Campus & Karriere: Karl-Heinz Heinemann in Bonn, gab es denn eine Einigung in dieser Hinsicht?
Heinemann:Ja, es gab eine Einigung, das hat Sachsens Kultusminister Matthias Rößler, der Vertreter der Länder, dann auch begründet. Die Länder wollten eben drei Prozent mehr drauflegen auf den Haushalt, der Bund wollte nichts drauf tun. Hätte man nun keinen Beschluss gefasst, dann hätten diese Akademieprogramme wieder wie im letzten Jahr völlig ohne genehmigten Haushalt da gestanden. Nun sieht es so aus, dass unter dem Strich doch etwas mehr Geld drin ist, weil man in diese Akademieprogramme nämlich zusätzliche Vorhaben reingenommen hat, unter anderem das Ethikzentrum, das hier in Bonn eingerichtet wird, und andere, die vorher von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurden. Aber im Prinzip sieht es so aus, dass dieses Programm, mit dem 163 Forschungsvorhaben gefördert werden, wo 600 Mitarbeiter dran hängen, zum zweiten Mal eine Nullrunde hat. Und ich habe dann kurz nach der Pressekonferenz den Vorsitzenden, den Präsidenten der Union der Akademie der Wissenschaften, die dieses Akademieprogramm trägt, das ist der Mikrobiologe Gerhard Gottschalk in Göttingen, gefragt, was er denn nun von diesem Beschluss hält:
Das ist natürlich deprimierend für uns, dass wir nicht die Förderung, die an sich den wissenschaftlichen Organisationen vom Bundeskanzler in Aussicht gestellt worden sind, bekommen. Ein Grund liegt sicher darin, dass wir ja nicht institutionell gefördert werden, sondern in der Projektförderung stecken und deshalb werden wir sozusagen so behandelt wie irgendwelche Forschungsprojekte, die eben vom BMBF gefördert werden…
Heinemann:…und eben nicht wie die Max-Planck-Gesellschaft oder die so genannten Blaue-Liste-Einrichtungen, die heute eine ordentliche Erhöhung von der Bund-Länder-Kommission genehmigt bekommen haben.
Campus & Karriere: Und in beiden Fällen geht es ja schließlich um Steuergelder. Da stellt sich natürlich schon die Frage, was wird eigentlich gemacht in diesen Akademieprogrammen, was wird da geforscht?
Heinemann:Es sind 163 verschiedene Forschungsvorhaben. Diese Akademien, das sind ja alterwürdige Einrichtungen. Die sind 300 Jahre alt oder noch älter. Das haben sich früher einmal irgendwelche Herrscher als sozusagen ihre Think-Tanks angelegt. Und seitdem es die Max-Planck-Gesellschaft gibt und andere Großforschungseinrichtungen, findet dort nichts mehr an Naturwissenschaften statt, sondern es werden geisteswissenschaftliche Forschungen betrieben, es werden historische Forschungen betrieben, und es gibt außerdem noch einen kleinen Anteil auch an Naturwissenschaftenforschung. Das sind dann eher Grundlagenforschungen. Und die Akademien stehen natürlich gegenwärtig in der Kritik, ob es überhaupt sinnvoll ist, was sie dort forschen. Damit setzt sich also auch Gerhard Gottschalk auseinander:
Wir haben ja das Akademienprogramm jetzt unter einen neuen Titel gestellt und zwar "Erschließung, Sicherung und Vergegenwärtigung unserer kulturellen Überlieferung" und ich meine, der bringt es schon zum Ausdruck. Wenn man antike Inschriften nicht sichert und sie dann auch den nächsten Generationen erschließt, dann sind die irgendwann weg. Sie fallen schlicht der Korrosion zum Opfer.
Heinemann:Also, wenn man bösartig ist, dann kann man sagen, es sind natürlich Orchideen, die dort gefördert werden. Der ägyptische Wortschatz der Pharaonenzeit, eine Lessingedition oder eben auch naturwissenschaftliche Themen wie "Wo fließt das Gletscherwasser hin?", wo also niemand in der freien Wirtschaft Geld für ausgeben würde.
Campus & Karriere: Aber das ist doch auch wohl genau der Punkt, den die Bildungsministerin, die Wissenschaftsministerin Bulmahn eben kritisiert. Es geht um vergleichsweise geringe Beträge, das muss man ja schon sagen. Also, die Nullrunde im letzten Jahr hat, glaube ich, dem Bund 400.000 Mark gespart. Das ist nicht besonders viel. Aber Bulmahn sagt, Geisteswissenschaften müssten eben in dieser Hinsicht auch stärker eine Orientierungsfunktion übernehmen und das würden diese Akademien nicht tun. Ist das irgendwo berechtigt, dieser Vorwurf?
