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Weniger Wälder und sinkende Artenvielfalt

In fünf Wochen treffen sich die Vereinten Nationen zur Rio+20-Konferenz, um über nachhaltige Entwicklung zu reden. Anlass für den World Wide Fund For Nature (WWF) zu bilanzieren, wie sich Fauna und Flora seit dem Weltumweltgipfel vor 20 Jahren entwickelt haben.

Von Verena Kemna | 15.05.2012
    Wie verändert sich die Artenvielfalt und wie sehr beansprucht der Mensch die empfindlichen Ökosysteme weltweit? Solchen Fragen geht die Studie des WWF am Beispiel von 9000 Populationen und beinahe 3000 Säugetieren, Vögeln, Reptilien, Amphibien und Fischen weltweit auf den Grund. Wenn die Menschheit weitermacht wie bisher, dann würden wir bis zum Jahr 2030 zwei Planeten brauchen, um den weltweiten Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken, erklärt Eberhard Brandes vom Vorstand des WWF Deutschland.

    "Zum einen ist die zentrale Botschaft, dass wir bereits heute über unsere Verhältnisse leben. Wir brauchen heute bereits eineinhalb Erden, um unsere Ansprüche zu befriedigen, und dieser Trend wird weiter negativ. Die zweite Beobachtung ist, dass die Verteilung extrem ungerecht ist. Die reichen Länder verbrauchen viel viel mehr, als die ärmeren und schränken gleichzeitig die natürlichen Ressourcen vor Ort damit ein, aufgrund unserer Nachfrage."

    Laut Studie gehen weltweit jede Minute Wälder in der Größe von 35 Fußballfeldern verloren, in den europäischen Meeren gelten drei von vier Fischbeständen als überfischt. In den vergangenen vierzig Jahren ist die Artenvielfalt um fast 30 Prozent zurückgegangen, in tropischen Regionen sogar um 60 Prozent. So sind allein in Deutschland fast zwei Drittel der einheimischen Lebensraumtypen gefährdet, ebenso wie jede zweite einheimische Vogelart.

    Laut WWF ergeben sich allein aus dem Verlust an Artenvielfalt drängende Forderungen. Mindestens 20 Prozent von Land-Süßwasser und Meeresgebieten müssten unter Schutz gestellt, die Vernichtung der Wälder bis 2020 gestoppt, zerstörte Ökosysteme wieder hergestellt werden. Eberhard Brandes appelliert an das Bewusstsein der Verbraucher in Deutschland. Jeder Einzelne könne einen Beitrag leisten, auch das sei eine Botschaft der Studie.

    "Eigentlich sollte jeder Verbraucher beim Kauf fragen, ist dieses Fleisch so produziert, dass kein Soja verwendet wurde, weil für den Sojaanbau tropische Regenwälder am Amazonas vernichtet werden, das kann nicht richtig sein. Das zweite gute Beispiel ist FSC, das ist ein Logo für nachhaltige Waldwirtschaft und dass ich, sobald ich Holz- oder Papierprodukte kaufe, darauf achte, dass ein FSC Logo da dran ist".

    Doch nur wenige Wochen vor der UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung in Rio kommen von der weltpolitischen Bühne dort denkbar negative Signale. So soll ein neues Gesetz in Brasilien die Abholzung der Tropenwälder im Amazonas nicht etwa stoppen.

    "Es geht darum, dass in Brasilien gerade ein neues Forstgesetz verabschiedet wird, das katastrophale Auswirkungen hat auf den Zustand des Amazonas, weil riesige Flächen der Vernichtung preisgegeben werden und gigantische Mengen an CO 2 ausgestoßen werden. Bisher ist das Gesetz noch nicht gestoppt worden, da hoffen wir jetzt sehr auf die brasilianische Präsidentin, dass sie ihr Veto einlegt, und das ist natürlich nicht ganz einfach unter diesen vorgegebenen Bedingungen einen positiven Gipfel abzuhalten."

    Weltweit gilt der so genannte ökologische Fußabdruck als Indikator für die Beanspruchung der Ökosystemen, eine statistische Größe, um den Verbrauch von Ressourcen zu berechnen. Laut WWF liegt der Wert global gesehen derzeit bei 2,7 Hektar pro Person. Dabei beträgt die Kapazität des Planeten gerade einmal 1,8 Hektar pro Person. Um den Trend zu stoppen, müssten unter anderem die CO 2 Emissionen weltweit bis 2050 um mindestens 80 Prozent reduziert werden.

    "Ja, es gibt Dinge, die wir alle tun können, die Politiker, die Unternehmen und jeder einzelne Bürger und dann können wir uns auf dem richtigen Pfad bewegen, aber es geht darum, es jetzt und heute zu tun."