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Weniger Gift im Flugzeug

Wer in den Tropen schon einmal Urlaub gemacht hat, kennt das: Irgendwann auf dem Rückflug, wenn das Flugzeug schon hoch über den Wolken ist, kommt das Bordpersonal mit Sprüh-Flaschen, nebelt die Passagiere ein meist ohne große Erklärungen. Ein leicht beißender Geruch macht sich bemerkbar: Schädlingsbekämpfungsmittel. Diese so genannte Flugzeug-Desinsektion soll verhindern, dass auf Fernreisen Insekten eingeschleppt werden, die Krankheiten übertragen können wie Malaria oder Gelb-Fieber. Doch diese "Insektizid-Dusche" ist für Bord-Personal und Passagiere gesundheitlich nicht ganz unbedenklich. Forscher haben nun eine Methode entwickelt, die weitaus schonender ist, und dennoch wirksam. Die Deutsche Lufthansa setzt sie bereits ein, wie William Vorsatz berichtet:

Von William Vorsatz |
    " Wir haben in der Vergangenheit doch ganz erhebliche Probleme gehabt. Es gibt die Organisation unabhängiger Flugbegleiter UFO. Und die haben uns in der Vergangenheit immer wieder Fälle gemeldet, wo insbesondere das Personal, was mit fliegt, die Stewardessen, auch Kapitäne, gesundheitliche Probleme gemeldet haben. Das sind natürlich Personen, die anders als die Flugreisenden mit häufiger mit diesem Spray, mit dieser Desinsektion, in Verbindung kommen."

    So hatten die Betroffenen sich mitunter über Taubheitsgefühle an Händen und Beinen beklagt. Gegner von Pyrethroiden fürchten gar Langzeitschäden wie Krebserkrankungen.

    Wie gefährlich die Nervengifte letztlich wirklich sind, lässt sich bisher kaum sagen. So lange aber Zweifel bleiben, geht es also darum, den Kontakt zu minimieren. Deshalb haben das Umwelt-Bundesamt in Dessau sowie das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin Hannover in den letzten drei Jahren ein neues Verfahren entwickelt. Klaus Erich Appelt von den Berliner Risikobewertern war Leiter des Projekts:

    " Das entscheidende Prinzip dieser neuen Methode ist eben, dass das Insektizid ausgebracht wird im leeren Flugzeug. Wenn keine Passagiere und auch die Crew nicht im Flugzeug anwesend sind. Und erst nach 20 Minuten empfehlen wir, dass die Passagiere das Flugzeug betreten können. Wenn die Zeit kürzer sein soll zum Betreten des Flugzeuges, nämlich zehn Minuten, dann muss die Klimaanlage während der Desinfektion eingeschaltet sein."


    Bei dem alten Desinsektionsverfahren werden vor allem Langzeitpyrhetroide verwendet. Die lagern aber sich ab, etwa auf den Sitzen, und zerfallen erst nach ca. zwei Jahren. Da summiert sich mit der Zeit einiges. Nun arbeiten die Servicekräfte mit höheren Konzentrationen, aber die neuen Gifte wirken nur für kurze Zeit:

    " Diese Kurzzeitpyrethroide bauen sich innerhalb weniger Tage, innerhalb einer Woche, sind die quasi abgebaut. Aber die Konzentrationen nach dem Sprühen im Flugzeug reichen natürlich auf jeden Fall auf den Oberflächen aus, um auf die Insekten, die sich auf den Oberflächen niederlassen, noch als Kontaktgift zu wirken und die Insekten abzutöten."

    Das heißt: selbst mit den Passagieren und deren Gepäck eingeschleppte Insekten haben kaum eine Chance. Für Crew und Fluggäste ist die Dosis jedoch unbedenklich. Nur jenes Personal, das sprayt, sollte achtsam sei, sagt Appelt:

    " Wenn ein Mitarbeiter das einmalig am Tag durchführt, so eine Desinsektion, dann braucht er sich nicht zu schützen. Muss er das mehrmals am Tag machen, sagen wir vier mal, in Indien oder sonst wo, dann soll er sich schützen, und zwar durch eine Atemmaske und durch Handschuhe."


    Die Deutsche Lufthansa hat sich als erste bereit erklärt, die neue Methode der Desinsektion zu übernehmen. Andere Fluggesellschaften wollen folgen. Noch wichtiger wäre allerdings, dass auch die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, diese Vorher-Desinsektion in ihre Empfehlungen aufnimmt, fordert das Bundesinstitut für Risikobewertung. Dann würden auch die restlichen Fluggesellschaften umstellen.