebenslauf geschrieben hat. Denn hier gibt es nirgendwo die Chance, das zu erwähnen.

    Auch Siemens hat ein passendes Jobangebot: das Finance Excellence Programm. Doch bevor sie sich dafür online bewerben kann, muss Anna sich registrieren und ein Passwort festlegen. Erst nach einer Bestätigung von Siemens per Mail, die übrigens direkt im Spamfach der Bewerberin landet, kann es losgehen. Leider hat das Programm sie da schon längst von der Seite mit dem passenden Stellenangebot geworfen und Anna muss die Suche von vorne starten. Das dauert.

    Im Formular dann jede Menge Fragen. Zum Beispiel: Ist Anna bereit umzuziehen? Oder zu reisen? Selbst formulierte Antworten von Anna sind nicht gefragt, alle möglichen Antworten werden vorgegeben. Wie bei der Allianz ist Anna nach ein paar Minuten fertig. Als sie das Formular abgeschickt hat, bekommt sie noch die Möglichkeit, weitere Informationen zu ihrer Person in ein ergänzendes Raster einzutragen, etwa welche Sprachen außer Englisch sie beherrscht. Dieses Profil speichert Siemens und wenn ein künftiges Jobangebot zu ihr passt, soll Anna informiert werden. Auf ihre jetzige Bewerbung will Siemens, wie es auch die Allianz versprochen hatte, in einigen Tagen antworten.

    Nächste Station: die Bahn. Hier wird ein Kundenmanager im Customer Support gesucht.

    Die Anforderungen des Jobs werden ausführlich beschrieben, und dann die Überraschung: Es gibt kein Onlineformular. Das Unternehmen bittet Bewerber, ihre Unterlagen per E-Mail zu schicken, an einen konkreten Ansprechpartner, dessen Name und E-Mail-Adresse genannt werden. Irgendwie eine hübsche Abwechslung findet Anna. Und hofft, dass dieser Weg etwas mehr Raum für Persönlichkeit lässt.