Heinemann:Ja, die Akademien reagieren ja schon darauf, die haben jetzt so eine Beratungsgruppe für gesellschaftswissenschaftliche Themen eingerichtet, das heißt, die wollen sich jetzt als Berater irgendwie profilieren. Ich habe den Staatssekretär Catenhusen auf der Pressekonferenz gefragt - Frau Bulmahn ist ja gegenwärtig auf dem SPD-Parteitag in Bochum - was bezweckt denn nun eigentlich der Bund mit dieser Kürzung? Heißt das nun, dass man die geisteswissenschaftliche Forschung eindampfen will, und zweitens, wartet man jetzt darauf, dass der Wissenschaftsrat im nächsten Jahr ein Gutachten vorlegt, dass man eine nationale Akademie der Wissenschaften schaffen soll, wie das eben in anderen Ländern auch der Fall ist. Und Catenhusen antwortet darauf:
Der Bund hat entgegengesetzt sogar im Haushalt 2004 bei sozial- und geisteswissenschaftlicher Forschung generell eine Erhöhung des Ansatzes vorgenommen, um da auch Missverständnissen vorzubeugen. Das andere: Nein, es gibt auch für uns keine inhaltliche oder gar politische Verkopplung zwischen der Diskussion um eine nationale Akademie und diesen Akademieprogrammen, denn niemand, der sich mit Vorschlägen für eine nationale Akademie hervor tut, denkt primär daran, an diese nationale Akademie etwa dieses geisteswissenschaftliche Programm, wie es jetzt von der Union der Akademien betreut und durchgeführt wird, zu hängen.
Heinemann: Also, irgend etwas muss da jedenfalls geschehen, wenn die Geisteswissenschaften in Zukunft von den Forschungstöpfen mehr profitieren wollen. Das ist ihnen, glaube ich, schon klar geworden.
Campus & Karriere: Karl-Heinz Heinemann zum Streit zwischen Bund und Ländern bei einer Finanzierung geisteswissenschaftlicher Spitzenforschung in Deutschland, danke.
Heinemann:Ja, es gab eine Einigung, das hat Sachsens Kultusminister Matthias Rößler, der Vertreter der Länder, dann auch begründet. Die Länder wollten eben drei Prozent mehr drauflegen auf den Haushalt, der Bund wollte nichts drauf tun. Hätte man nun keinen Beschluss gefasst, dann hätten diese Akademieprogramme wieder wie im letzten Jahr völlig ohne genehmigten Haushalt da gestanden. Nun sieht es so aus, dass unter dem Strich doch etwas mehr Geld drin ist, weil man in diese Akademieprogramme nämlich zusätzliche Vorhaben reingenommen hat, unter anderem das Ethikzentrum, das hier in Bonn eingerichtet wird, und andere, die vorher von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurden. Aber im Prinzip sieht es so aus, dass dieses Programm, mit dem 163 Forschungsvorhaben gefördert werden, wo 600 Mitarbeiter dran hängen, zum zweiten Mal eine Nullrunde hat. Und ich habe dann kurz nach der Pressekonferenz den Vorsitzenden, den Präsidenten der Union der Akademie der Wissenschaften, die dieses Akademieprogramm trägt, das ist der Mikrobiologe Gerhard Gottschalk in Göttingen, gefragt, was er denn nun von diesem Beschluss hält:
Das ist natürlich deprimierend für uns, dass wir nicht die Förderung, die an sich den wissenschaftlichen Organisationen vom Bundeskanzler in Aussicht gestellt worden sind, bekommen. Ein Grund liegt sicher darin, dass wir ja nicht institutionell gefördert werden, sondern in der Projektförderung stecken und deshalb werden wir sozusagen so behandelt wie irgendwelche Forschungsprojekte, die eben vom BMBF gefördert werden…
Heinemann:…und eben nicht wie die Max-Planck-Gesellschaft oder die so genannten Blaue-Liste-Einrichtungen, die heute eine ordentliche Erhöhung von der Bund-Länder-Kommission genehmigt bekommen haben.
Campus & Karriere: Und in beiden Fällen geht es ja schließlich um Steuergelder. Da stellt sich natürlich schon die Frage, was wird eigentlich gemacht in diesen Akademieprogrammen, was wird da geforscht?
