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Weniger verbrennen, mehr recycln

Für Außenstehende sind die Märkte für Abfallentsorgung, Müllverbrennung und Recycling oft nicht zu durchschauen. Unter Norbert Röttgen arbeitet das Bundesumweltministerium derzeit an einer Novelle des Abfall- und Kreislaufwirtschaftsgesetzes.

Von Dieter Nürnberger |
    Der Arbeitsentwurf des Umweltministeriums für eine Reform des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes soll heute offiziell veröffentlicht werden. Einige Details sorgen allerdings schon jetzt für Diskussionen innerhalb der Entsorgungsbranche. Relativ unumstritten ist derzeit der im Entwurf verankerte Vorschlag, künftig statt der gelben Tonne eine Wertstofftonne einzuführen.

    In einigen Regionen laufen derzeit schon Pilotversuche – Maria Elander ist bei der Deutschen Umwelthilfe Expertin für Kreislaufwirtschaft.

    "Für den Verbraucher ist es nicht nachvollziehbar, warum er bisher nur einige Wertstoffe, das heißt: Verpackungen, getrennt sammeln, andere Wertstoffe hingegen - Kunststoffspielzeug beispielsweise - nicht getrennt sammeln soll. Das sind oft die gleichen Materialien, somit ist es dem Verbraucher auch leichter zu vermitteln, dass sie künftig alle Wertstoffe in einer Tonne sammeln sollen."

    Die Bürger sollen künftig also mehr Müll trennen. Dadurch, so die Hoffnung, werde in Zukunft auch weniger Müll verbrannt und könne so in den Kreislauf der Wiederverwertung gelangen. Der Entwurf sieht für solche Siedlungsabfälle auch eine Quote vor. Das Umweltministerium plant einen Mindestwert von 65 Prozent Recyclingquote bis zum Jahr 2010. Und bei diesem Punkt setzt die Kritik einiger Verbände an. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft BDE sieht diese Quote als zu gering an, er plädiert dafür, eine Quote von 80 bis 85 Prozent festzuschreiben. Auch Maria Elander von der Umwelthilfe hält den Gesetzentwurf in diesem Punkt für nicht ambitioniert genug.

    "Es gibt eine Studie der Europäischen Umweltagentur, wonach Deutschland schon 2005 66 Prozent des Siedlungsabfalls recycelt hat. Ein Ziel, welches jetzt bereits erreicht wird oder - je nach verwendeten Statistiken - auch schon vor fünf Jahren erreicht wurde, ist natürlich nicht ambitioniert genug."

    Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft beziffert die derzeitige Recyclingquote bei Siedlungsabfällen auf rund 63 Prozent. Der BDE ist die mitgliederstärkste Vereinigung der gewerblichen Entsorgungsbranche. Die Hauptkritik am Entwurf wird hier allerdings in unklaren Formulierungen zur künftigen Organisation des Abfallmarktes gesehen. Es geht somit um Zugriffsrechte, denn traditionell stehen hier private gegen kommunale Unternehmen.

    Die Stellungnahme des BDE ist hier eindeutig: Es dürfe keinen Erstzugriff der Kommunen auf getrennt gesammelte Abfälle geben. Hier müsse das Gesetz klar eine gewerbliche Sammlung festschreiben. Dem widersprechen natürlich die kommunalen Konkurrenten. Rüdiger Siechau ist Vorsitzender des Verbandes kommunale Abfallwirtschaft im Verband kommunaler Unternehmen.

    "Da haben wir in der Vergangenheit immer wieder drauf hingewiesen, dass wir solche Spielchen nicht mitmachen. Es ist zuerst wichtig, dass es eine garantierte Entsorgungssicherheit gibt, das garantiert die kommunale Abfallwirtschaft. Und die Zuständigkeit für alle Abfälle aus Haushaltungen muss auch klar in kommunaler Hand bleiben."

    Mehr oder weniger sämtliche Fachverbände kritisieren, dass der rund 200 Seiten starke Gesetzentwurf aus dem Umweltministerium hier wenig Klarheit schaffe. Zentrale Fragen wie die Finanzierung und auch die Aufgabenverteilung zwischen kommunalen und privaten Entsorgern blieben unbeantwortet.

    Dabei hatte es im vergangenen Sommer ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig gegeben. Hier ging es um die Blaue Tonne, um die Sammlung von Papier also, aber seitdem hatten die kommunalen Entsorger zumindest die Hoffnung, mehr Zugriffsrechte auf den Müll, nicht nur die Verwertung des Restmülls, zu bekommen. Rüdiger Siechau zeigt sich nun enttäuscht.

    "Von diesen Formulierungen im Urteil kann ich im Gesetzentwurf wenig wiederfinden. Insbesondere nichts, was das öffentliche Interesse angeht. Auch relativ wenig zu Zuordnung der Überlassungspflicht an die Kommunen. Insofern hatte ich mir gewünscht, dass der Gesetzgeber doch einiges dieser Formulierungen übernehmen wird. Leider hat er das nicht getan."

    Als Fazit lässt sich zusammenfassen, dass gerade bei der Abstimmung der Zuständigkeiten noch erheblicher Nachholbedarf beim Gesetzentwurf bestehe.