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Weniger Stickstoff in Kläranlagen durch Aqualogic

Experten betonen es immer wieder: Wasser wird zum Öl des 21. Jahrhunderts. Das merken wir auch beim Blick auf unsere Wasser- und Abwasserrechnung. Wasser sparen ist da die eine Möglichkeit. Doch auch bei der Wasser-Aufbereitung in Klärwerken gibt es einiges zu tun. Ein neues System, das die Sauerstoffzufuhr und –reduzierung reguliert, soll die Umwelt und unseren Geldbeutel schonen.

von Christoph Kersting |
    Beim Reinigen unseres Abwassers in Kläranlagen gibt es ein grundlegendes Problem: Der Grad der Verschmutzung ändert sich ständig. Bei Regen beispielsweise fließt mehr Wasser als sonst in die Klärbecken, nachts dagegen, wenn viele Menschen schlafen, bedeutend weniger. Die meisten Kläranlagen aber reinigen das Abwasser nur auf der Grundlage von Mittelwerten, können also auf die tatsächliche Wassermenge und Verunreinigung nicht direkt reagieren. Ein weiteres Problem sind die Reinigungsbecken, die für die höchste überhaupt mögliche Zulaufmenge konzipiert sind, auch wenn diese Wassermenge nur wenige Male im Jahr erreicht wird. Unter diesen Vorgaben arbeiteten bisher auch die Entwässerungsbetriebe Würzburg. Bis man sich für den Einbau eines neuartigen Reglersystems entschied, das ständig die für die Klärung tatsächlich notwendige Sauerstoffmenge berechnet. Nicht nur für die Kommune, sondern auch den Gebührenzahler eine lohnende Investition, sagt Kläranlagen-Leiter Winfried Kuttenkeuler:

    Wir haben zwei entscheidende Vorteile: einmal, wir verringern ganz maßgeblich den Eintrag von Stickstoff in den Main durch das gereinigte Abwasser, das wir in den Main ableiten. Und das zweite ist das Finanzielle. Wir sparen dadurch im Jahr in der Größenordnung zwischen 60 bis 70.000 Euro Abwasserabgabe, die wir an den Staat zahlen müssen. Für den Wasserverbraucher hat es zwei Vorteile. Die Gesamtinvestition in Höhe von 180.000 Euro kriegen wir zurückvergütet durch den Freistaat Bayern über die Wasserabgabe, und zweitens: Er spart diese Unkosten, wie gesagt, von 70.000 Euro, und das kommt unmittelbar dem Gebührenzahler zugute.

    Immerhin 27 Prozent weniger Stickstoff leitet das Klärwerk heute in den Main ein, das entspricht bei einer Anlage wie in Würzburg einer Menge von rund 60 Tonnen. Entwickelt hat das Reglersystem Aqualogic die BioTec-Firma Intech BTS in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl Biotechnologie der Uni Würzburg. Das System gibt über Sonden ständig die Sauerstoff- und Schadstoff-Konzentration im Klärbecken an einen Computer weiter. Der berechnet dann den aktuell notwendigen Belüftungsgrad, erklärt Intech-Geschäftsführer Michael Wimmer:

    Der Trick unseres Systems ist, dass wir durch einfache Sensorik die Abbauprozesse durch Mikroorganismen genau beobachten und dadurch diese Abbauvorgänge optimieren, das heißt, wir müssen, um eine bestimmte Reinigung zu erreichen, nicht viel Beckenvolumen zur Verfügung stellen, sondern nutzen das vorhandene Volumen besser, weil wir den Wirkungsgrad dieser Mikroorganismen ausreizen.

    Rund 50 Klärwerke bundesweit hat Intech bisher umgerüstet. Laut Wimmer könnte Aqualogic weitere 10 000 Anlagen optimieren.

    Die Erfahrung zeigt allerdings, dass beim Geschäftspartner Kommune oder Abwasserzweckverband so viele Parteien mitdiskutieren, dass das in der Summe ein sehr träger Vorgang ist, dieses System vorzustellen und zu vertreiben.

    Die umweltpolitische Entwicklung auf Bundesebene könnte die Kommunen indes schon bald aus ihrer Trägheit wachrütteln. Denn im Februar dieses Jahres entschied die EU-Kommission, in Sachen Stickstoffwerte im Abwasser gegen Deutschland zu klagen. Grund: Die Grenzwerte in Deutschland seien zu hoch angesetzt. Um der Verhängung von Zwangsgeldern zuvorzukommen, sollen deshalb laut Umweltbundesamt die Stickstoff-Grenzwerte noch in diesem Sommer per Gesetz herabgesetzt werden.