Heinemann:Es sind 163 verschiedene Forschungsvorhaben. Diese Akademien, das sind ja alterwürdige Einrichtungen. Die sind 300 Jahre alt oder noch älter. Das haben sich früher einmal irgendwelche Herrscher als sozusagen ihre Think-Tanks angelegt. Und seitdem es die Max-Planck-Gesellschaft gibt und andere Großforschungseinrichtungen, findet dort nichts mehr an Naturwissenschaften statt, sondern es werden geisteswissenschaftliche Forschungen betrieben, es werden historische Forschungen betrieben, und es gibt außerdem noch einen kleinen Anteil auch an Naturwissenschaftenforschung. Das sind dann eher Grundlagenforschungen. Und die Akademien stehen natürlich gegenwärtig in der Kritik, ob es überhaupt sinnvoll ist, was sie dort forschen. Damit setzt sich also auch Gerhard Gottschalk auseinander:
Wir haben ja das Akademienprogramm jetzt unter einen neuen Titel gestellt und zwar "Erschließung, Sicherung und Vergegenwärtigung unserer kulturellen Überlieferung" und ich meine, der bringt es schon zum Ausdruck. Wenn man antike Inschriften nicht sichert und sie dann auch den nächsten Generationen erschließt, dann sind die irgendwann weg. Sie fallen schlicht der Korrosion zum Opfer.
Heinemann:Also, wenn man bösartig ist, dann kann man sagen, es sind natürlich Orchideen, die dort gefördert werden. Der ägyptische Wortschatz der Pharaonenzeit, eine Lessingedition oder eben auch naturwissenschaftliche Themen wie "Wo fließt das Gletscherwasser hin?", wo also niemand in der freien Wirtschaft Geld für ausgeben würde.
Campus & Karriere: Aber das ist doch auch wohl genau der Punkt, den die Bildungsministerin, die Wissenschaftsministerin Bulmahn eben kritisiert. Es geht um vergleichsweise geringe Beträge, das muss man ja schon sagen. Also, die Nullrunde im letzten Jahr hat, glaube ich, dem Bund 400.000 Mark gespart. Das ist nicht besonders viel. Aber Bulmahn sagt, Geisteswissenschaften müssten eben in dieser Hinsicht auch stärker eine Orientierungsfunktion übernehmen und das würden diese Akademien nicht tun. Ist das irgendwo berechtigt, dieser Vorwurf?
Heinemann:Ja, die Akademien reagieren ja schon darauf, die haben jetzt so eine Beratungsgruppe für gesellschaftswissenschaftliche Themen eingerichtet, das heißt, die wollen sich jetzt als Berater irgendwie profilieren. Ich habe den Staatssekretär Catenhusen auf der Pressekonferenz gefragt - Frau Bulmahn ist ja gegenwärtig auf dem SPD-Parteitag in Bochum - was bezweckt denn nun eigentlich der Bund mit dieser Kürzung? Heißt das nun, dass man die geisteswissenschaftliche Forschung eindampfen will, und zweitens, wartet man jetzt darauf, dass der Wissenschaftsrat im nächsten Jahr ein Gutachten vorlegt, dass man eine nationale Akademie der Wissenschaften schaffen soll, wie das eben in anderen Ländern auch der Fall ist. Und Catenhusen antwortet darauf:
Der Bund hat entgegengesetzt sogar im Haushalt 2004 bei sozial- und geisteswissenschaftlicher Forschung generell eine Erhöhung des Ansatzes vorgenommen, um da auch Missverständnissen vorzubeugen. Das andere: Nein, es gibt auch für uns keine inhaltliche oder gar politische Verkopplung zwischen der Diskussion um eine nationale Akademie und diesen Akademieprogrammen, denn niemand, der sich mit Vorschlägen für eine nationale Akademie hervor tut, denkt primär daran, an diese nationale Akademie etwa dieses geisteswissenschaftliche Programm, wie es jetzt von der Union der Akademien betreut und durchgeführt wird, zu hängen.
Heinemann: Also, irgend etwas muss da jedenfalls geschehen, wenn die Geisteswissenschaften in Zukunft von den Forschungstöpfen mehr profitieren wollen. Das ist ihnen, glaube ich, schon klar geworden.
Campus & Karriere: Karl-Heinz Heinemann zum Streit zwischen Bund und Ländern bei einer Finanzierung geisteswissenschaftlicher Spitzenforschung in Deutschland, danke.