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Weniger ist mehr

Informationstechnik. - MPEG - dies Kürzel steht für Datenkompression, die Videoclips oder Audiofiles im Internet möglich gemacht hat. Und auch vieles von dem, was wir senden, wird heute als MPEG-File von den Autoren ans Funkhaus überspielt. Eigentlich steht MPEG aber als Abkürzung für "Moving Pictures Experts Group" - und die trifft sich noch bis kommenden Freitag zu ihrer 68. Tagung in München.

Von Wolfgang Nitschke |
    Es gibt sicher kaum noch Jugendliche in Deutschland, die noch nie eine mp3-Datei aus dem Internet herunter geladen haben. Die neusten Hits, die beste Musik – komprimiert auf 3 oder 5 MB und meist kostenlos – zum Leid der Musikindustrie. Doch worüber die einen klagen, lässt andere frohlocken: Hörfunkbeiträge per E-Mail oder Radioprogramme live im Internet wären ohne MPEG nicht möglich. Doch wie schafft man es immer weniger Daten zu übertragen und trotzdem eine Qualität zu bieten, die das menschliche Ohr gut genug klingt? Jürgen Herre vom Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen in Erlangen.

    Wenn wir uns jetzt überlegen was bei Audiodatenreduktion eigentlich passiert, so sind das eigentlich zwei Aspekte. Das eine ist ein gewisser mathematischer Aspekt, dass man es einfach dichter packen kann. Der Fachmann spricht dann von Redundanz-Reduktion. Aber der vermutlich wichtigere Aspekt ist der, dass man Dinge weglässt die der Mensch nicht hören kann. Und das ist eigentlich die größere Quelle des Fortschritts, wenn man sich das über die letzten Jahre anguckt. Was passiert ist, dass die Modelle der menschlichen Wahrnehmung, auf die wir uns berufen, immer feiner werden, dass wir ein besseres Verständnis der Dinge entwickeln, die beim Hören einfach ablaufen, und das versetzt uns in die Lage, Dinge noch geschickter zu verpacken, noch mehr Dinge wegzulassen wie zum Beispiel in den letzten Entwicklungen, wo es dann ganz stark ums räumliche Hören geht, und das ermöglicht uns dann einen neuen Quantensprung – um diesen Begriff mal an dieser Stelle zu brauchen - also das sind Dinge wie zum Beispiel verbessertes Verständnis des menschlichen Hörapparates.

    Oder des Sehens, denn auch die Videokomprimierung ist Thema der MPEG-Konferenz. Doch das Auge lässt sich nicht so leicht betrügen, wie das Ohr. Klaus Diepold, Professor für Datenverarbeitung an der technischen Universität München.

    Man hat auch Modelle, mit denen man versucht, die persönliche oder die menschliche Wahrnehmung auszunutzen, aber die sind bei weitem nicht so ausgegoren, oder so nutzbar - technisch - wie die in Audiobereich. Das liegt einfach daran, dass der visuelle Kontext in seiner Wahrnehmung doch mehrdimensionaler und komplexer ist - also bis man den so richtig verstanden hat, in ein mathematisches Modell zu packen, da ist man also noch weit weg von dem Niveau, dass man in der Audio-Codierung schon erreicht hat.

    Viel mehr als mp3 – oder MPEG 1 Layer 3, wie es korrekt heißt, wird für Monosignale – also auch Sprachkomprimierung zunächst nicht zu erwarten sein, denn irgendwann merkt selbst das Ohr den Betrug. Auf der Cebit wird aber das Special Audio Coding vorgestellt – Mono oder Stereo sind nämlich out – der Hifi-Freak 2004 hat Multikanalanlagen für Soround-Klang und da lassen sich die Daten weiter reduzieren. Noch einmal Jürgen Herre vom Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen in Erlangen.

    Die Idee ist die, dass man ein Multikanal Klangbild ganz kompakt codiert, und zwar, dass man diese fünf Kanäle in ein oder zwei Kanal runtermischt und dann aber zusätzlich noch eine kleine Seiteninformation zu gibt und diese kleine Seiteninformation die beinhaltet Information in sehr, sehr kompakter Weise darüber, wie denn das Multikanalklangbild eigentlich sich gestaltet, wie es sich verteilt über die Lautsprecher im Raum. Zum Beispiel welcher Lautsprecher in welchem Frequenzbereich zu welcher Zeit besonders aktiv ist. Und wenn man das tut, braucht man eigentlich nur zwei Kanäle zu übertragen. Und dieses kleine Stück Seiteninformation, das ist einerseits attraktiv, weil man damit enorm Daten spart, auf der anderen Seite ist es ein ganz attraktives Szenario, weil es ja eben heutzutage fast nur Stereohörer gibt. Mit so einem Format, kann man hingehen, und die Daten so kodieren, dass der Stereohörer ganz normal Stereo empfängt. Wenn ein Benutzer kommt, der einen neueren, verbesserten Decoder hat, der kann dieses kleine Stück Seiteninformation verwenden und ein Multikanalklangbild haben. Das ist ideal dieses Übergangsszenario von Stereobenutzung zu Multikanalbenutzung zu unterstützen.

    Egal ob Mono, Stereo oder Multikanal – das Ohr wird immer raffinierter getäuscht – auch hier bei Forschung aktuell, denn dieser Beitrag wurde als MPEG-File von München nach Köln geschickt und wäre vor wenigen Jahren so nicht möglich gewesen.